Verzögerung: 35 Fotos von Abrissarbeiten am Cuno-Schornstein
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Herdecke. Fachleute bauen in Herdecke die Landmarke von Mark-E lautstark zurück. Das dauert länger als erhofft, was an Diebstahl und schlechtem Wetter liegt.
Tak-tak-tak, ruuusch. So hört sich seit Monaten die Geräuschkulisse am Cuno-Schornstein an. Die Landmarke in Herdecke lässt Mark-E bekanntlich mangels Nutzung abreißen. Oben agiert ein Spezialbagger, die herausgestemmten Bruchstücke rauschen durch die Innenröhre und landen krachend auf einer Art Fallbett aus Schutt. Von dem Turm sind noch knapp 140 der einst 248 Meter übrig. Bei den aktuell sommerlichen Bedingungen gehen die Abbrucharbeiten gut voran. Doch zwei Faktoren sorgen dafür, dass der Zeitplan nicht zu halten ist und die Demontage länger dauert. Ein Bericht von der Baustelle über den aktuellen Stand.
Zweimal täglich im Aufzug
Krzysztof Pawlowski steigt aus dem eigens installierten Aufzug an der Außenhülle. Mittagspause für ihn und das polnische Team von der Firma Hope Construction. Ungefähr eine Viertelstunde dauert derzeit die Fahrt hoch zur Turmspitze oder herunter, ein Kollege sichert am Boden ab. Ein Trio lässt den so genannten Spinnenbagger pro Tag meist drei Meter Steinschicht abknabbern. Verstaubt kommen die Arbeiter mit ihrem Klettergeschirr unten an. Ihre weitere Ausrüstung: Sicherungsseile, Helm, Ohrenschützer, Sonnenbrille, Handschuhe, Schaufel, Staubmaske und Funkgerät. Eine Stunde kann sich die Kolonne mittags ausruhen, die Sechs-Tage-Woche beginnt für sie stets um 7 und endet gegen 18 Uhr.
Fotostrecke: So sieht es am „Cuno“ in Herdecke derzeit aus
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Das Spezialgerät steuert in der Regel Pawlowski, der seit zehn Jahren solche Kaminanlagen abreißt und in Herdecke im Auftrag der Firma Mende Schornsteinbau aktiv ist. „Da oben ist es gefährlich, man muss gut aufpassen“, sagt der ausgebildete Höhenretter, der wie sein Team stets Sicherungsseile an der Arbeitsbühne befestigt. „Das Wetter war vor allem im Frühling oft eine Katastrophe, bei zu viel Wind können wir nicht arbeiten.“ Weht dieser schneller als 40 km/h, ruht die Baustelle. Regenfälle seien dagegen nicht so sehr das Problem, Gewitter aber schon. Dementsprechend haben die Beteiligten stets die Wetteraussichten im Blick und können dann planen, wie sie drei Wochen am Stück vorgehen und die restlichen Tage des Monats dann frei haben, um diese in der polnischen Heimat zu verbringen.
Enorme Lautstärke in luftiger Höhe
„Da oben wird es schon mal mehr als 100 Dezibel laut“, erklärt Krzysztof Pawlowski, der mit dem Bagger dicke Betonschichten einreißt. „Stück für Stück“ geht es für seinen Trupp weiter hinunter auf eine Höhe von ca. 65 Metern. Dann übernimmt ein anderer Betrieb die finale Demontage bis zum Boden. Die Aussicht oben auf dem Cuno-Schornstein könne er nicht wirklich genießen. Anstrengend sei die Arbeit. Und heiß momentan. „Ich falle abends immer müde ins Bett. Spaß haben wir, wenn das Projekt am Ende ist“, sagt der fröhliche Fachmann, der während des Gesprächs oft lacht. Er habe schon höhere Bauwerke abgerissen, auf 300 Meter musste er schon mal hinauf. Dabei reist die Kolonne quer durch Europa, seine Kollegen sind derzeit parallel am Kraftwerk Voerde beschäftigt.
Aufwendiges Umrüsten
Meist alle vier Wochen, so Projektleiter Rabe, räumen Maschinen große Teile vom Boden des Cuno-Schornsteins frei, damit sich der Schutt in der Innenröhre des Kamins nicht zu hoch türmt.
Aufwendig gestaltete sich das zwischenzeitliche Umrüsten des sechs Tonnen schweren Spinnenbaggers. Da der Cuno-Durchmesser nach unten hin größer wird, brauchte eines der drei Beine des Spezialgeräts eine Verlängerung. Rabe: „Es wurden Stahlträger hinaufbefördert, die für den nötigen Halt sorgten, um ein Zwischenstück einbauen zu können. Das hat zwei Tage gedauert.“
Weitere Bilder von der Baustelle gibt es im Internet (www.wp.de/herdecke)
Für diese Arbeiten kommen nur wenige infrage, erklärt Friedhelm Heischkamp von der Firma Mende. „Feuerungs- und Schornsteinbau ist ein klassischer Ausbildungsberuf, wobei diese Leute hier auch eine Fortbildung in Sachen Rückbau abgeschlossen haben“, erläutert der Technischer Leiter. „Alle zwei Jahre müssen sie ihre Höhentauglichkeit nachweisen und als Höhenretter auch Erste Hilfe leisten können.“ Auf der Cuno-Baustelle schaue immer wieder mal die Berufsgenossenschaft vorbei, ob die Beteiligten alle Sicherheitsvorkehrungen wie etwa einen Schutzradius einhalten. „Die Steine landen von oben ja nicht immer wie geplant auf dem Fallbett, manche springen auch aus der Innenröhre hinaus“, erklärt Oliver Rabe als Projektverantwortlicher von Mark-E.
Kabeldiebe und Arbeitsausfall
Er und Heischkamp berichten noch von unerfreulichen Begleiterscheinungen. „Zweimal wurden Ende Mai und am 10. Juni Kabel von der Baustelle gestohlen.“ Einmal handelte es sich um eine 250 Meter lange Leitung für den Aufzug, das andere Mal hatten es unbekannte Diebe auf ein Baggerkabel (fast 80 Meter lang) und das Kupfer darin abgesehen. Folge: Die Baustelle musste fünf und drei Tage ruhen, ehe Nachschub eintraf. Hinzu kamen insgesamt 38 Tage mit schlechter Witterung, so dass klar ist: Die Arbeiten dauern länger, das anvisierte Ende im Sommer verschiebt sich wohl auf den Herbst.
Somit müssen vor allem Anwohner auch etwas länger den Krach erdulden. Im Stadtteil Ende hört fast niemand mehr die Geräuschkulisse durch das Stemmen, da der schrumpfende Cuno-Schornstein mittlerweile hinter dem Ardey-Höhenzug verschwunden ist. Im Herdecker Zentrum und darüber hinaus nehmen wiederum quasi alle das laute Tackern wahr. „Voraussichtlich Ende Juli oder Anfang August hört sich Baulärm dann leiser und anders an, weil dann ein anderer Bagger mit einem langen Ausleger und einer Zange die verbleibenden Abrissarbeiten übernimmt“, so Projektleiter Oliver Rabe, während Andreas Köster als Pressesprecher von Mark-E die Betroffenen um Verständnis bittet.
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