Wetter/Hagen. Kurioser Prozess in Hagen: Mann aus Wetter fordert Schmerzensgeld, weil Eltern im Grab zu weit auseinander liegen. Das Gericht urteilt eindeutig.

Kurioser Prozess vor dem Landgericht Hagen: Weil seine verstorbenen Eltern im Gemeinschaftsgrab zu weit auseinander liegen, verlangt ein Kläger aus Wetter „mindestens 2000 Euro“ Schmerzensgeld. Es entstehe der falsche Eindruck, die beiden seien geschieden gewesen - dabei hatten sie 68 Jahre lang eine harmonische Ehe geführt. Weil das Grab angeblich zu groß sei, fordert der Kläger zusätzlich 4600 Euro Schadensersatz für unnötige Mehrkosten bei der Grabpflege. Ohne Erfolg: Richter Christian Niemöller weist die Klage als „unbegründet“ ab (Az. 9 O 178/22). 

18-seitiges Urteil

Das schriftliche Urteil umfasst 18 DIN-A4-Seiten. Auf Klägerseite: der promovierte Wetteraner. Auf der Beklagtenseite: die Evangelische Kirchengemeinde Wengern als Trägerin des Friedhofs. Dort sind die Eltern des Klägers bestattet. Der Vater verstarb bereits im Jahr 2016. Kurz vor dessen Beisetzung hatte sich der Kläger im Beisein seiner Ehefrau für das Gemeinschaftsgrab der Eltern („2-stellige Wahlgrabstätte“) entschieden. Als Vertreter der Kirchengemeinde war damals der selbständige Friedhofsgärtner anwesend, der auch Mitglied des Presbyteriums ist.

Rechnung beglichen

Die Beerdigung des Vaters erfolgte in würdiger Form, der nachfolgende Gebührenbescheid über 2.820 Euro Bestattungskosten wurde ohne Beanstandung beglichen. Außerdem wurde vereinbart, dass die Grabstätte zunächst bis Ende 2020 vom Friedhofsgärtner gepflegt wird. Als jedoch im Dezember 2020 die Rechnung für die Grabpflege eintraf, fand sich auf Seite 2 ein überraschender Kunden-Hinweis. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass die Grabstätte seiner Eltern „aufgrund der größeren Grabfläche ab 2021 in eine 3-stellige Wahlgrabstätte eingeteilt werde“.

1,20 Meter Abstand

Hintergrund: Im Spätsommer 2020 war auch die Mutter des Klägers verstorben und sollte in der Gemeinschaftsgruft unter die Erde kommen. Der Geschäftsführer des Bestattungsunternehmens hatte den Kläger im Vorfeld darauf hingewiesen, dass die Verstorbene „etwas weiter nach links“ bestattet werden müsse. Das ausgehobene Erdloch hätte einen Abstand von etwa 1,20 Meter zum Grab des Vaters. Anfang März 2021 meldeten sich die Anwälte des Klägers: Die Eltern seien auf einer wesentlich größeren Fläche von etwa 4,40 Meter Breite beigesetzt worden. Der Abstand von Grab zu Grab betrage also mehr als nur 1,20 Meter. 

Falscher Eindruck

Tatsächlich stünden die Särge der Eltern gut 2,10 Meter auseinander. Dadurch entstehe der (falsche) Eindruck, dass hier geschiedene Eheleute bestattet worden seien: „Die Grabstätte ist für den Kläger ein Ort des Erinnerns und des Gedenkens an seine verstorbenen Eltern. Durch die unwürdige Beisetzung wird er an diesem Ort bis zu seinem eigenen Lebensende nachhaltig und schwerwiegend beeinträchtigt.“ Deshalb stehe ihm ein Schmerzensgeld von mindestens 2000 Euro zu. Richter Niemöller sah das anders: „Der Kläger kann ja einen gemeinsamen Grabstein errichten. Der Abstand, in dem seine Eltern in der Erde begraben sind, ist für den Betrachter doch überhaupt nicht zu erkennen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum das Erinnern und Gedenken beeinträchtigt sein soll.“

Grab hätte einstürzen können

Für die Evangelische Kirchengemeinde Wengern ist das ganze Gerichtsverfahren ohnehin völlig unverständlich: Der Kläger habe die Grabstätte seiner Eltern doch selbst ausgesucht. Es handele sich um ein altes Grabfeld mit Überbreite, dessen Maße nicht denen eines neueren Grabes entsprächen. Dies sei ihm auch bekannt gewesen. Wegen der Bodenbeschaffenheit mussten die Särge der Eltern auch weiter auseinander gelegt werden. Andernfalls hätte die Gefahr bestanden, dass das ältere Grab des Vaters eingestürzt wäre. Mit der Beisetzung seiner Eltern in einem größeren Abstand als üblich sei der Kläger einverstanden gewesen. Die Kosten für die gärtnerische Pflege, die jahreszeitliche Bepflanzung und die Winterabdeckung seien dem breiteren Grab angepasst worden.

Richter weist Ansprüche zurück

Richter Niemöller wies auch die Schadensersatzansprüche des Klägers zurück: Dieser hatte Grabpflege-Mehrkosten in Höhe von 4.602,49 Euro errechnet, die für die breitere Grabstelle in 29 Nutzungsjahren entstehen würden. Die Kirchengemeinde sei aber nicht verpflichtet, dafür geradezustehen, so das Urteil.