Hagen. 1166 Meldungen zu Kindeswohlgefährdungen musste der Soziale Dienst in Hagen prüfen. Die Fallzahlen sind wieder gestiegen.
Körperliche oder emotionale Vernachlässigung, keine Erziehung, fehlende Aufsicht oder gar Gewalt - die Bandbreite an Kindeswohlgefährdungen ist groß. Es handelt sich um ein unfassbar komplexes Gebiet, für das in Hagen der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) zuständig ist. Die Fälle, die dort auf dem Tisch landen, beispielsweise nach Hinweisen aus dem Umfeld der Familien oder Bildungseinrichtungen, müssen alle überprüft werden. „Derzeit bearbeiten 46 Fachkräfte u.a. eingehende Mitteilungen“, erklärt Stadtsprecherin Clara Treude dazu.
„Derzeit bearbeiten 46 Fachkräfte u.a. eingehende Mitteilungen.“
Und Verdachtsfälle gibt es reichlich. 2023 wurden aus dem gesamten Stadtgebiet 1166 mögliche Gefährdungen gemeldet - im Vorjahr waren es 983. 169 Mal wurde eine Meldung als akute Gefährdung eingestuft (2022: 50), 80 weitere immerhin als latente Gefährdung (22), und in 254 Fällen (255) sah der ASD immerhin einen Hilfe- oder Unterstützungsbedarf bei den Familien.
Schwankungen sind üblich
Wie ist dieser starke Anstieg der Fallzahlen zu erklären? „Die Gesamtzahl der Meldungen unterliegen grundsätzlich Schwankungen“, so Treude. „Die augenscheinliche Steigerung zwischen den Jahren 2022 und 2023 stellt sich im längeren Zeitreihenvergleich eher als Schwankung dar (2021 waren es auch bereits knapp 1000 Meldungen).“
Im Bereich „akute Gefährdungen“ - dort scheinen die Zahlen auf den ersten Blick massiv gestiegen zu sein - habe es eine Anpassung der statistischen Erfassung gegeben. „Der standardisierte Prozess der Bearbeitung von Mitteilungen im hiesigen Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) wurde dahingehend verändert, unmittelbar nach Gefährdungsbeurteilung die entsprechende statistische Erhebung vorzunehmen.“ Dadurch erhalte man ein realistischeres Abbild zur Gefährdungssituation von Kindern und Jugendlichen in der Stadt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wurde insofern die gleiche Anzahl konkreter Gefährdungen festgestellt, jedoch erfolgte die statistische Erhebung häufig erst nach Durchführung konkreter Schutzmaßnahmen. „Insofern stellen sich die KWG-Zahlen durch den nachgesteuerten Zeitpunkt innerhalb des Prozesses nun anders dar. Entsprechend kann von keinem faktischen Anstieg akuter Gefährdungssituationen gesprochen werden“, so Treude weiter. Die Meldungszahlen verteilten sich homogen auf alle Altersgruppen.
Standardisierter Prozess
Die Überprüfung eines Verdachts folge einem standardisierten Prozess, an dem mehrere Fachkräfte beteiligt sind. „Abhängig vom Meldungsinhalt können sich verschiedene Verfahrensweisen ergeben, gegebenenfalls auch die unmittelbare Durchführung eines Hausbesuches“, so Treude. Bei Feststellung einer akuten Gefährdungssituation würden unmittelbar Maßnahmen getroffen. „Die höchste Form des Eingriffs stellt hier die Inobhutnahme dar“, so Treude. Das bedeutet, dass die Kinder oder Jugendlichen aus der familiären Situation herausgenommen und anderweitig untergebracht werden.