Olpe. Nach rund 40 Jahren an der Spitze von Kempers Korn hat sich Albert Arens nun aus dem Betrieb zurückgezogen. Im Interview blick er zurück.

Es ist ein Generationenwechsel an der Spitze der Kornbrennerei Kemper in Olpe: Nach rund 40 Jahren hat sich Albert Arens von seinem Posten als Geschäftsführer verabschiedet. Seit dem 1. Januar hat Dirk Rademacher aus Wenden den Betrieb übernommen. Im Interview blickt Albert Arens nochmal auf die Zeit zurück. 

Erzählen Sie mir ein bisschen von Ihren Anfängen, Herr Arens. Sie haben schon als Jugendlicher im elterlichen Unternehmen geholfen. Woran erinnern Sie sich?

Albert Arens: Es war einfach so üblich, dass man als Kind den Eltern im Unternehmen hilft. Ich habe beim Abfüllen geholfen, beim Ware ausgeben. Eben bei allem, was ich schon machen konnte. Und ich fand das damals immer schon ganz spannend. Wenn ich Freunde zu Besuch hatte, hat mein Vater immer einen ganzen Berg Schokolade spendiert. Das war damals noch eine richtige Delikatesse. Als mein Vater 1955 die Brennerei kaufte, war das eine Riesensache.  Damals haben sich Verwandte und Lieferanten an der Finanzierung des Unternehmens beteiligt.

Was hat sich seitdem alles verändert?

Seitdem hat sich viel verändert. Früher sah hier noch alles anders aus. Wo heute der Laden ist, stand damals der Dampfkessel mit großem Ziegelschornstein. Jeden Morgen kamen die älteren Leute und kauften einen Schoppen Korn mit 0,2 Liter. Der wurde zum Teil neben dem Kessel getrunken. Der war schließlich gut geheizt, das war ein beliebter Treffpunkt. Da könnte ich Ihnen ganz viele Geschichten erzählen. Ich erinnere mich an einen Mann, der sogar mit Krücken immer zu uns kam. Trotzdem trank er seinen Schoppen Korn.  Zu der Zeit wurde das Getreide im Übrigen noch mit Dampfdruck zerquetscht, da „duftete“ es in halb Olpe nach gekochtem Getreide. Später wurde das Getreide dann nass vermahlen.

Ist der Korn heute immer noch so beliebt?

Das Sortiment der Wirte hat sich mittlerweile verändert. Damals reichten Korn, Wachholder, Kräuterlikör und Eierlikör. Diese wurden teilweise noch in Korbflaschen abgefüllt. Heute hat ein Gastronom ja 40 bis 50 Spirituosen im Angebot. Beim Wein war das genauso. Ich weiß noch, wie wir immer an die Mosel fuhren, um Wein zu kaufen. Da reichte immer der Weißwein „Goldtröpfchen“, der Rotwein war unser „Rotträubchen. Mehr hatte man damals einfach nicht. Das war eben noch eine andere Zeit. Heute ist der Hauptumsatzträger eher der Handel, wobei die Gastronomie natürlich auch noch wichtig ist. Denn was der Vater in der Kneipe trinkt, holt die Mutter aus dem Laden.„„

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Woran erinnern Sie sich, als sie in den 80er-Jahren das Geschäft übernommen haben?

Ich kann mich noch gut an einen unserer ältesten Mitarbeiter erinnern. Ich bin am 9.3.1949 geboren. Herr Siepmann fing am 1.04.1949 bei uns als Auszubildender an und blieb bis zu seiner Rente 47 Jahre . Er hat mich also aufwachsen sehen, vom Kind zum Chef.

Was waren denn die größten Erfolge, die Sie als Geschäftsführer erlebt haben?

Mein Freund Gerd Rumpff ist nach Australien ausgewandert. Und einmal hat er uns bei einem Besuch eine Flasche  Sahnelikör mitgebracht. Damals gab es hier noch eine Molkerei in der Nähe und mit der haben wir dann versucht, den Sahnelikör nachzuarbeiten. Das war sehr aufwendig. Denn Alkohol und Sahne in Kombination sind nicht so einfach zu verarbeiten  Die Entwicklungskosten waren aber sehr hoch. Es war einfach zu teuer für unseren kleinen Vertrieb, allein zu verkaufen , so dass wir auch an Kollegen mit anderem Etikett verkauften. Zu der Zeit, das war in den 80er-Jahren, haben wir an Mc Guinness, ein kanadisches Handelshaus und den damals viertgrößten Whiskey-Hersteller Kanadas, zweitgrößten Likörhersteller Kanadas eine Lizenz  verkauft. Wir hatten Glück. Auf eine Anfrage an unseren Kornbrennerverband nach Apfelkorn hatten wir Apfelkorn und Sahnelikör nach Kanada geschickt. Daraufhin wollte McGuiness  30.000 Flaschen Sahnelikör haben. Das war uns zu viel, also haben wir die Lizenz nach Kanada verkauft. Und das war ein großer Erfolg. Unser Sahnelikör, der dort so genannte Bavarian Cream, war in Kanada der meist getrunkene in Kanada hergestellte Sahnelikör.  Darauf waren wir natürlich sehr stolz. Das war schon ein kleiner Lotto-Gewinn, wobei die Produktentwicklung in Kanada echt nicht einfach war.

Inwiefern nicht einfach?

Bei der Verarbeitung der Sahne gab es Probleme. Die kann  man eben nicht einfach von oben in ein Mischgefäß  kippen, weil sie die dann beim Aufprall steif wird. Damals ist dann unser Destillateur nach Kanada geflogen, um vor Ort zu helfen. Der hatte einen besondere Sorte Zucker im Gepäck, die sich besonders leicht auflöste. Die sah nur dummerweise aus wie Rauschgift. Unser Brennmeister wurde dementsprechend am Flughafen festgenommen und später natürlich wieder freigelassen.

Was bedeutet Ihnen die Kornbrennerei heute?

Wenn man den Job 50 Jahre gemacht hat, dann hängt man da natürlich daran, keine Frage.

Mit welchem Gefühl werden Sie das Unternehmen verlassen?

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Man muss ja irgendwann Schluss machen. Schließlich will man ja auch nicht aus der Firma getragen werden. Aber ich habe einen guten Nachfolger gefunden, und deswegen kann ich mich mit bestem Gewissen zurückziehen. Aber sicherlich fällt das nicht leicht.

Werden Sie sich denn völlig zurückziehen?

Ich stehe mit Rat zur Verfügung, aber nicht mehr mit Tat. Wir sind eine kleine Firma. Wenn da zu viele Chefs herumlaufen, funktioniert das nicht.

Was glauben Sie, werden Sie am meisten vermissen?

Den Kontakt zum Kunden. Definitiv. Ich war ja immer im Verkauf oder Außendienst tätig, weniger im Büro. Mir hat das immer viel Spaß gemacht, im Laden zu stehen. Und natürlich werden mir meine Mitarbeiter und der tägliche Austausch mit ihnen sehr fehlen.

Wie geht es für Sie weiter? Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Wenn Corona vorbei ist, werden meine Frau und ich mit Sicherheit mehr reisen, als wir das in der Vergangenheit getan haben. Konkrete Ziele stehen aber noch nicht fest, das muss man mal abwarten. Und ich könnte mir auch vorstellen, dass ich einmal eine Art Kempers-Chronik schreibe.