Kreis Olpe. Immer mehr Bürger wehren sich gegen den Lärm, den die Motorradfahrer verursachen. Insbesondere an den Wochenenden. Sie fordern Konsequenzen.
Sommer, Sonne, Wochenende im Kreis Olpe – für viele Bürger hat dies einen bitteren Beigeschmack. Denn dann rollen hunderte, wenn nicht tausende von Motorradfahrern, vorwiegend von Rhein und Ruhr, in den Kreis. Die Folge: ohrenbetäubender Lärm in vielen Ortschaften. Polizei und Behörden finden kein Mittel dagegen, aber immer mehr Bürger fordern Konsequenzen.
Am letzten Sonntagnachmittag legte sich ein Senior auf der B 236 in Lennestadt mit einer sechsköpfigen Motorradgruppe an (wir berichteten), laut Polizei ohne konkreten Anlass, sondern aus grundsätzlicher Abneigung gegen die Motorradszene. „Das zeigt, dass die Leute die Nase voll haben“, sagt Wilhelm Tenhaef, der an der Frankfurter Straße (B 517) in Welschen Ennest wohnt, zu dem Vorfall.
Die Frankfurter Straße gehört sicher nicht zu den „Motorrad-Hotspots“ im Kreisgebiet, aber was sich regelmäßig vor Tenhaefs Haustür abspielt, macht ihn fassungslos. „Die fahren hier von links nach rechts, um ihre Reifen aufzuwärmen und dann geht`s mit Vollgas aus dem Ort raus Richtung Littfeld.“ Gerade die Beschleunigung, das Hochziehen des Motors bis zur Drehzahlgrenze ist der „besondere Kick“ für die Raser-Biker, sorgt für diesen irren Lärm.
Polizei kontrolliert
Kein Einzelfall, sondern Tatsache in vielen Orten im Kreis, besonders an Ortsausgängen, zum Beispiel im Veischedetal, von Altenhundem in Richtung Hohe Bracht, von Helden über die L 697 nach Attendorn oder von Grevenbrück auf der K 7 ins Repetal. Es gibt noch viele andere Beispiele. Matthias Schneider, der am Minikreisel in Grevenbrück (B55/K7) wohnt, kann ein Lied davon singen. Die Polizei kontrolliert hier verstärkt, eine Tuningszene, die mit manipulierten, noch lauteren Auspuffanlagen unterwegs ist, sei nicht auszumachen, teilte die Polizei ihm mit.
Marcel Grunbach lebt mit seiner Frau und seinen Eltern unmittelbar an der L 697 (Repetalstraße) zwischen Helden und Attendorn. Auch er ist den Lärm und die Rücksichtslosigkeit mancher Biker satt. „Wenn wir am Wochenende auf unserem Balkon zur Straßenseite hin sitzen, verstehen wir unser eigenes Wort nicht mehr“, betont er im Gespräch mit dieser Redaktion. Seine Forderung: Es muss mehr kontrolliert, stärker bestraft und eine generelle Diskussion über Lautstärke von Motorrädern geführt werden.
Unterstützung erfährt Grunbach unter anderem von Günter Schulte, SPD-Ratsmitglied und ebenso Anwohner in Helden. „Die Situation ist schon lange unerträglich. Lösungsversuche wie Geschwindigkeitsbeschränkungen, Überholverbote und durchgehende Mittelstreifen haben bisher keinen Erfolg gehabt. Die Unfallbilanz auf dieser Strecke ist schlimm, aber vielleicht noch nicht schlimm genug“, schrieb er vor wenigen Wochen an Bürgermeister Christian Pospischil und Landrat Frank Beckehoff.
Dass es nur einige, wenige „schwarze Schafe“ sein sollen, die durch ihre Fahrverhalten den Ruf der gesamten Motorradszene ruinieren, glauben viele nicht mehr. Dafür sind die Belästigungen zu massiv: Lärm ohne Ende an jedem Sommerwochenende, dazu viele brenzlige Situationen.
Für die Polizei im Kreis scheint der Kampf gegen diese Auswüchse ein Kampf gegen Windmühlenflügel zu sein. NRW-Innenminister Herbert Reul sagte in der vorletzten Woche auf der Hohen Bracht, dass er von Straßensperrungen nichts halte, sondern massive Kontrollen das wirkungsvollste Mittel sei, um das Rasen und damit auch die Lärmbelästigung einzudämmen.
Netzwerk Krad
Dem Eindruck, dass im Kreis nicht oft und scharf genug kontrolliert und überwacht werde, widerspricht die Polizei. Pressesprecher Michael Klein: „Wir führen permanent, insbesondere an den Wochenenden Kontrollen durch. Zu diesen Kontrollen haben wir uns mit den benachbarten Behörden zum „Netzwerk Krad“ zusammengeschlossen.“ An vier Sonntagen im Sommer würden gemeinsam massive Kontrollen durchgeführt, unterstützt durch die Kreisbußgeldstelle mit zwei Radarwagen.
Immerhin wurden von Mai bis Mitte Juni im Kreis 141 Zweiräder mit Geschwindigkeitsverstößen festgestellt. Mehr als 80 Prozent davon hatten kein OE-Kennzeichen. Schnellster war ein Holländer mit 88 km/h in einer 50er-Zone. Gerade diese Krad-Touristen machen der Polizei Sorge. „Sie kennen die Strecken häufig nicht, sind am späten Nachmittag durch die lange Reise unkonzentriert und dann häufig an Verkehrsunfällen beteiligt“, so Michael Klein.