Olpe. Landrat Theo Melcher und Kreiskämmerer Klaus Müller fordern den Bund auf, mehr Mittel bereitzustellen: „Ein ,Weiter so‘ ist nicht mehr möglich“.

Es ist nicht das erste Mal, dass Landrat Theo Melcher darauf aufmerksam macht, warum die Kreisumlage seit Jahren nur einen Weg kennt: nach oben. Doch die Intensität seiner Mahnung und Warnung war noch nie so hoch wie jetzt. Der Chef der Olper Kreisverwaltung hatte für Dienstag zu einem Pressegespräch ins Olper Kreishaus geladen, um gemeinsam mit Kreiskämmerer Klaus Müller die Eckdaten des Haushaltsplanentwurfs vorzustellen, der vor knapp 14 Tagen den Bürgermeistern der sieben Städte und Gemeinden zur Kenntnisnahme zugeleitet worden ist. Nicht ohne Grund, schließlich sind sie es, die durch die Kreisumlage den Löwenanteil des Kreishaushalts zu stemmen haben: Der Kreis selbst verfügt über keine eigenen Steuermittel, um seine Ausgaben zu finanzieren.

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Und genau da sehen Müller wie Melcher auch eine Ursache eines großen Problems, das sich seit Jahren stetig verschärft. „Ich möchte auf eine besondere Lage hinweisen, die Lage ist ernst“, redet Melcher Klartext. Denn auf der einen Seite werden dem Kreis immer mehr und immer kostspieligere Aufgaben zugewiesen, auf der anderen Seite bleibt die dafür nötige Finanzierung aus. 343 Millionen Euro, so die Kalkulation Müllers, wird der Kreishaushalt 2025 an Aufwendungen aufweisen, und mehr als zwei Drittel davon fließen in soziale Leistungen, Kinder-, Jugend- und Familienhilfe.

Melcher: „Allein die Sozialleistungen haben sich seit 2005 verdoppelt. Der Deutsche Landkreistag weist nicht ohne Grund darauf hin, dass bereits 81,6 Prozent aller Kommunen Probleme mit ihrem Haushaltsausgleich haben.“ Melcher zitierte den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer mit dem Satz „Der Bund treibt die Städte in ein Desaster.“ Müller ergänzt: „Ursprünglich war die Kreisumlage eine Restfinanzierung. Inzwischen ist es die Hauptfinanzierungsgrundlage geworden.“ Der größte Ausgabenblock von 85 Millionen Euro wird im nächsten Jahr für 5600 Kindergartenplätze in 103 Tageseinrichtungen ausgegeben, und anhand von Vergleichen zum Jahr 2022 demonstriert der Landrat den immensen Anstieg: bei der Umlage für den Landschaftsverband von 41 auf 53 Millionen Euro oder bei der Hilfe zur Erziehung von 19 auf 29 Millionen Euro. „Es gibt immer mehr Hilfebedarf, und das hört einfach nicht auf“, konstatiert Kämmerer Müller.

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Um aus der Klemme herauszukommen, gibt es laut Melcher drei Wege: Entweder müsse der Bund die Einnahmen erhöhen, mit anderen Worten: Steuern anheben. „Das scheut der Bund aber gewaltig.“ Alternativ sei es nötig, den Aufwand der Leistungen drastisch zu reduzieren und Standards abzubauen, „das scheut der Gesetzgeber aber auch“. Die dritte Möglichkeit sei eine Kombination aus beidem mit ebenso geringen Aussichten auf Umsetzung. „Stattdessen wälzt man alles von oben nach unten ab und lässt am Ende die Kommunen im Regen stehen, die dann die Gewerbesteuern anheben müssen, und das in Zeiten, in denen die Wirtschaft durch die Transformation ohnehin gebeutelt ist“, so Melcher. „Ein ,Weiter so‘ ist nicht möglich, der Bund muss zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen.“ Ansonsten malt Melcher ein dunkles Szenarium an die Wand: „Wenn die Menschen das Vertrauen in die Politik verlieren, dann sägen wir an den Wurzeln unserer Demokratie. Es folgt eine völlige Infragestellung unserer gesamten Situation, dabei arbeiten wir mit den Mitteln von gestern an den Problemen von morgen.“

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Dabei habe der Kreis, auf halbem Weg zwischen Kommunen und Land, praktisch keine Handlungsmöglichkeiten. „98 Prozent unserer Aufwendungen gehen für Pflichtaufgaben drauf“, erklärt Melcher, da gebe es keinen Handlungsspielraum zum Sparen. Somit gebe es keine Alternative, als im Vergleich zum Vorjahr rund 6,6 Millionen Euro mehr von den Kommunen zu fordern, was eine Steigerung um etwas unter 4 Prozent bedeutet.

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Dass der Kreis selbst keine Möglichkeit für Einsparungen hat, betont Melcher: „Wir haben jede Menge Aufgaben, für die wir engagiertes Personal brauchen und die wir mit minimalstem Personaleinsatz bewältigen.“ Dies führe zum Teil zu langen Wartezeiten und auch Überlastungsanzeigen, sodass der Kreis hier oft genug an der Grenze dessen agiere, was den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugemutet werden könne. „Beispielsweise bei den Einbürgerungen vergeht inzwischen ein Jahr, und das liegt schlicht und einfach daran, dass wir nicht genug Personal haben.“ In diesem Zusammenhang macht Melcher auf einen Termin Mitte Februar aufmerksam: Da wird eine Untersuchung veröffentlicht, die die Organisationsstruktur des Kreisjugendamts zum Inhalt hat. Dies ist einer der Bereiche, in dem mehrere Überlastungsanzeigen vorliegen.