Wetter. Einkaufen gegen die Einsamkeit: Der Daily-Markt in Wetter ist für viele Kunden eine wichtige Anlaufstelle, die mehr als Lebensmittel bietet.
Die Tür vom Daily-Supermarkt öffnet sich, eine ältere Dame betritt das Geschäft in Alt-Wetter. Sie geht zielstrebig zum Obst- und Gemüsestand. Vereinzelt schieben Kunden ihre Einkaufswagen die Gänge entlang. Andere erledigen ihren Einkauf an der Frischetheke: auf den ersten Blick ein ganz normales Supermarkt-Szenario. Doch etwas fehlt: Hektik und Stress scheint es nicht zu geben. Immer wieder stehen Kunden zusammen, tauschen sich aus. An der Kasse werden Produkte gescannt und ein paar Worte gewechselt. Der kleine Laden in der Königstraße ist mehr als ein Supermarkt. „Für viele ist es ein Treffpunkt“, weiß Daily-Inhaber Johannes Braune.
Persönlicher Kontakt statt Hektik
Seit vier Jahren führt Braune den Supermarkt in Alt-Wetter. Dass er selbst und sein Team in seinem Laden viel mit den Kunden ins Gespräch kommen, teilweise auch lange reden und viel von den Menschen vor Ort erfahren: „Das hätte ich anfangs nicht gedacht“, sagt Johannes Braune. Doch gerade dieser persönliche Kontakt macht für ihn den Unterschied zu anderen, großen Supermärkten aus. „Bei uns ist es an der Kasse nicht hektisch. Da kann es auch mal länger dauern, weil miteinander gesprochen wird – und das wissen die Kunden auch.“
„Für viele ist der Supermarkt ein Treffpunkt.“
An der Kasse packt Friedhelm Diedrichs seine Einkäufe vom Band in die Tragetasche, die im Einkaufswagen liegt. Er kommt regelmäßig zum Einkaufen in das Geschäft, das für ihn zu Fuß gut zu erreichen ist. „Ich bin alleinstehend“, erzählt der 87-Jährige. „Ich hole mir immer das, was ich gerade brauche.“ Da kann es schon vorkommen, dass der Wetteraner auch mehrmals in der Woche zum Daily geht. Früher war Friedhelm Diedrichs sogar täglich in dem Geschäft. „Ich war selbst mal Inhaber“, erklärt der Rentner und lächelt. Von 1977 bis 2000 habe er den Laden geführt, damals noch als Rewe-Markt. „Und jetzt komme ich immer noch hierher. Das ist eine Gewohnheitssache“, sagt Friedhelm Diedrichs mit einem Schmunzeln. „Und es sind alle sehr nett hier“. Während Friedhelm Diedrichs seine Einkaufstasche nimmt, spricht er noch kurz eine bekannte Kundin hinter ihm an. „Was kochst du denn heute?“, fragt er. „Weiß ich nicht“, kommt die prompte Antwort. „Ich wollte einfach nur mal durchlaufen“, sagt sie, bevor Friedhelm Diedrichs sich verabschiedet.
„Viele Kunden kommen einmal in der Woche“, weiß Johannes Braune. „Manche täglich oder auch mehrmals am Tag.“ Viele lebten allein, hätten in ihrem Alltag wenig soziale Kontakte. Im Daily-Supermarkt träfen sie oft auf bekannte Gesichter. Dann würden immer wieder auch Gesprächsfetzen wie „Ach, weißt du noch“ durch das Geschäft klingen. Besonders am Freitag, wenn der Daily-Supermarkt einen Mittagstisch anbietet, stünden oft Dreier- oder Vierergruppen beim Plausch zwischen Frischetheke und Gemüsestand, erklärt Johannes Braune.
Die Kunden kennen und schätzen den Austausch an Kasse, Frischetheke und Obststand. „Dieses Familiäre ist einfach schön, man unterhält sich hier“, bestätigt auch eine Wetteranerin, für die Daily-Mitarbeiterin Heike Korte gerade Gehacktes abwiegt. Ihren Namen möchte sie nicht veröffentlicht sehen. Doch über den Supermarkt könne sie viel erzählen. „Ich habe schon bei Herrn Diedrichs eingekauft“, sagt sie und lacht. Auch die Frau hinter der Theke kennt sie bestens, kurz zuvor hat sie sich mit Heike Korte noch über die Kinder ausgetauscht. Seit 15 Jahren arbeitet die Daily-Angestellte in dem Geschäft in der Königstraße. „Ich gehöre schon zum Inventar“, scherzt diese. Ihr sei es wichtig, sich „die Zeit für die Kunden zu nehmen.“
Wortwechsel an der Kasse gehört dazu
Zeit, sich mit Kunden zu unterhalten – in großen Supermärkten hat Mitarbeiterin Samantha Piontek das nicht erlebt. „Hier ist das viel angenehmer“, sagt sie. Sie kennt die Kunden, weiß, wer was gerne in den Einkaufswagen legt, wer lieber in bar oder mit EC-Karte zahlt. Und auch Wortwechsel an der Kasse gehören für sie einfach dazu. „Besonders ältere Kunden, die alleine leben, freuen sich darüber.“ Doch nicht nur für Senioren sei der Supermarkt eine Anlaufstelle, hat Johannes Braune beobachtet. „Wir haben auch Stammgäste zwischen 30 und 40 Jahren, die regelmäßig bei uns einkaufen“, erzählt er. „Ein Gast kommt jeden Abend nach der Arbeit kurz vorbei.“ Doch unabhängig ob jung oder alt: Für den Austausch vor oder auch nach dem Einkauf möchte Johannes Braune gerne noch mehr Raum schaffen. „Wir haben überlegt, eine Bank auf dem Gehweg vor dem Laden aufzustellen“, sagt er. „Vielleicht lässt sich das mit der Stadt Wetter ja realisieren.“