Recklinghausen/Menden. René Osterhages Pyrotechnik-Unternehmen hat dieses Jahr keinen Cent eingenommen. Er steht vor der Pleite. Verbot sorgt für neue Kosten.
Laufende Kosten aber keine Einnahmen: Die Pyrotechnik-Branche leidet unter der Corona-Pandemie. René Osterhage (48), Geschäftsführer vom Westfälischen Feuerwerk, richtet eigentlich jährlich das Feuerwerk auf der Mendener Kirmes aus und sorgt auch bei vielen anderen Veranstaltungen für ein buntes Spektakel. Doch diese Einnahmequelle blieb in diesem Jahr aus. Und zum Leid der Unternehmen wurde nun auch noch der Verkauf vom Feuerwerkskörpern untersagt.
Wie sah das Jahr 2020 für Sie und Ihr Unternehmen aus?
Wir haben eigentlich keinen einzigen Cent eingenommen, das ist finanziell ein echter Alptraum. Wir stehen gerade vor einem Abgrund. Das Verkaufsverbot der Silvesterknaller hat nun die letzten Hoffnungen gedämpft, wo wir dachten, dass wir wenigstens ein bisschen einnehmen können.
Das klingt wirklich hart. Gibt es sonst keine Einnahmequelle?
Unsere Haupteinnahmequelle sind Feuerwerke auf Veranstaltungen. Wie auf der Mendener Kirmes, bei Schützenfesten oder anderen Events. Das macht rund 80 Prozent des Umsatzes aus. Der Verkauf zu Silvester lediglich um die 20 Prozent. Aber, wenn beides wegfällt ist das natürlich eine Katastrophe.
Hatten Sie denn dieses Jahr überhaupt Aufträge?
Ja, zwei von sonst rund 150. Eigentlich beginnt die Kirmes-Saison ja im März, doch da kam der erste Lockdown. Alle Veranstaltungen wurden abgesagt, nun der zweite Lockdown und das Feuerwerks-Verbot. Das ist wirklich schlimm. In der Regel machen wir so 150 Feuerwerke bei Events. In diesem Jahr haben wir zwei kleine auf Hochzeiten gemacht und sonst nichts.
Und dadurch gab es keine Einnahmen?
Diese Hochzeiten machen wirklich nur einen winzigen Bruchteil aus. Das kann man mit großen Spektakeln auf Schützenfesten oder einer Kirmes nicht vergleichen. Die Privatleute müssen das Ganze ja auch bezahlen können - von daher ist es natürlich verständlich. So ein privates Feuerwerk bei einer Hochzeit liegt bei 800 bis 1000 Euro.
Wie stehen Sie denn zum dem Verkaufs-Verbot?
Ich kann den Sinn auf jeden Fall verstehen und auch den Grund nachvollziehen, dass man die Krankenhäuser aufgrund der Pandemie entlasten möchte. Aber es ärgert mich, weil wir bereits vor drei Wochen, bevor wir alles bestellt und organisiert hatten, die Diskussion um Silvester hatten. Da hieß es noch, dass wir verkaufen dürfen. Und eine Woche später dann doch nicht mehr. So haben wir nun natürlich ganz viele Kosten produziert, die wir hätten vermeiden können. Und vor allem bleiben wir wahrscheinlich auf dem Zeug sitzen.
Aber kann man die Knaller nicht zurückschicken?
Großhändler oder Supermärkte wie Aldi, Lidl und Co. können das machen. Aber Kleinhändler wie wir haben dieses Recht nicht. Natürlich sind wir gerade in Gesprächen mit den Lieferanten, aber der Hersteller hat natürlich auch wenig Interesse daran, das zurückzunehmen. Abgesehen davon hat er auch kaum noch Lagerplatz, weil natürlich alle ihre bestellte Ware wieder zurückschicken wollen. Also müssen wir das nun erst einmal hier lagern.
Könnte man das denn nächstes Jahr erneut verwenden?
Ja, auf jeden Fall. Raketen und Böller halten sich eigentlich ewig, solange sie nicht feucht werden und diese gut lagern.
Denken Sie, dass das Verkaufsverbot die Menschen vom Knallen abhalten wird?
Das ist schwierig zu sagen. Aber meiner Erfahrung nach werden nun mehr Böller illegal aus Nachbarländern geholt, die in Deutschland eigentlich verboten sind. Und ich habe gehört, dass Ärzte sagten, dass fünf Prozent der Patienten an Neujahr wegen einer Feuerwerks-Verletzung in Behandlung sind. Das ist ja vergleichsweise wenig. Allerdings hängen die schlimmen Verletzungen oft mit den ausländischen und in Deutschland illegalen Böllern zusammen. Diese können eine ganze Hand zerfetzen, daher sind sie hier auch verboten. Die deutschen Knaller können natürlich auch zu Verletzungen führen, aber das beschränkt sich meist auf Verbrennungen.
Also befürchten Sie schlimmere Verletzungen in diesem Jahr?
Nun, ich bin ja kein Experte und auch kein Arzt. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass deutlich mehr illegale Böller gezündet werden. Und auch dort, wo ein Zünden von Feuerwerken verboten ist, ist es ja unmöglich, zu jeder Zeit alles zu kontrollieren. Ich hoffe natürlich nicht, dass das passieren wird, aber es ist nicht unwahrscheinlich.
Wenn wir nochmal auf Ihr Unternehmen zu sprechen kommen - gibt es trotz der Krise einen Lichtblick?
Ganz ehrlich? Im Moment eher nicht. Wir wissen nicht, wie es weiterläuft, eigentlich sind wir schon pleite. Denn wir gehen davon aus, dass wir bis Sommer keine Einnahmen haben werden, weil wir eben auch weiterhin keine Veranstaltungen haben werden und eigentlich würde es ja wieder im März losgehen. Der Verband der pyrotechnischen Industrie versucht zwar gerade, etwas mit der Regierung auszuhandeln, aber das bleibt fraglich. Denn alle Anfragen blieben bislang unbeantwortet. Das Problem ist, dass die Pyrotechnik eine Nischenbranche ist. Also erst einmal gehen wir nicht von schneller Hilfe aus. Leider sieht es wirklich ganz düster für uns und für alle anderen Pyrotechnik-Unternehmen und -Hersteller aus.
>>>INFO: René Osterhage ist 48 Jahre alt und wohnt in Herten im Kreis Recklinghausen. Er hat das Pyrotechnik-Unternehmen vom Mendener Martin Hoppmann im Jahr 2013 übernommen. Seitdem richtet Osterhage auch das Feuerwerk auf der Mendener Kirmes sowie auf Schützenfesten und Veranstaltungen in den Nachbarstädten Iserlohn und Hemer aus. In Menden selbst war René Osterhage schon häufig. "Das hat immer sehr viel Spaß gemacht", sagt er im Gespräch mit der Westfalenpost. Vor allem die Zusammenarbeit mit dem Mendener Ordnungsamt lobt Osterhage.