Attendorn. Die Atta-Höhle gilt als eine der schönsten Höhlen Deutschlands und birgt viele Geheimnisse. Harald Konze verrät ihre Besonderheiten.

Eine unterirdische Höhle, die wundersame Stalagmiten und Stalaktiten im Alter von teils mehreren Millionenjahren beherbergt: Die Atta-Höhle hat als eine der schönsten Tropfsteinhöhlen Deutschlands bereits über 40 Millionen Besucherinnen und Besucher nach Attendorn gelockt. Gut anderthalb Kilometer der Höhle sind begehbar. Harald Konze bietet seit 2018 Führungen durch die unterirdische Wunderwelt. Im Interview erzählt er von ihren Geheimnissen und warum ihn seine Arbeit erfüllt.

Wie wurde die Atta-Höhle damals in Attendorn entdeckt und wie kam es dazu, dass wir sie besuchen können?

Von 1900 bis 1907 wurde hier am Berg Kalkstein für die deutsche Schwerindustrie abgebaut. Eines Tages im Jahr 1907 wurde eine Sprengung an einer Felsnische angesetzt und die Arbeiter sind in den entstandenen Hohlraum gekrochen. So wurde die Wunderwelt rein zufällig entdeckt, keiner hatte damit gerechnet. Sie stoppten mit der Arbeit und meldeten ihre Entdeckung ihren Chefs. Es wurde entschieden, diese Wunderwelt der Steine begehbar zu machen, was insgesamt 18 Jahre gedauert hat. Seit 1925 werden Begehungen durchgeführt.

Als Höhlenführer kennt Harald Konze die Geheimnisse der Atta-Höhle.
Als Höhlenführer kennt Harald Konze die Geheimnisse der Atta-Höhle. © WP | Sarah Breunig

Können Sie uns erklären, wann und wie diese Wunderwelt einer Tropfsteinhöhle entstanden ist?

Die Zeit vor 400 Millionen Jahren heißt Devonzeit. Ich erkläre es den Kindern immer so: Vor 200 Millionen Jahren lebten die Dinosaurier, dann haben die ein kleines Verständnis für die Zeit. Man kann sagen, der Ursprung der Atta-Höhle aus der Devonzeit ist ungefähr doppelt so alt wie das Leben der Dinosaurier. Ganz, ganz früher war das hier eine Meeresebene. Der Berg ist heute an der höchsten Stelle ungefähr 300 Meter hoch, der tiefste Punkt der begehbaren Höhle liegt circa 240 Meter über dem Meeresspiegel. Durch Erdbewegungen, früher waren es auch Erdbeben, kommen Tausende von Rissen in den Berg. Und durch diese Risse tropft das Regenwasser, das aus der Luft und dem Boden Kohlendioxyd (CO2) aufgenommen hat. Das Kalkgestein wird wie durch eine Säure ausgehöhlt, daraus entsteht die Tropfsteinhöhle.

Kurz und knapp

Kaffe oder Tee? Kaffee

Abenteuer- oder Entspannungsurlaub? Ich mag beides, Hauptsache weit weg in Südostasien.

Lieblingssport? Fußball

Sonne oder Dunkelheit? Ich liebe die Sonne, auch wenn ich viel unter der Erde bin.

Was erwartet einen beim Besuch der Atta-Höhle?

Das Schönste ist eigentlich die permanente Kühle, es herrscht eine konstante Temperatur von 9 Grad Celsius das ganze Jahr über. Und ich genieße die Ruhe, insbesondere, wenn ich ganz alleine hineingehe. Dann höre ich die Tropfen und man meint wirklich, man wäre in einer anderen Welt. Ich werde angesichts der uralten Gesteine ganz demütig, weil ich mir bewusst werde, wie klein ich als Mensch bin. Die Führung beginnt in der sogenannten Alhambra-Grotte, dort ragen wunderschön geformte Gesteinssäulen, die stehenden Stalagmiten und die von der Decke hängende Stalaktiten, empor. Wenn man genauer hinschaut, ist zum Beispiel unter einem großen Sockel so etwas wie ein Osterhase, der aus Tropfen entstanden ist, zu erkennen. Hunderttausend Menschen kommen im Sommer hier durch und alle erkennen den Osterhasen aus dem Tropfsteingebilde. Es kommt mir vor, als würde der Osterhase hier unten leben.

Was sind weitere Highlights und Geheimnisse der Atta-Höhle?

Auf dem Weg weiter in die Zentralhalle sehen die Besucherinnen und Besucher eine Art 16-faltige Gardine. Das ist eine Sinterfahne, eine besondere Gesteinsbildung. Im ersten Moment sieht das aus wie Schnee. Ich habe schon von vielen Gästen gehört, die sagen, man kommt in eine Schneewelt rein. Die ist sicher ein Highlight, weil sie mit über 2,5 Millionen Jahren das älteste Gebilde der Atta-Höhle ist. In 100 Jahren wächst ein Gebilde nur um einen Zentimeter, bei den schrägen Sinterfahnen sind es bis zu 250 Jahre. Ich würde mir wünschen, dass manche allzu wichtigen Politiker mal so eine Höhle besuchen, um dem Leben gegenüber ein bisschen demütiger zu werden. Und um sich die Wunderwelt der Natur im Herzen einzubalsamieren, irgendwo ganz tief im Inneren.

Der sogenannte Eisbär in der Atta-Höhle ist über 1,5 Millionen Jahre alt.
Der sogenannte Eisbär in der Atta-Höhle ist über 1,5 Millionen Jahre alt. © privat | Privat

Gibt es weitere besondere Gesteinsformationen? Und wie kamen Sie zu den Namen?

Das älteste Tier in der Atta-Höhle ist der über 1,5 Millionen Jahre alte Eisbär. Dann gibt es zum Beispiel noch den kleinen Specht, der ist ungefähr sieben Zentimeter groß und mit seinen 700 Jahren das jüngste Tier. Ich habe 2018 mit den Führungen angefangen, zu Beginn begleitet man andere Führungen. Jeder Höhlenführer findet für die Führung seine eigenen Worte. Ich habe mich auch immer wieder von den Gästen inspirieren lassen, denn gerade die Kinder sehen viel in den Gebilden. Daraus habe ich sozusagen mein eigenes Paket für die Führungen entwickelt.

Dieses Tropfsteingebilde, das an einen kleinen Specht erinnert, ist über 700 Jahre alt.
Dieses Tropfsteingebilde, das an einen kleinen Specht erinnert, ist über 700 Jahre alt. © privat | Privat

Sie geben am Tag vier bis sechs Führungen und laufen die gleiche Runde an fünf Tagen die Woche. Hatten Sie schon mal das Gefühl, dass es langweilig wird?

Der Job macht mir Spaß, weil ich immer wieder neue Leute kennenlerne. Ich habe gerne mit Menschen zu tun und es kommen immer andere Fragen. Und die Arbeit hält mich fit: Nach sechs Runden bin ich ungefähr neun Kilometer gelaufen. Da kommt schon was zusammen.

Steckbrief Harald Konze

Harald Konze ist in Finnentrop aufgewachsen und lebt heute in Attendorn. Der 66-Jährige gibt seit 2018 Führungen durch die Atta-Höhle. Zuvor war er in verschiedenen Bereichen tätig: Er lernte Industriekaufmann, arbeitete als Polizeibeamter beim Bundesgrenzschutz und auch schon als Fußballtrainer in Thailand. In den Wintermonaten verreist er gerne nach Südostasien oder in die Türkei.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie in dem Job?

Ich muss immer wieder anders auf die Gruppen einstellen. Die Höhle steht unter Naturschutz, Anfassen ist streng verboten. Denn der Kalktropfen kann nicht haften bleiben, wenn er von menschlicher Haut berührt wird. Es findet eine chemische Reaktion mit den Salzen und Fetten unserer Handflächen statt. Wenn ich sage, was sie nicht dürfen, dann sage ich „wir“ und versuche so die Leute mitzunehmen.

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Welche besonderen Besucher hatten Sie schon in der Atta-Höhle?

Wir hatten schon mongoloide Kinder, das Finanzamt, bekannte Fußballspieler, einen Mönch aus Thailand oder letztens sogar Michael Patrick Kelly zu Gast. Am Ende der Führung habe ich mir angeeignet, mich mehrsprachig von den Besucherinnen und Besuchern zu bedanken und zu verabschieden. Auch Michael Patrick Kelly sang uns in der Gigantenhalle ein Dankeslied, da gingen mir die Haare hoch. Er war so warmherzig und freundlich. Er sagte, es hätte ihm so gut gefallen, dass er nochmal in die Atta-Höhle wiederkommen wolle.

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