Finnentrop/Siegen. Ein 18-jähriger Mann aus der Gemeinde Wenden tötete Anfang Januar einen Senior aus Finnentrop. Nun muss er für neun Jahre hinter Gittern.

Der 18-Jährige aus der Gemeinde Wenden, der am 3. Januar dieses Jahres einen 72-jährigen Rentner in Finnentrop erstochen hat, muss wegen Mordes neun Jahre ins Gefängnis. Die Jugendkammer des Landgerichts Siegen unter Vorsitz von Richterin Sabine Metz-Horst blieb mit ihrem Urteil allerdings deutlich hinter der Forderung von Staatsanwalt Rainer Hoppmann zurück, der für eine 13-jährige Jugendstrafe plädiert hatte. Aufgrund erheblicher Reifeverzögerungen, die insbesondere der Vertreter der Jugendgerichtshilfe festgestellt hatte, wurde der junge Mann, der zur Tatzeit erst wenige Wochen 18 Jahre alt war, nach Jugendstrafrecht verurteilt. Von einer „Störung des Sozialverhaltens“ sprach zudem der psychiatrische Gutachter.

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Die Bluttat hatte Anfang des Jahres für großes Entsetzen und Bestürzung gesorgt. Der Wendener war am helllichten Tage auf den Senioren aus Finnentrop, den er vorher nach Überzeugung des Gerichts nicht kannte, mit einem Messer losgegangen – angeblich, weil er von dem 72-Jährigen beleidigt worden war. Fakt ist, dass der Verurteilte 14-mal mit einem Messer auf sein Opfer einstach und ihn so schwer verletzte, dass der Mann, der mit seinem Hund im Lennepark unterwegs war und sich bereits auf dem Heimweg befand, wenige Meter von seinem Wohnhaus in der Kirchstraße entfernt, zusammenbrach und noch vor Ort verstarb.

Sabine Metz-Horst skizzierte in ihrer Urteilsbegründung das „Bild eines gestörten jungen Mannes“, der während der Verhandlung nicht fähig gewesen sei, auf die Schwere der Vorwürfe angemessen zu reagieren. Sie spielte vor allem auf die offensichtliche Gleichgültigkeit des Verurteilten an, der nicht selten gähnte oder gar lachte. Die Richterin ging noch einmal auf den Werdegang des Täters ein, sie nannte seine schwierige Schulzeit, ein kaum vorhandenes Familienleben, den Drogenkonsum und eine enorme Gewaltbereitschaft. Der 18-Jährige habe bislang zwar noch nie vor einem Richter gestanden, dennoch liefen in der Vergangenheit bereits sage und schreibe 45 polizeiliche Ermittlungsverfahren gegen ihn. Unter anderem prügelte er auf einen älteren Radfahrer ein, nachdem er mit diesem frontal in Wenden zusammengestoßen war und den älteren Herrn für den Crash verantwortlich gemacht hatte. Sogar den eigenen Bruder griff er an; und von der Mutter erhielt er Hausverbot.

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Der Vertreter der Nebenklage, Dominik Petereit aus Lüdenscheid, der die Kinder des Opfers vertrat, hätte sich gewünscht, dass das Gericht zumindest eine Strafe jenseits von zehn Jahren verhängt hätte. Er prüft, ob er Revision einlegen wird – und zwar, jetzt wird es juristisch komplex, weil das Gericht das Mordmerkmal der „niedrigen Beweggründe“ nicht geteilt habe. Dagegen spreche vor allem die vom psychiatrischen Gutachter diagnostizierte Störung des Sozialverhaltens.

„Wir sind überzeugt, dass das Opfer den Angriff nicht erwartet hat und der Angeklagte den Tod billigend in Kauf nahm.“

Richterin Sabine Metz-Horst

Grob gesprochen habe der Wendener in seinem Wertesystem logisch gehandelt und den Rentner für dessen angebliche verbale Entgleisung bestraft. Hingegen sah die Jugendkammer das Mordmerkmal der Heimtücke als erwiesen an, denn: „Wir sind überzeugt, dass das Opfer den Angriff nicht erwartet hat und der Angeklagte den Tod billigend in Kauf nahm“, erklärte Metz-Horst. Was am Ende tatsächlich der Auslöser für diese Gewalt-Eskalation in unmittelbarer Nähe zum Finnentroper Bahnhofes war, „das wissen wir nicht“, betonte die Richterin. Dass eine verbale Entgleisung des Rentners Ursache gewesen sei, dieser Geschichte schenkten weder der Staatsanwalt noch das Gericht Glauben.

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Staatsanwalt Rainer Hoppmann will nun ebenso eine Revision prüfen, eine klare Tendenz zeichnet sich bereits ab. Denn er hält den Schritt, das Urteil vom zuständigen nächsthöheren Gericht überprüfen zu lassen, für „sehr wahrscheinlich“. Anders als die Jugendkammer sieht Hoppmann eine besondere Schwere der Schuld, für die das Jugendstrafrecht durch eine besondere Regelung die Höchststrafe von 15 Jahren vorsieht. Normalerweise liegt das Höchststrafmaß bei zehn Jahren.

Verteidiger Thomas Trapp wird definitiv binnen einer Woche Revision beantragen: Er sei von seinem Mandanten dazu beauftragt worden, teilte er auf Nachfrage dieser Redaktion mit. Trapp hatte auf Totschlag (statt Mord) plädiert und eine achtjährige Haftstrafe beantragt.