Hohenlimburg. Die Kirchen verlieren Mitglieder und leiden unter Personalmangel. So übernehmen Menschen wie Jörg Chilla neue Aufgaben. Er ist der Prädikant
Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben mit Nachwuchsmangel zu kämpfen, die Katholiken ebenso wie die Protestanten. „Wir erleben Zeiten des Umbruchs“, sagt Jörg Chilla (52). Der evangelische Gemeindepädagoge muss es wissen, ist er doch selbst Teil dieser Umgestaltung. Als Prädikant in der Kirchengemeinde Elsey hat Chilla Aufgaben übernommen, die eigentlich ureigenstes Terrain der Pfarrer sind: Gottesdienste feiern zum Beispiel, Kinder taufen, das Abendmahl feiern. „Es gibt halt immer weniger Kandidaten, um alle Stellen in der Kirche besetzen zu können“, sagt Chilla.
Deshalb darf er jetzt, obwohl er kein Theologe ist, Funktionen eines Pfarrers ausfüllen. In der evangelischen Kirche gibt es dafür das Amt des Prädikanten. Als solcher darf Jörg Chilla etwa Predigten verfassen und den christlichen Glauben verkündigen. Mit seinem persönlichen Werdegang und seiner beruflichen Erfahrung bringt Chilla natürlich andere Voraussetzungen mit als ein Theologe, weshalb die Bezeichnung „Laienprediger“ sein erweitertes Aufgabenspektrum am besten trifft.
Gemeindearbeit im Internet vorstellen
Jörg Chilla steht mit beiden Beinen im Leben, er wohnt in Ergste, ist in zweiter Ehe verheiratet und hat fünf Kinder. Seit 25 Jahren ist der Diplom-Sozialpädagoge im Kirchenkreis Iserlohn tätig, seit neun Jahren zeichnet er für die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Familien in Elsey verantwortlich. Für die Arbeit mit den jungen Leuten nutzt er die neuen Medien, leitete Konfirmanden-Gruppen zu Corona-Zeiten schon mal über Zoom oder stellte seine Vorstellungen einer lebendigen Gemeindearbeit bei Instagram vor. „Das werde ich sicherlich beibehalten“, sagt Chilla und berichtet, dass er schon eine Predigt auf Instagram veröffentlicht habe: „Kirche muss die Menschen dort abholen, wo sie unterwegs sind.“
Der Prädikant ist eigentlich ein ehrenamtlicher Prediger, weswegen bei Chilla die Grenzen zwischen seinem neuen Amt und der Tätigkeit als Gemeindepädagoge fließend sind. Er genießt das Vertrauen der Gläubigen in Elsey - anders als bei den Kirchenmitgliederzahlen ist bei der Zahl der Jugendlichen, die sich zur Konfirmation anmelden, kein starker Rückgang festzustellen. Die Kids ließen sich immer noch von der Mut machenden Seite der christlichen Botschaft begeistern, wenn sie kind - und jugendgerecht vermittelt werde: „Kinder interessieren die theologischen Unterschiede zwischen den Konfessionen übrigens nicht.“
Der Talar - die Dienstkleidung der Pfarrer
Als Prädikant ist Chilla auch berechtigt, einen Talar zu tragen und erhält als Geschenk eine entsprechende finanzielle Unterstützung der Gemeinde. Er persönlich brauche ein solches Kleidungsstück nicht unbedingt zu tragen, sagt er: „Ich möchte ja nicht in erster Linie durch ein Gewand, sondern eher durch mein Auftreten und meine Arbeit Würde und Präsenz erlangen.“ Andererseits könne er nachvollziehen, dass eine solche Dienstkleidung für manche Gläubige wie ein Anker sei, auf den sie sich einlassen könnten. Seine Kompromissformel: ein gebrauchter Talar, den er von einem Pfarrer, der ihn nicht mehr benötigt, erwerben könnte.
Jörg Chilla bringt eben seine ganz persönliche Note in den kirchlichen Dienst ein.