Wetter. Die Stadtverwaltung hat die Grundsteuerbescheide verschickt. Die Grundsteuer B steigt im Jahr 2022 auf 775 Prozent des Hebesatzes.
Kein Grund zur Freude ist ein Brief, der dieser Tage in vielen Postkästen landet: Die Stadtverwaltung hat die Grundsteuerbescheide verschickt. Offenbar um die Verärgerung mancher Bürger darüber aufzufangen, erklärt die Verwaltung Hintergründe: Ursprünglich sei eine Erhöhung der Grundsteuer B auf 785 Prozent des Hebesatzes geplant. Der vom Kämmerer aufgestellte und von Bürgermeister Frank Hasenberg eingebrachte Haushaltsentwurf habe für das Jahr 2022 eine Grundsteuererhöhung von 725 Prozent auf 775 Prozentvorgesehen. Am Ende habe der Rat dann im Dezember letzten Jahres den gesetzlich für 2022 vorgeschriebenen, ausgeglichenen Haushalt beschlossen– inklusive Erhöhung der Grundsteuer B auf 755 Prozent.
Das letzte Mittel
Steuererhöhungen seien aus Sicht der Stadt Wetter das letzte Mittel, um einen Haushalt auszugleichen. An vielen Stellen des Haushaltes einschließlich des Haushaltssicherungskonzeptes sei zu erkennen, dass Einsparungen vorrangig seien. So seien etwa im Baubereich Maßnahmen verschoben worden oder entfallen, verwaltungsintern seien Kürzungen vorgenommen worden, „die nicht sofort in den Blick fallen“. Andere Einnahmen seien, soweit vertretbar, in der Planung erhöht worden. Weiter heißt es in dem Schreiben: „Das aktuelle Haushaltssicherungskonzept umfasst 62 Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung, die Erhöhung der Grundsteuer B ist eine davon.
Auch Gewerbesteuer sollte steigen
Der Haushaltsplanentwurf sah für das letzte Jahr noch eine Erhöhung der Gewerbesteuer vor. Hier muss erwähnt werden, dass sich die Stadt Wetter mit diesem Steuerhebesatz im interkommunalen Vergleich im oberen Bereich bewegt. Dies wurde jedoch zurückgenommen, um die Firmen, die durch die Coronakrise sehr gebeutelt sind, nicht noch zusätzlich zu belasten.“
Anders verhalte es sich mit der Grundsteuer B. Auch der beschlossene Hebesatz von 755 Prozent sei im Vergleich zu den anderen Städten des Ennepe-Ruhr-Kreises verhältnismäßig niedrig. Noch deutlicher werde der Abstand, wenn man berücksichtige, dass in der Grundsteuer die Aufwendungen für Straßenreinigung und Winterdienst enthalten seien. „Für den Haushalt 2022 können rechnerisch ca. 59 Prozentpunkte vom Hebesatz der Grundsteuer B abgezogen werden. In den meisten anderen Städten müssen diese Gebühren gesondert bezahlt werden. Wetter hatte diese Gebühren vor vielen Jahren abgeschafft, dieses hatte auch zu Personaleinsparungen und deutlich geringerem Verwaltungsaufwand geführt“, so die Stadt.
Finanzierung aller Aufgaben
Die Einnahmen der Stadt, darunter die Grundsteuer, seien zur Finanzierung aller (nicht nur) städtischen Aufgaben erforderlich. Die Grundsteuer B mache bei der Summe aller Erträge einen Anteil von mehr als 10 Prozent aus. Hohe Aufwendungen entfielen etwa auf Schulen, Kitas, Leistungen der Jugendhilfe, Sportstätten (einschließlich des Hallenbades), Straßenunterhaltung und -reinigung oder die Grünflächenpflege. Weiterhin müsse Wetter eine Kreisumlage an den EN-Kreis für dessen Aufgabenerledigung zahlen. Siebenstellige Beträge entfielen auch auf die Gewerbesteuerumlage an den Bund bzw. das Land. Darüber hinaus seien viele Leistungen bei weitem nicht kostendeckend, so z. B. das Hallenbad, das Freibad oder die Bücherei.
Keine volle Kasse
Dabei dürfe nicht unerwähnt bleiben, dass die Haushaltslage in Wetter alles andere als rosig sei. „Seit Ende der 1990er Jahre nimmt die Stadt Überziehungskredite (sogenannte Liquiditätskredite) in Anspruch, um anteilig laufende Aufgaben zu finanzieren. Steigenden Erwartungen aus der Politik, insbesondere auf Bundes- oder Landesebene, aber auch der Gesellschaft allgemein, stehen leider nicht immer steigende Erträge im gleichen Umfang zur Verfügung“, heißt es aus dem Rathaus. Als Beispiel nennt die Verwaltung Veränderungen im Bereich der Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen („U3-Betreuung“) oder Leistungen der Jugendhilfe. „Bei allem subjektiven Ärgernis über Steuererhöhungen ist zu betonen, dass sich Rat und Verwaltung auch zukünftig nach Kräften bemühen werden, die Steuern nur im absolut notwendigen Umfang zu anzupassen. Die gegenwärtige Planung sieht sogar eine Senkung ab 2023 vor“, heißt es abschließend.