Kirchhundem. Heiko Grabolle aus Heinsberg begeistert Brasilien mit seiner deutschen Küche und ist inzwischen ein echter Star. Es gibt ihn sogar als Barbie-Puppe.

„Ich bin der deutscheste Koch in Brasilien“, sagt Heiko Grabolle und muss darüber am Telefon sogar selber lachen. Seit 20 Jahren lebt der 47-Jährige aus Kirchhundem-Heinsberg mittlerweile in dem Riesenland am Zuckerhut. Und wenn er weiterhin so aufs Gaspedal tritt wie in den letzten 12 Monaten, dann ist er bald auch der bekannteste deutsche Koch in Brasilien – wenn er es nicht schon ist. Wer in dem südbrasilianischem Bundesstaat Santa Carina unterwegs ist, den grinst Heiko Grabolle in seiner Kochmontur und mit einem „Original Eisbein-Teller“ in der Hand von riesigen Plakatwänden an. Es gibt ihn sogar mittlerweile als kleine Puppe im Barbie-Format.

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Dies alles gehört zum Marketing-Konzept des „Biergartens Pommerania“, für den der Heinsberger derzeit arbeitet und dessen Konzept er selbst entwickelt hat. Der Biergarten liegt in Pomerode, der deutschesten Stadt Brasiliens. Die 35.000-Einwohner-Stadt wurde um 1860 von pommerschen Siedlern gegründet. 90 Prozent der Stadtbevölkerung dort haben deutsche Vorfahren  - und lieben die deutsche Küche. Das hat Heiko Grabolle, der sich im internationalen Gastronomiegeschäft auskennt wie kaum ein anderer, schnell erkannt. Gerade hat er die Bilanz für den Monat Juli gezogen. „Unser Biergarten ist ein toller Erfolg, wir sind zum besten Restaurant der Stadt gekürt worden, ich habe im Juli 1500 Schnitzel und 1300, also eine Tonne Eisbein, verkauft, dazu 700 Apfelstrudel. Wir hatten über 10.000 Gäste“, erklärt er stolz.

Auf riesigen Plakatwänden wirbt Heiko Grabolle in Brasilien für seinen deutschen Biergarten. Spezialität: Eisbein und deutsche Küche. 
Auf riesigen Plakatwänden wirbt Heiko Grabolle in Brasilien für seinen deutschen Biergarten. Spezialität: Eisbein und deutsche Küche.  © privat | Privat

Konsequent hat er das Restaurant mit 200 Sitzplätzen auf deutsche bzw. bayrische Gastronomiekultur getrimmt. Jeden Tag gibt es hier Livemusik und Shows, die 20 Angestellten tragen Lederhosen und Dirndl und Grabolles Küche produziert original Flammkuchen, Schnitzel, Spätzle, Eisbein und so weiter. „Das ist so gut angekommen, es ist unglaublich, ich habe noch nie so viel Freude bei der Arbeit gehabt“, sagt er.  

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Was der 47-Jährige fern der Heimat anpackt, das scheint zu funktionieren. Nebenbei kümmert er sich auch noch um einen Kinder-Freizeitpark mit 6000 bis 7000 Besucher im Monat, für den er die gesamte Gastronomie organisiert. Und schon bald, vom 9. bis 24. Oktober, steht wieder das Oktoberfest in der 360.000-Einwohnerstadt Blumenau vor der Tür, „das zweitgrößte Oktoberfest der Welt“, sagt der Heinsberger. Natürlich hat er auch hier die Finger im Spiel, kümmert sich um Organisation und Logistik und ist mit einem Imbissstand seiner eigenen Marke „Pommitz“ vertreten. „Wir wollen dort acht Tonnen Pommes verkaufen“, hat er sich als Ziel gesetzt.

Mittlerweile steht der immer gutgelaunte Ex-Sauerländer, der schon in internationalen Sterne-Lokalen u.a. in der Schweiz und in England den Löffel schwang, nur noch selten selber hinter dem Herd. Gastronomieentwicklung, Küchen-Organisation und Logistik und das Aufspüren neuer Trends ist sein Steckenpferd.  Mittlerweile besitzt er zwei Wohnungen in Brasilien, in Florianópolis (500.000 Einwohner) an der brasilianischen Atlantikküste, wo er mit seiner brasilianischen Ehefrau Giselle und seiner Tochter wohnt, und eine zweite im 160 Kilometer entfernten Blumenau (360.000 Einwohner), ca. 30 Kilometer von Pomerode gelegen. Der gastronomische Vollunternehmer pendelt zwischen beiden Wohnungen, anders ist die Arbeit nicht zu stemmen. „Mein Bruder Nico wohnt noch in Heinsberg, der sagt, wenn du den Heiko anrufst, dann ist er immer nur am Arbeiten“, sagt Heiko Grabolle.

In Brasilien hat Heiko Grabolle die Imbiss-Marke „Pommitz“ entwickelt. In Kürze will er  die zweite Filiale eröffnen. 
In Brasilien hat Heiko Grabolle die Imbiss-Marke „Pommitz“ entwickelt. In Kürze will er die zweite Filiale eröffnen.  © privat | Privat

Auf ewig will sich der 47-Jährige diesen Stress aber nicht antun. Im Moment erlebe Brasilien einen Aufschwung, den man nutzen sollte, sagt er. Seine Jobs in der Großgastronomie sieht er als Intermezzo. Langfristig sieht er seine berufliche Perspektive in der Weiterentwicklung seiner eigenen Marke „Pommitz“. Vor acht Monaten eröffnete er am Strand von São José im Süden Brasiliens die erste, echte brasilianische Pommesbude – mit einem ausgeklügelten Konzept (wir berichteten). Frische, regionale Zutaten, knackiges Verkäuferprofil, Kommunikation, die die Kunden direkt anspricht, gute Qualität und faire Preise sind die Eckpfeiler. „Pommes frites gehören in Brasilien zu den häufigsten Beilagen in der täglichen Ernährung, aber es gibt halt keine Pommesbuden“, erklärt er. Seitdem rennen ihm die Brasilianer die Bude ein – im wahrsten Sinne des Wortes.

„Wir haben ein super Jahr hingelegt, ich verkaufe im Durchschnitt eine Tonne Pommes pro Monat, der Laden läuft sehr gut“, sagt der Chef. Bis zur Eröffnung einer zweiten „Pommitz”-Filiale werde es nicht mehr lange dauern. „Ich habe viele Angebote für ein zweites Lokal, aber wir haben uns noch nicht entschieden“, sagt er. Standort-Favoriten sind die Städte Florianópolis, Itapema und Blumenau. Sein Ziel sind vier oder fünf Filialen zu betreiben. „Ich möchte von Pommes leben“, sagt er. Spätestens dann wird er auch wieder mehr Zeit haben, die Sauerländer Heimat zu besuchen. In diesem Jahr hat er es noch nicht geschafft – zu viel zu tun.