Herdecke. Auf dem Hang am Hengsteysee stand nun die erste Ernte von Trauben an, die haben die Hobbywinzer um Elias Sturm dann im Koepchenwerk verarbeitet.
Am Theater folgt auf eine misslungene Generalprobe meist eine erfolgreiche Premiere. Auch am Koepchenwerk lief bei den Herdecker Hobbywinzern zunächst noch nicht alles rund. Doch bei Anführer Elias Sturm und seinen Freunden war beim ersten Testlauf zur Weinproduktion das konkrete Ergebnis eher nebensächlich. Die junge Truppe will in diesen Tagen Traubensaft herstellen und vor allem Abläufe ausprobieren, um dann in den nächsten Jahren auf einem höheren Niveau abgefüllte Flaschen anbieten zu können.
Ertrag von 1300 Reben
Biodynamischer Wein „made in Herdecke“ lautet bekanntlich seit 2021 das Ziel von Project Vino. Dafür haben die Freunde, die sich teilweise schon seit dem Kindergarten kennen, monatelang im Schweiße ihres Angesichts einen Hang am Hengsteysee vorbereitet und vor einem Jahr rund 1300 Reben zwischen den Druckrohrleitungen des alten Pumpspeicherkraftwerks gepflanzt. Nun die erste Ernte: Fünf Kisten mit ungefähr 50 Kilogramm Trauben kamen in rund eineinhalb Stunden zusammen. „Das ging schneller als gedacht. Wir haben alles gesammelt, was reif war und auch einige unreife Früchte abgenommen“, heißt es aus der Gruppe.
Elias Sturm zieht ein durchmischtes Fazit: „Ich hatte auf etwas mehr gehofft, bin aber andererseits unheimlich froh, dass wir nach so kurzer Zeit überhaupt etwas ernten konnten. Das ist nicht selbstverständlich, oft gelingt das erst nach drei Jahren“, berichtet der Herdecker. „Es zeigt sich aber, dass der Weinanbau hier funktioniert und die Lage gut ist.“ Der Hobbywinzer, der sich sein Wissen durch Praktika und viele Gespräche angeeignet hat, geht von steigenden Erträgen in der Zukunft aus. „Wir werden demnächst viel mehr Trauben haben, das wird schon.“
Den ersten Probelauf hat nun auch die Weinpresse hinter sich. Dieses gebrauchte Gerät mit einem Gewicht von etwas mehr als einer Tonne stammt von einem Winzer aus dem Rheingau und hat davor auf der Insel Sylt schon Trauben verarbeitet. Das ältere Modell hat Project Vino gekauft. Doch bei der Premiere im Koepchenwerk sollte es nicht gleich rund laufen. „Erst ist unten nichts rausgekommen. Wir haben wohl eine zu geringe Menge hineingefüllt und uns zunächst nicht getraut, den Druck zu erhöhen“, so die Herdecker. Doch mit etwas mehr Mut habe sich dann der Schlauch in der röhrenartigen Presse aufgebläht, so dass dann ein Most herausgeflossen ist.
Die ersten Liter trüber Traubensaft reichen natürlich noch nicht für viele Abnehmer, die Flüssigkeit haben Elias Sturm und Co. in einen Tank gefüllt. „Über Nacht sinken da Trübstoffe herab, den oberen Teil ziehen wir dann ab und kippen es nach dem so genannten Vorklären in einen anderen Behälter, dort kann es ungefähr vier Wochen lang gären.“ Nach rund einem Jahr lasse sich das Ergebnis der Premieren-Ernte trinken. „Das eignet sich von der Menge her eher für den Eigenbedarf.“
Übrig ist als Rest auch so genannter Trester geblieben, der sich als Dünger bereits wieder im Weinberg hinter dem Koepchenwerk befindet. Zudem will die Gruppe vom Project Vino einen zweiten Durchlauf angehen. In der laufenden Woche sollen zugekaufte Trauben von einem Biolandbetrieb hier in der Weinpresse landen, um in der Maschinenhalle am Hengsteysee das Verfahren dann mit einer größeren Menge erneut zu proben. „Das könnte auch künftig der Fall sein, dass wir den eigenen Ertrag mit anderen Produkten mischen. Mal gucken“, so Elias Sturm.
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In den nächsten Wochen geht es wieder einige Male in den Weinberg, um dort im Ardey-Höhenzug mal wieder wichtigen Kalk aufzutragen („Das ist ein Dauerthema“) und die Reben zu schneiden. Nach solchen Gemeinschaftsaktionen treffen sich die Freunde dann meist noch zum geselligen Ausklang am Abend.
Im nächsten Jahr, davon geht Elias Sturm fest aus, tragen die Reben dann viel mehr Früchte. Den aktuellen Probelauf in einem Raum, den die Stiftung für Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur als eine Art improvisierten Weinkeller in der Maschinenhalle zur Verfügung stellt, stufen die Akteure vom Project Vino als Erfolg ein. „Bei der Herstellung sind keine Fragen mehr offen.“