Rothemühle. Der Rothemühler Johannes Stahl zieht kurz nach dem Tod seiner Mutter ins Silicon Valley. 27 Jahre später hat er seine alte Heimat nicht vergessen.
Der gebürtige Rothemühler Johannes Stahl ließ sein altes Leben in Deutschland hinter sich und wanderte von heute auf morgen gemeinsam mit seiner Familie nach Kalifornien aus. Mitten im Silicon Valley hatte der heute 64-Jährige mit mehreren Schicksalsschlägen zu kämpfen – die Entscheidung nach Amerika zu gehen, würde er dennoch immer wieder genauso treffen. 27 Jahre nach seinem Umzug ins Ungewisse hat sich in seinem Leben einiges getan – seine alte Heimat hat er dabei nie vollständig aus den Augen verloren.
Neustart im Silicon Valley
Ohne vertrautes Umfeld, Freunde und große Vorerfahrungen mit dem Land fing der dreifache Familienvater mit 37 Jahren mitten im Silicon Valley (Cupertino) privat neu an – Freunde und Bekannte konnten den Entschluss kaum glauben: „Es war superschwer, den Freundeskreis aufzugeben. Alle haben gesagt, wir spinnen und kommen Wochen später wieder zurück“, erzählt Stahl. Nur vier Wochen vor der Abreise erlitt er einen schlimmen Schicksalsschlag. Seine Mutter starb an Krebs, doch für die Trauer blieb aufgrund der Reisevorbereitungen kaum Zeit. Nach einem halben Jahr in Kalifornien brach es aus dem Rothemühler verspätet heraus. „Als wir drüben waren, hat mich all das eingeholt. Es war die Verarbeitung von dem Tod und gleichzeitig auch die Umstellung an die amerikanische Arbeitswelt. Erst einmal hat es mich umgeworfen.“ Arbeitgeber und Familie halfen dem Auswanderer durch die schwere Zeit, sodass Stahl schnell wieder seiner Aufgaben beim Tech-Giganten „Synopsys“ nachgehen konnte. In der Vermarktung von sogenannten Supercomputern, bei denen die Funktionalität von Chips (fürs Smartphone und Laptops) simuliert wird, geht der Elektrotechniker bis heute auf.
Die 27 Jahre in Amerika waren von guten und schlechten Zeiten geprägt. 2005 verlor Stahl seinen ältesten Sohn bei einem tragischen Motorradunfall. In der Folge ging die Ehe mit seiner langjährigen Frau in die Brüche. „Wir haben all das getrennt verarbeitet“, erklärt der 64-Jährige. Einige Jahre nach der Trennung lernte Stahl dann ausgerechnet bei seinem großen Hobby, dem argentinischen Tangotanzen, seine Liebe kennen. Vor allem die große Lebensfreude und der Ideenreichtum im Silicon Valley bringen ihn ins Schwärmen. Inzwischen kann sich die Familie kaum ein schöneres Zuhause vorstellen. „Es ist die Weltoffenheit der Leute, mit denen wir täglich umgehen. Wir lernen hier ständig neue Leute kennen. In Aachen war es wunderschön, doch alles war absolut statisch. Hier ist immer eine Dynamik drin“, liebt Johannes Stahl das warme Lebensgefühl in Kalifornien.
Viele Leidenschaften
Eigentlich schien der Weg von Johannes Stahl früh vorgezeichnet. „Wir hatten einen Autobetrieb in Rothemühle, der 70 Jahre bestanden hat. Mein Vater meinte, es könnten auch drei Kinder im elterlichen Geschäft arbeiten“, erinnert sich der Auswanderer zurück. Stahl entschied sich jedoch früh für einen anderen Weg. Er träumte davon, an einer Uni studieren zu gehen, am liebsten etwas mit Musik oder Technik zu machen. Nach seinem Schulabschluss in Olpe fiel die Wahl auf die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule in Aachen. In der Elektrotechnik blühte der mehrfache Familienvater richtig auf. An der Hochschule befasste er sich bis zu seinem Doktortitel als einer der ersten mit dem Bereich der Mikroelektronik. „Wir haben geforscht, wie Dinge möglichst effizient gebaut werden können – vor allem bei Satelliten- und Mobiltechnik“, erklärt er. Nach seiner Promovierung standen ihm die Türen offen, die Entscheidung, wie es beruflich weitergehen sollte, fiel ihm dennoch zunächst schwer. Nach reiflicher Überlegung begann er schließlich seine berufliche Laufbahn bei einem kleinen Start-up in Aachen, das sich mit der Entwicklung von Mobilfunksystemen befasste. Das Start-up hatte Erfolg und wurde fünf Jahre später vom amerikanischen Technologie-Unternehmen „Synopsys“ aufgekauft. In der Folge arbeitete Stahl innerhalb Europas für den Tech-Giganten.
Neben seiner beruflichen Karriere tat sich auch im Privatleben einiges. Der Rothemühler gründete früh eine junge Familie und wurde mit 24 erstmals Familienvater. Über die Jahre ließ sich die Arbeit aber immer schwieriger mit der Familie verbinden. „Ich bin dann immer durch ganz Europa herumgereist. Irgendwann saß ich mit meiner Frau zusammen und wir sagten uns, dass wir vielleicht etwas ändern müssen. Es war uns wichtig, etwas für die Familie zu verändern und aus dem normalen Alltag auszusteigen“, sei die Idee Deutschland zu verlassen gemeinsam gewachsen.
Neuanfang in Kalifornien
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Auch nach 27 Jahren in Kalifornien habe Stahl seine Wurzeln im Kreis Olpe trotz der großen Distanz nicht vergessen. Der Kontakt zu alten Schulfreunden und seiner Nichte, die im letzten Jahr das Autohaus Stahl in Rothemühle nach rund 60 Jahren verkauft hatte, sei nie abgebrochen. So habe er immer einen Überblick, was es Neues aus dem Kreisgebiet gebe.