Wetter. Senioren sollen besser geschützt werden. Ein besonderer Briefumschlag soll dabei nun eine entscheidende Rolle spielen.

Hinter diesen Zahlen stehen persönliche Schicksale und Tragödien: Im Jahr 2019 haben Betrüger 543 Mal im Ennepe-Ruhr-Kreis mit dem sogenannten Enkeltrick versucht, an fremdes Geld zu kommen – und es meist auch geschafft. Die Dimension dieser Straftaten wird deutlich an der Höhe der Summen, die sie 2019 erbeuteten: zwischen 37.000 bis 100.000 Euro. Mit weniger gaben sich die dreisten Anrufer nicht zufrieden. „Wenn wir es schaffen nur eine dieser Taten zu verhindern, hat sich diese Aktion gelohnt“, sagt Hauptkommissar Jörg Reifenschneider und zeigt auf den Umschlag, den es zukünftig in allen Sparkassen-Filialen im Ennepe-Ruhr-Kreis geben wird: Immer dann, wenn hohe Geldbeträge abgehoben werden.

„Vorsicht Betrugsgefahr! Wenn Sie zwei oder mehr Fragen auf der Rückseite mit ,Ja’ beantworten, will ein Betrüger Ihr Geld! 110 wählen!“ - steht auf der Vorderseite des Umschlags geschrieben, um Aufmerksamkeit zu erregen. „Beim Geldabheben ist die letzte Chance, noch zu verhindern“, sagt der Hauptkommissar und beschreibt die Masche der Anrufer. Mit „Hallo, rate mal wer dran ist“, beginnen viele Anrufe. Ziel der Täter sei es, durch geschickte Fragestellungen möglichst viele persönliche Informationen zu erhalten, dann werde Druck aufgebaut, von einer Notlage gesprochen, in der dringend Geld benötigt wird. Klassiker und Namensgeber für den Enkeltrick, ist der Anruf des Enkels, der die Oma oder den Opa um Geld bittet. Sofort, ohne die Chance zu geben, nachzudenken, soll das Geld übergeben werden. In den letzten Wochen gaben sich die Täter vermehrt als Polizeibeamten aus, auch Corona ist ein Thema geworden und dass für eine Behandlung dringend Bargeld benötigt wird. Auch ein Ennepetaler Leser berichtet von solch einem Vorfall. Am Apparat habe sich ein Mann als Professor in einem Klinikum ausgegeben und habe von einem teuren Medikament gesprochen, das irgendjemand aus der Familie benötigen würde. Er rief erst die Polizei an und dann diese Redaktion, um andere Leser zu warnen.

Zahl der Delikte steigt

Aufrütteln soll auch der Umschlag, in den das Bargeld am Schalter gelegt wird. Auf dessen Rückseite stehen mehrere Fragen (siehe Foto rechts)

Bereits jetzt leisten die Mitarbeiter der Kreditinstitute eine gute Präventionsarbeit, sagt Reifenschneider. „Viele Taten werden durch geschickt geführte Kundengespräche im Rahmen der Geldabhebung verhindert.“ Doch gelingt es den Tätern immer wieder, die Opfer durch konkrete Handlungsanweisungen so zu manipulieren, dass die Mitarbeiter keinen Hinweis auf eine bevorstehende Straftat erhalten. „Wenn der Kunde erst einmal die Bank verlassen hat, ist es zu spät.“

Deshalb seien im Herbst diese Umschläge entwickelt worden und würden nun NRW-weit immer mehr zum Einsatz kommen. Die Sparkasse Gevelsberg-Wetter ist die erste im Ennepe-Ruhr-Kreis. Das Geldinstitut habe bereits die Briefumschläge erstellt und im Einsatz, die bei Barabhebungen zum Einsatz kommen werden. Das Geld wird bei der Ausgabe in diesen Umschlag gelegt und zugeklebt. „So werden mögliche Opfer auf eine Betrugsgefahr aufmerksam gemacht.“ Mit allen anderen Sparkassen im Kreisgebiet hatte Reifenschneider ebenfalls Kontakt aufgenommen, sie alle wollen sich an dieser Aktion beteiligen.

Außerdem setzt er weiterhin auf die klassische Präventionsarbeit, in Gesprächen und mit Infobroschüren. Die Täter würden sich gezielt Namen, die älter klingen, aus dem Telefonbuch heraussuchen. Alleine in den vergangenen drei Jahren habe sich die Zahl dieser Delikte erhöht, weiß Jörg Reifenschneider vom Kommissariat Opferschutz.

Skrupellose Masche

Und noch eine Zahl, die deutlich macht, wie groß alleine der finanzielle Schaden ist, der bei den Opfern angerichtet wird. In NRW wurden auf diese Weise im dritten Quartal 2019, also innerhalb von drei Monaten, 11,2 Millionen Euro erbeutet. Konkrete Summen für den Ennepe-Ruhr-Kreis hat Jörg Reifenschneider nicht, aber dafür die Erkenntnis, dass es meist das gesamte Ersparte ist, dass sich die Täter skrupellos holen und damit großes Leid bei den Betroffenen verursachen.