Halberbracht. Transport der Giganten: Mittwochnacht werden Rotorblätter durch den Kreis Olpe transportiert. Das lockte zahlreiche Schaulustige an.

Schwertransport von Windradflügel

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    Nick Vente macht es sich mit seinen Freunden auf dem Parkplatz am Bamenohler Versorgungszentrum am späten Mittwochabend gemütlich. Bei Bier und Bratwurst vom mobilen Grill warten die Jugendlichen geduldig auf das große Spektakel, das sich in der Nacht vor ihren Augen abspielen sollte: Drei spezielle Schwertransporter bringen im Abstand von einer halben Stunde die ersten drei Rotorblätter für das große Windkraft-Repoweringprojekt der Stöppelwind GbR bei Halberbracht in Zielgebiet. „So etwas sollte man sich nicht entgehen lassen“, betonte der Ostentroper.

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    Es ist der erste von zwölf Rotorblatt-Transporten. Angeliefert werden zunächst die Blätter für das kleinste der insgesamt vier neuen Wind-Giganten. Ziel der Transporte ist die große Ab- und Umladestelle am Kreisverkehr in der Bermke am Abzweig von der B 55 auf die L 715 nach Halberbacht. Hier bleiben die großen Flügel ein paar Tage liegen, ehe sie mittels einer Selbstfahrmaschine hinauf nach Halberbracht und weiter in den Windpark transportiert werden.

    Etliche Schaulustige wollen sich den Transport der 57 Meter langen und bis zu vier Meter Durchmesser großen Rotorblätter nicht entgehen lassen. In fast jedem Ort stehen sie angesichts des warmen Sommerabends in kurzer Hose und Sandalen am Straßenrand. Über die A 45 kommend, führt der Transport von der Ausfahrt Meinerzhagen zunächst durch das Ihnetal. Gegen 22.45 Uhr passiert der erste Transporter Papiermühle. Hier stehen Jörg und Angela aus Petersburg. Sie kommen gerade vom Tauchen am Biggesee und wundern sich über die Menschen am Straßenrand. Da denkt sich Jörg: Das kann nur der Schwertransport für den Halberbrachter Windpark sein. „Das war schon richtig imposant, mit diesem unglaublich großen Flügel“, erzählt er.

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    Wenige Augenblicke später ist der Transporter schon wieder aus dem Blickfeld. Es geht weiter zur Kreuzung an der Ihnetalbrücke, von dort über die Südumgehung in Attendorn bis nach Heggen und Finnentrop. Für kleinere Probleme sorgt der Kreisverkehr oberhalb des Finnentroper Bahnhofes, wo die Landesstraße 539 auf die Bundesstraße 236 trifft. Der krachende und schleifende Bordsteinkontakt des Aufliegers hinter der Zugmaschine ist unüberhörbar. Die Transporter einer polnischen Spedition bleiben stehen und müssen hydraulisch angehoben werden, damit sie links ab Richtung in Lenhausen weiterfahren können. Das Spektakel schaut sich Hubert Kruse (70) aus Borghausen, früher selbst Lkw-Fahrer, gemeinsam mit Enkel Tilo (8) an: „Das ist schon ein Riesenaufwand. Da steckt viel Arbeit drin, um die ganze Strecke herzurichten.“ Auch Zuschauerin Carmen Rickert aus Finnentrop staunt: „Ich finde das total faszinierend, dass der Fahrer bei den vielen Zuschauern und der Enge die Nerven behält.“

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    Für das gesamte Transportteam ist der Schwertransport Routine. Die Männer sind eingespielt, jeder weiß, was er zu tun hat, die Abläufe bei jedem der drei Transporte an diesem Abend sind gleich. Plötzlich rauschen aus der Dunkelheit drei gelbe Transporter mit großen digitalen Anzeigetafeln und hellen Blinklichtern auf dem Dach an und blockieren an den Kreisverkehren die Ausfahrten, schaffen so freie Fahrt für den Schwertransport. Die Behörden haben sich dazu ermächtigt. Das Team für verkehrslenkende Maßnahmen hat zuvor die letzten im Weg stehenden Verkehrsschilder, zum Beispiel Vorfahrtsschilder, demontiert. Das sei erst eine halbe Stunde vor dem Passieren des Schwertransports möglich, weil die Schilder für den „normalen Verkehr“ unerlässlich seien, erklärt ein Mitglied der Crew. Am Mittwochmorgen um 5.30 Uhr war das Team bereits in Lennestadt, um die Route zu checken und für den Transport vorzubereiten. Alles passiert schnell, routiniert, aber ohne jegliche Hektik, die Verständigung läuft über Handfunkgeräte. Ein Sicherheitsrisiko ist nur der Faktor Mensch: Der ungeduldige Fahrer eines 30-Tonner-Lkw mit Auflieger nutzt in einem Moment die freie Einfahrt in den Finnentroper Kreisverkehr und rast mit einem solchen Tempo durch den Kreisverkehr, dass der Auflieger umzukippen droht. Die Zuschauer halten den Atem an und sind froh, dass er die Ausfahrt Richtung Ortsmitte erwischt.

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    Gegen Mitternacht erreicht der erste Transport Lenhausen. Hier ist Millimeterarbeit angesagt. Auf einer mit Metallplatten ausgelegten Wiese wendet der Schwertransporter. Auch hier, unterhalb des Lenhauser Schlosses, haben sich etliche Zuschauer eingefunden. Von hier geht es über die B 236 wieder zurück nach Finnentrop. Als der erste Transporter nach seinem Wendemanöver wieder am Kreisverkehr in Finnentrop ankommt, warten bereits die beiden nächsten. Sie werden, genauso wie der erste Transporter, etwas hochgebockt, damit sie den Kreisverkehr überqueren können. Transporter Nummer zwei und drei fahren direkt hintereinander nach Lenhausen. Gänzlich konfliktfrei läuft es aber wieder nicht ab. Ein Spediteur aus Sundern, der dieselbe Strecke fahren will, will offenbar nicht länger warten und wird dann mitten im Kreisel angehalten. Erst nach einer kurzen Diskussion darf er weiterfahren – ins Industriegebiet Frielentrop. Dort muss er warten, bis die beiden Schwertransporter auf ihrem Rückweg von Lenhausen durch sind.

    Auf dem Weg von Finnentrop ins Elspetal müssen die Schwertransporte nur noch zwei heikle Momente überstehen, am Kreisel Neukamp und am Bermker Kreisel kurz vor dem Ziel. Auch hier gibt es Bodenkontakt. Aber dann ist der Weg frei. Und wie: Mit mehr als 50 km/h rauscht der erste Transport von Trockenbrück bis nach Elspe. Am Straßenrand stehen nur noch wenige, es ist mittlerweile 1 Uhr in der Nacht. Das Ende des Transports ist unspektakulär. Der Schwertransport fährt an der Umladestelle auf die mit Platten ausgelegte Wiese, bleibt stehen und der Fahrer stellt den Motor ab. Feierabend. Ein Mitarbeiter des Verkehrsleitung-Teams zieht im knappen Norddeutsch Bilanz: „War alles gut bis jetzt.“

    Um 2.30 Uhr stehen alle drei Transporter mit ihren Rotorblättern aufgereiht nebeneinander. Das Abladen der wertvollen Fracht mit zwei Schwerlastkränen ist erst für den folgenden Tag geplant. Laut Andreas Düser vom Planungsbüro werden in den nächsten Tagen drei weitere Rotorblätter zu diesem Umschlagplatz gebracht, bis alle sechs Blätter dann mit der Selbstfahrermaschine weitertransportiert werden. Mitte August werden dann die nächsten der insgesamt 12 Rotorblätter erwartet. Diese werden noch 20 Meter länger sein.