Kreis Olpe. Eine Studie besagt, dass im Sauerland zu viel neu gebaut wird. Doch trifft das wirklich auf den Kreis Olpe zu? Bürgermeister haben klare Meinung.
Der Immobilienmarkt des Kreises Olpe wächst. Das belegen die Zahlen der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Demnach wurden im Jahr 2018 kreisweit 457 neue Wohnungen gebaut, darunter 160 Ein- und Zweifamilienhäuser. Das sind 55 Prozent mehr als im Vorjahr. Wie sind die Zahlen zu werten? Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) kritisiert jedenfalls ein Überangebot an Wohnungen - auch im Kreis Olpe.
Mehr bezahlbare Wohnungen
IG BAU-Bezirksvorsitzender Friedhelm Kreft sieht beim Neubau dagegen „deutlich Luft nach oben“. Entscheidend sei, was gebaut werde: „Die Wohnungen müssen zum Portemonnaie und zur Lohntüte der Menschen passen. Es kommt darauf an, vor allem bezahlbare Wohnungen und Sozialwohnungen zu bauen.“ Dazu sei es dringend erforderlich, die steuerliche Abschreibung (AfA) im Mietwohnungsbau dauerhaft von derzeit zwei auf drei Prozent zu erhöhen. Darüber hinaus brauche der soziale Wohnungsbau eine Förderung von mindestens sechs Milliarden Euro pro Jahr durch Bund und Länder – und das kontinuierlich für die nächsten Jahre.
Der Bau braucht eine Perspektive. Und die bekommt er durch eine dauerhaft wirksame und verlässliche Förderung. Nur dann werden in der gesamten Prozesskette – von der Baustoffherstellung bis zur Verarbeitung auf dem Bau – die dringend notwendigen Kapazitäten ausgebaut. Und das bedeutet zusätzliche Fachkräfte und sichere Arbeitsplätze, zusätzliche Produktionsstraßen und Baumaschinen“, sagt Bezirkschef Friedhelm Kreft. Die Baubranche müsse die Gewissheit haben, dass alles, worin sie heute investiert, auch in fünf und zehn Jahren noch gebraucht werde.
Während es in den Metropolen wie Köln an Wohnungen fehle, gebe es auf dem Land vielerorts ein Überangebot, heißt es in der IW-Studie. Ralph Henger und Michael Voigtländer kommen zu diesem Schluss, nachdem sie die Zahl der fertiggestellten Wohnungen von 2016 bis 2018 mit dem Bedarf, den sie anhand von Faktoren wie Bevölkerungsentwicklung und Wohlstand schätzten, verglichen hatten. Für den Kreis Olpe ergibt sich ihren Berechnungen zufolge ein gedeckter Bedarf von 122 Prozent. Also ein Überangebot. Aber gibt es im Kreis Olpe tatsächlich mehr Wohnraum, als benötigt wird? Nein, sagt Peter Weber, Bürgermeister der Stadt Olpe. Ganz im Gegenteil. „Wir haben eine sehr hohe Nachfrage und ein zu geringes Angebot“, sagt Weber und spricht nicht nur für die Stadt Olpe. „Wir müssen zusehen, dass wir mehr Flächen ausweisen können.“
Nur die Metropolen im Blick
Natürlich passe man auf, dass auf den Dörfern keine Leerstände entstünden, dass alte Gebäude mit Leben gefüllt würden, so Weber weiter. Ein Problem sieht er aber auch in Zukunft nicht. „Die Studie ist viel zu pauschal“, erklärt er. „Das Regionale kommt zu kurz, es werden nur die Metropolen in den Blick genommen und ein Stück weit unterstellt, dass alle in den Metropolen leben wollen.“ Weber betont zudem, dass die Studie lediglich eine rückwärtsgewandte Sichtweise einnimmt. Aktuelle Entwicklungen werden nicht berücksichtig.
Das sieht Stefan Hundt, Bürgermeister der Stadt Lennestadt, auch so. „Das ist eine undifferenzierte Bewertung der Gesamtsituation“, betont er. „Da muss man doch mal in die Tiefe gehen. Die Aussagen kratzen nur an der Oberfläche. Und das reicht eben nicht.“
Interesse hat zugenommen
Auch Dietmar Heß, Bürgermeister der Gemeinde Finnentrop, unterstützt die These der IW-Experten nicht. „Wir brauchen deutlich mehr Wohnraum, die Nachfrage ist hoch“, sagt er. „Sobald die Leute nur hören, da wird gebaut, melden sich die Interessenten. Das lässt sich zwar nicht mit dem Boom Anfang der 90er-Jahre vergleichen, aber das Interesse hat deutlich wieder zugenommen.“ Auch mit Blick auf die Nutzung älterer Immobilien gebe es eine „sehr gesunde Entwicklung“.
Bernd Clemens, Bürgermeister der Gemeinde Wenden, kann das nur bestätigen: „Wir verbinden Natur, Wald, Erholung mit idealen Verkehrsanbindungen und hochmodernen Arbeitsplätzen“, führt er aus. „Wir brauchen mehr Wohnraum, weil die Nachfrage sehr hoch ist. Sowohl von Menschen von außerhalb als auch Einheimische, die nach ihrem Studium zurückkehren wollen, weil sie die Lage schätzen.“