Olpe. Landwirte trafen sich in Olpe zur Regionalkonferenz des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter und kritisierten die Agrarpolitik.
Hans Foldenauer, Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM), war mit dem Zug nach Olpe gekommen. Zumindest den größten Teil der Strecke. Den Rest fuhr er mit dem Auto. „Wenn es geht, nehme ich die Schiene, aber auf dem Land ist das schon schwierig“, sagt er und spricht damit an, was auch ihn umtreibt: der Klima-, Umwelt- und Naturschutz. Und zum Sündenbock dafür, dass da einiges im Argen liegt, wollen er und seine Kollegen sich nicht machen lassen.
Auflagen- und Verordnungsflut
Damit geht der BDM konform mit der neuen Protestbewegung, die sich „Land schafft Verbindung“ nennt und mit der in den letzten Wochen zehntausende Landwirte auf die Straßen gegangen sind, weil die neue Auflagen- und Verordnungsflut das Fass zum Überlaufen gebracht hat. „Es freut mich, dass viele junge Bauern und Bäuerinnen und diese vor allem auch übergreifend dabei sind. Was uns Sorge bereitet ist, dass vordergründig nicht für etwas, sondern gegen etwas protestiert wird“, sagt Hans Foldenauer. Mit Kritik allein aber löse man keine Probleme.
Klare Linie
„Es ist gut, dass man aufsteht und dass es voran geht“, meint auch Michael Alterauge aus Drolshagen, einer der Landesvorsitzenden des Verbandes. Und es sei auch gut, zusammenzutreffen, um zu sprechen und sich auszutauschen. Weil man das, was man als Milchbauer fordere, für die gesamte Landwirtschaft vertrete. Allerdings ohne sich dabei verbiegen zu lassen. „Wir haben eine klare Linie, würden dabei gerne mit allen an einem Tisch sitzen, um ein Gesamtpaket zu entwickeln, in dem der Markt, die Gesellschaft und der Umweltschutz eine Rolle spielen.“ Landwirte aus der näheren und auch weiteren Umgebung waren in die Kreisstadt zur Regionalkonferenz des BDM - derer gab es diese Tage vier in NRW - gekommen. Dass auch solche da waren, die „dem BDM nicht unbedingt immer sehr nahestanden“, freut Michael Alterauge. „Eine gute Diskussion ist mir wichtig.“ Und genau darum ging es an dem Abend: um Stimmen und Meinungen, um die neue Bewegung und die Verbandsposition.
Umsteuern in der Agrarpolitik
„In der Agrarpolitik muss grundsätzlich umgesteuert werden. Weg von der Ausrichtung der Marktpolitik für die Konzerne, deren Interesse vor allem auf billige Preise zielt, hin zu einer Ausrichtung auf die Interessen der Bauern, der Gesellschaft und des Umweltschutzes“, betont Hans Foldenauer. „Die Effizienzschraube pro Arbeitskraft, pro Tier und pro Hektar ist am Ende“, appelliert Michael Alterauge für eine Agrarpolitik, die es ermöglicht, am Markt Erlöse zu erzielen, mit denen Betriebe nachhaltig wirtschaftlich arbeiten können und damit an nicht mehr und nicht weniger als fairen Handel und Wertschätzung. Zusammengefasst: mit immer schärferen Auflagen und immer höheren Produktionsstandards komme man nicht voran. Allein die Richtungsänderung in Agrarpolitik und Marktordnung sei wegweisend. „Der Regenwald wird abgeholzt, damit unsere Tiere satt werden. Wir geben gleichzeitig viel Geld aus, damit der Regenwald geschützt wird. Ställe werden gefördert, obwohl wir eine Überproduktion haben. Das Zuviel wird mit Steuergeldern eingelagert. Durch die Überproduktion wiederum ist der Preis so tief, dass wir Landwirte mehr als 50 Prozent des Betriebsergebnisses durch Prämien erzielen“, rechnet Michael Alterauge vor. „Das ist Wahnsinn. Wir sind ökonomisch und ökologisch am Limit angekommen.“
Landwirte müssen vom Produkt leben können
Große Aufgaben würden Mut und eine Politik verlangen, die bei der Ursache der Probleme ansetze: der Ausrichtung einer Agrarpolitik auf immer billigere Lebensmittel, um eine weltweite Wettbewerbsfähigkeit in der Ernährungsindustrie zu gewährleisten. Stattdessen aber regele man kleinteilig über weitere Auflagen und Verordnungen und gebe Geld für Maßnahmen aus, die nach der Art einer Heftpflasterpolitik nur an Symptomen und Fehlstellungen herumdoktere. Auf den Folgen blieben Bauern und Gesellschaft gleichermaßen sitzen. „Wir brauchen einen Markt, der funktioniert und nachhaltiges Handeln möglich macht“, beschreibt der Drolshagener die Situation der Milchviehhalter und denkt dabei übergreifend. „Wir Landwirte wollen und müssen vom Produkt leben können.“