Kreis Olpe. Elektrotechnikermeister Christian Hesse aus Oberhundem verrät, worauf im Umgang mit Elektrik geachtet werden sollte und entlarvt die größten Mythen.

Lampen aufhängen, eine Steckdose verlängern oder die Glühbirne wechseln – das haben die meisten schon mal in den eigenen vier Wänden gemacht. Aber worauf sollte geachtet werden, um risikofrei an der Elektrik zu arbeiten oder Strom im Haushalt zu sparen? Elektromeister Christian Hesse aus Oberhundem gibt die besten Tipps, verrät, worauf man achten sollte und was die größten Mythen sind.

Woran erkenne ich, dass meine Elektroinstallation veraltet ist?

Es ist meistens schwierig, es selbst zu erkennen. Aber als Hausbesitzer kann ich eventuell einen Blick in meine Hauptverteilung werfen. Es sollten immer mehrere und verschiedene Sicherungen vorhanden sein. Wichtig dabei, keinerlei Abdeckungen zu öffnen, getreu dem Motto ‚nur gucken, nicht anfassen‘. Wenn kein Fehlerstromschutzschalter eingebaut ist, dann sollte es ein Fachmann generell überprüfen. Ein weiteres Kriterium sind hohe Schalterhöhen, denn das ist meistens ein Indiz dafür, dass es ein altes Gebäude ist oder eine alte Elektroinstallation, denn die neuen Lichtschalter sitzen in einer Höhe von 1,10 Meter und nicht auf 1,50 Meter. Wenn die Möglichkeit besteht, über die Tapete zu fühlen und eine Dose über der Türzarge vorhanden ist, dann ist das ein weiteres Indiz für eine ältere Verteilung. Außerdem sollte nach den neuen Kriterien eine Vorsicherung vorhanden sein, darunter ein SLS-Schalter, Personenschutz und ein Blitzschutz. Jeder Raum sollte eine eigene Absicherung haben.

Was sollte jeder Laie wissen, bevor es selbst an der Elektrik arbeitet?

Ohne die richtigen Fachkenntnisse am besten erst gar nicht daran arbeiten. Das kann nur zum Chaos führen (lacht). Jeder Laie ist sicherlich in der Lage eine Lampe aufzuhängen oder eine Steckdose zu verlängern. Wichtig dabei ist es immer, den Strom abzustellen und sich zu vergewissern, dass keine Spannung mehr anliegt. 

Was sind die häufigsten Sicherheitsrisiken im Haushalt und wie können diese vermeiden werden?

Der Personenschutzschalter sorgt bei Nutzung defekter Geräte dafür, dass eben nichts passiert. Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass im Haushalt an Stromunfällen relativ wenig passiert. Natürlich sollten keine elektrischen Geräte mit in die Badewanne genommen werden, da sogar vermeintlich kleinere Spannungen von Netzteilen und Ladegeräten ins Wasser übertragen werden können. 

Welche Elektrogeräte verbrauchen im Haushalt am meisten Strom und wie kann ich Energie sparen?

Alte Elektrogeräte verbrauchen am meisten an Strom. Geräte, die regelmäßig und in Dauer laufen, verbrauchen viel Strom, wie zum Beispiel alte Kühlschränke, -truhen, Waschmaschinen oder Trockner. Am meisten wird gespart, wenn die Geräte, die nicht benutzt werden, ausgeschaltet werden oder das Licht in den Räumen, in denen sich keiner befindet, ausgemacht wird. Ein weiterer Tipp ist es, Räume zu dimmen. Im Haushalt kann man generell wenig sparen, weil die Geräte meistens nach Bedarf benutzt werden. Sparen ist individuell, jeder Kunde sollte sich beraten lassen, wie und wo er am besten sparen kann. Im Bereich Waschen sollte die Waschmaschine für das angegebene Gewicht befüllt werden. Die neuen Geräte passen die Wassermenge für die jeweilige Wäschemenge teilweise schon an, weshalb auch an Wasser gespart wird. Beispiel: Eine 20 Jahre alte Miele-Waschmaschine benötigt pro Waschgang noch etwa 100 Liter Wasser, wobei neuere Geräte mit 20 bis 30 Liter auskommen. Auch bei der Beleuchtung ist Einsparpotenzial vorhanden, sobald von Halogen auf LED umgestellt wird. Insgesamt macht es Sinn, die alten Geräte zu erneuern, wenn die Möglichkeit besteht.

Wie sinnvoll ist der Umstieg auf Smart-Home-Technologien in Bezug auf die Energieeffizienz?

Auch hier kommt es immer auf den Einzelfall an. Die Frage ist dabei, was möchte ich mit dem Smart Home erreichen? Möchte ich ein Smart-Home-System einsetzen, um die Energieeffizienz zu verbessern, oder möchte ich puren Komfort? Alles, was mit Komfort zu tun hat, hat mit Sparen meist wenig zu tun (man hat eine indirekte Beleuchtung, die ich vielleicht nicht brauche). Wenn ich ein Smart-Home-System installiere, das die Heizung in der Nacht herunterregelt oder die Beleuchtung ausstellt, wenn die Räume nicht genutzt werden, dann kann ich es energieeffizient nutzen.

Wie verändert die zunehmende Nutzung von E-Autos und Ladestationen die Anforderungen an Hausanschlüsse?

Diese Verbraucher belasten das Hausnetz schon. Es wird überprüft, ob der Hausanschluss so eine erhöhte Leistung im Bedarfsfall auch (aus-)halten kann. Je nach Ausstattung des Gebäudes (eine Wallbox oder mehrere; ist Photovoltaik vorhanden oder in Zukunft vorgesehen?) muss gegebenenfalls auch die Hauptverteilung angepasst werden. Des Weiteren erhöht sich permanent die Gesamtbelastung des öffentlichen Netzes. Hier liegt in den nächsten Jahren noch viel Arbeit für die Netzbetreiber an.

Gab es einen besonders herausfordernden Auftrag, den Sie nicht vergessen werden?

Da gab es einige. In den 80er-Jahren haben wir den ursprünglichen Panorama-Park betreut. Das war von der Art, dem Umfang und der Dauer schon etwas Besonderes, alleine von den Kabelquerschnitten her, die damals verlegt wurden. Da wir ein kleiner Handwerksbetrieb sind, ist es bereits herausfordernd, Projekte zu realisieren, bei denen die Leistung des Gebäudes nachträglich um ein Vielfaches erhöht werden muss. Dann müssen einige Absprachen und Planungen mit Netzbetreiber und Bauherr erfolgen.

Was sind der größten Fehler, die Heimwerker tun könnten?

Meistens ist der Fehler ein falsches Verständnis des eigenen Fachwissens. Viele überschätzen sich nämlich. Die meisten Fehler sind zum Beispiel, dass der Laie nicht weiß, woher die Leitung geht und einfach drauflos bohrt. Die Gefährlichkeit des Stroms wird weit unterschätzt. Viele Heimwerker kaufen sich ein Buch im Discounter und denken, sie hätten nun ein fundiertes Fachwissen, obwohl viel mehr dahintersteckt. Wichtig ist es immer, erst den Strom abzuschalten, um sicher zu sein, dass die Spannung auch wirklich weg ist. Bei der kleinsten Unsicherheit lieber die Finger davonlassen und den Elektriker anrufen. Ich wäre da auch vorsichtig bei den vielen Tipps, die bei YouTube oder TikTok zu finden sind.

Kann Künstliche Intelligenz (KI) Elektriker bald ersetzen?

Ich wüsste nicht, wie die KI eine Leitung verlegt. Künstliche Intelligenz wird sicherlich in der Planung unterstützen können, aber beim Kabelverlegen oder Steckdosen anschließen wird sie keinen Elektriker ersetzen. Auch sollte man sich nicht darauf verlassen, wenn mir die KI erklärt, wie ich mein Haus installieren soll. Mein Auto bringe ich auch in die Werkstatt, obwohl mir eine KI problemlos erzählt, wie ich meine Bremsen wechsle. Thema Haftung.

Welches sind die größten Mythen?

1. Es ist egal, welche und wie viele Geräte ich an eine Mehrfachsteckdose anschließe. Falsch: da das Kabel einer Mehrfachsteckdose meist wesentlich dünner ist als an meiner Steckdose an der Wand. So ist die gleichzeitige Nutzung von zum Beispiel Kaffeemaschine und Toaster bereits tabu. Die zulässige, anzuschließende Leistung ist häufig geringer als an der „normalen“ Steckdose.
2. Den Backofen sollte man vorheizen. Falsch: Wenn mein Backofen nicht gerade älter als 20 Jahre alt ist, kann ich mir diese Energie sparen. Neue Öfen sind in aller Regel bereits nach einer kurzen Aufheizphase auf Temperatur. (Tipp: Die Pizza darf ruhig vorher auftauen, dann ist sie schneller fertig.) Den Backofen vielleicht auch zwei bis drei Minuten eher ausschalten und bei ungeöffneter Tür die Restwärme ausnutzen.
3. Wenn ich mein Nudelwasser vorher im Wasserkocher erhitze, spare ich Energie. Leider auch falsch: Um einen Liter Wasser zum Kochen zu bringen, benötige ich immer die gleiche Menge an Energie. Egal, womit ich aufheize. Es geht nur schneller.
4. Bei Anschluss einer Steckdose ist es doch egal, wo der blaue und der braune Draht hinkommt. Sehr falsch: Im schlimmsten Fall umgehe ich die Schutzmaßnahme – Achtung Lebensgefahr!
5. Ein Prüfstift (Schraubendreher mit Leuchte) ist kein zuverlässiges Messgerät!
6. Wenn meine Sicherung immer/häufig ausfällt, kann ich sie einfach durch eine größere/stärkere ersetzen. Falsch: Erhöhe ich die Strombelastbarkeit eines Stromkreises über die maximal zulässige Stromstärke, können Schäden an Leitungen, Gebäude und Personen entstehen. Achtung: Erhöhte Brandgefahr! Keine weitere Sicherheitsmaßnahme löst dann mehr aus.
7. Ich brauche keine Rauchmelder, ich rieche und sehe das doch. Falsch: Eine Bitte vom Fachmann: Jeder sollte sich Rauchmelder anschaffen. Rauch und Qualm bemerken Sie beim Schlafen nicht.
Interessant zu wissen: Die häufigste Todesursache bei Unfällen mit Strom ist nicht der Stromschlag selbst, sondern der aus Schreck darauffolgende Sturz von der Leiter.

Was passiert, wenn ich das Ladekabel vom Handy dauerhaft in der Steckdose stecken lasse?

Das Netzteil zieht immer Strom. Also Netzteile, die ich nicht brauche, sollten immer raus. Gefährlich kann es werden, wenn die Netzteile gefälscht sind und in Deutschland weder geprüft noch zugelassen sind. Betreibe ich ein solches Netzteil und es passiert etwas, dann besteht kaum Haftung des Herstellers.

Nennen Sie sechs Dinge, die ein Elektroniker nicht tun würde:

Freiwillig an ein unter Spannung stehendes Kabel fassen. Eine Aluleiter im Wasser aufstellen, um elektrische Arbeit an der Decke auszuführen. Risikoreiche Arbeiten aus Leichtsinn ohne Absicherung ausführen (Dacharbeiten). Ich würde niemals sagen, ich habe die Arbeit mehrmals gemacht, die geht immer gut aus. Den Respekt vor Strom niemals verlieren. Finanzielle Kosten sparen auf Kosten der Sicherheit.

Steckbrief

Christian Hesse (47) ist verheiratet, hat einen Sohn (9) und wohnt mit seiner Familie in Oberhundem. Nach seiner Ausbildung zum Informationselektroniker absolvierte er im Jahr 2006 seinen Meister der Fachrichtung Elektrotechnik und ist bis heute, mit zwei Mitarbeitern, selbstständig. Seine Hobbys sind Tauchen, Jagen und Radfahren.

Kurz & knapp

LED oder Halogen? LED.
Hausinstallation oder Industrieanlagen? Hausinstallation.
Solarenergie oder Windenergie? Beides.
Lichtschalter oder Dimmer? Dimmer, wenn sinnvoll.