Kreis Olpe. Mit viel Geld werden Schützen- und Dorfgemeinschaftshallen im Kreis Olpe zum geselligen „Dorftreff“ umgebaut – als Reaktion auf das Kneipensterben.
Was früher wie selbstverständlich zu fast jedem Dorf gehörte, ist heute zur Ausnahme geworden: Die altehrwürdige Dorkneipe hat ausgedient. Den Trend des Kneipensterbens haben viele Schützenvereine im Kreis längst erkannt. Mehr noch: Sie steuern aktiv dagegen. So werden immer mehr Schützenhallen um- oder angebaut mit dem Ziel, einen zusätzlichen Raum für die Dorfgemeinschaft zu schaffen. Als Ersatz für die alte Kneipe.
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In der Lenhauser Schützenhalle entstand so die „Anna-Bar“, die im Frühjahr vergangenen Jahres eröffnet wurde. Das kleine Örtchen Lenhausen im Lennetal ist ein Paradebeispiel für den Wegfall der Gastronomie. Von den einst fünf Gaststätten im Ort ist keine mehr da, zuletzt machten der Auwermann und Gasthof Bischoff zu. In ihrer rund 170 Quadratmeter großen „Anna-Bar“ lädt die St.-Anna-Schützenbruderschaft einmal pro Monat zum Kneipenabend ein. „Der wird richtig gut besucht, auch von Gästen außerhalb Lenhausens“, freut sich der 1. Vorsitzende André Zepke. Zudem bekommt jeder örtliche Verein die Chance, den Dorfraum einmal im Jahr mietfrei für seine Zwecke zu nutzen. Zuletzt fand in der „Anna-Bar“ auf Initiative der Funkengarde ein Public Viewing zur Eröffnung der Fußball-Europameisterschaft statt. Zudem kann der Dorfraum für Veranstaltungen wie Geburtstage oder Trauercafés angemietet werden. „Durch solche Events bekommen wir Leben in die Bude“, ist Zepke froh.
Noch nicht so weit wie die Lenhauser Schützen sind die „Kollegen“ aus Lichtringhausen. Die Schützen aus dem kleinen Attendorner Dorf an der Stadtgrenze zu Plettenberg planen Ähnliches, sie wollen ihre Schützenhalle ebenso zwecks Schaffung eines Dorfgemeinschaftsraums umbauen. Dafür gibt‘s eine satte Landesförderung in Höhe von 124.000 Euro (Gesamtkosten rund 200.000 Euro). Die Situation ist ähnlich wie in Lenhausen, auch in Lichtringhausen gibt es keine Gastronomie mehr. Im ehemaligen Gasthof Kramer war zuletzt noch der „Cattlemen‘s“ untergebracht, nach gut drei Jahren verabschiedete sich das Burger- und Steakhaus nach amerikanischem Vorbild wieder aus Lichtringhausen. Nun wird in der Schützenhalle der alte Speiseraum modernisiert, er bekommt eine neue Theke und die Küche wird entkernt. Ein Teil der alten Küchenanlage wird verbleiben, der Treppenaufgang zur Bühne wird verlegt und ein Stuhl- und Tischlager geschaffen. Darüber hinaus wird die Kühlanlage aus dem Keller herausgeholt und ebenerdig gemacht. Der neue Dorfraum wird über eine eigene Heizungs- und Lüftungsanlage verfügen, sodass er autark in der Schützenhalle genutzt werden kann. Der Umbau soll laut Friedhelm Arens, 1. Vorsitzender, im Herbst beginnen und dann in Etappen vonstatten gehen, sodass der neue Raum zum Schützenfest 2026 fertig ist.
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Die Einwohner von Ostentrop und Schönholthausen haben mehr Glück in Sachen Gastronomie, mit dem Gasthof Steinhoff in Schönholthausen und dem Dorfkrug in Ostentrop existieren noch zwei Gaststätten. Dennoch wird die örtliche St.-Sebastianus Schützenbruderschaft ihre Halle für rund 200.000 Euro umbauen und aus dem alten Jugendheim, das sich im hinteren Bereich der Halle befindet, einen neuen Treffpunkt machen. Genauso wie die Lichtringhauser erhält die St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft eine Landesförderung in vergleichbarer Höhe (127.000 Euro). „Wir wollen einen Raum für die Dorfgemeinschaft schaffen, eine gute Stube, die von den Messdienern genauso genutzt werden kann wie von uns selbst oder von den Kindern des Ferienlagers“, skizziert 1. Brudermeister Dirk Tenhaken die Pläne, die noch nicht ausgereift seien. Der Umbau indes soll im September starten.
Viel Geld, insgesamt 470.000 Euro hat auch der Schützenverein „St. Jakobus“ Elspe in die Hand genommen, um nach dem großen Umbau von 2018 wieder in seine Festhalle zu investieren. Mit der Investition – 250.000 Euro davon stammen vom Förderkonto des Landes NRW – wird der Speisesaal derzeit zu einem multifunktionalen Raum für dörfliche Belange umgebaut, der künftig für Dorfverversammlungen, Seniorentreffen, als Trauercafé nach Beerdigungen, für Firmenveranstaltungen etc. oder eben auch als „Dorfkneipe“ genutzt werden kann. Einen Namen gibt es bereits: „Schützenstübchen“. Es gibt zwar noch eine Gaststätte im Ort, aber der Verein plane für die Zukunft, so Vorsitzender Maximilian Ellinger. Eigentlich sollte der Raum bis zum Schützenfest am ersten August-Wochenende fertig sein, „aber dieses Ziel werden wir nicht erreichen können“, so der Schützen-Chef. Der Verein wird das „Schützenstübchen“ nicht selber betreiben, sondern an einen externen Pächter vermieten, der bereits gefunden werden konnte. Nach dem Schützenfest will der Verein den Pächter, das neue Logo und das Konzept mit den geplanten Öffnungszeiten offiziell vorstellen.
Auch die St. Hubertus-Schützenbruderschaft in Ottfingen will den Bürger und Bürgerinnen etwas zurückgeben. Jeden Freitagabend öffnet die „Schützenjause“ im Schützenhaus Ottfingen seine Pforten. Neben Kaltgetränken kann zwischen 18 und 24 Uhr auch eine wöchentlich wechselnde Hauptspeise erworben werden. „Wir wollen unserer Verantwortung als Schützenverein nachkommen und für unsere Bürger und Bürgerinnen da sein“, betont Peter Solbach, der zweite Vorsitzende der St. Hubertus Schützenbrüderschaft. Nach dem Kneipensterben in der Gemeinde Wenden soll die „Schützenjause“, für die Anwohner eine Möglichkeit der Zusammenkunft sein. „Wir können das in diesen Rahmen händeln“, fasst Solbach zusammen. Eine „Alternative zur Gastronomie“ sei dies jedoch nicht. Die „Schützenjause“ sei eigentlich nur als eine Art „Notlösung“ gedacht, um die aktuelle Situation abzufedern.
Dies sind nur vier von vielen Beispielen im Kreis Olpe, auch in anderen Orten wie zum Beispiel in Albaum gibt es ähnliche Initiativen und Projekte, die vom Land NRW finanziell gefördert werden, zur Stärkung und Unterstützung des sozialen Dorflebens.