Hagen. Mit ihren Wolf-im-Schafspelz-Auftritten versucht die AfD in Hagen, die Bürger für dumm zu verkaufen, meint Kommentator Martin Weiske.

Nationalsozialistischer Sprachgebrauch, antisemitische, islamfeindliche und rassistische Hetze, Verächtlichmachen demokratischer Institutionen und von Politikern, Geschichtsbeugung und Verschwörungstheorien sind klassische Werkzeuge aus dem Instrumentenkasten der AfD, um die Demokratie herauszufordern, Grenzen zu verschieben und das bislang Unsagbare zunehmend hoffähig zu machen.

Garniert wird diese Strategie mit Brückenschlägen zu Reichsbürgern und Rechtsextremisten, Querdenker-Nähe, Fremdenfeindlichkeit, dem Beschwören von Etabliertenvorrechten sowie Skandalisierung und dem Schüren von Angst. Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas (CDU) mahnte zuletzt: „Ordnungsrufe werden von AfD-Abgeordneten quasi als Trophäen betrachtet, mit Diffamierungen werden Grenzen des Sagbaren verschoben.“

Zugleich pflegt die AfD ein zwiespältiges Verhältnis zum Journalismus. Einerseits werden unabhängige Medien als „Systempresse“ verunglimpft, gleichzeitig als Bühne für Provokationen und Inszenierungen genutzt. Bei Parteitagen werden die Redaktionen gerne gegängelt oder gar ausgesperrt, gleichzeitig gehört es zur Selbstmitleidsroutine der Partei, mantraartig zu beklagen, von den klassischen Medien stets ausgegrenzt und falsch dargestellt zu werden. Die dabei gern bemühte Vokabel der „Lügenpresse“ stammt übrigens aus dem Diffamierungsvokabular der Nazis.

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Vieles davon muss vielleicht sogar innerhalb der weit gefassten Grenzen der Meinungsfreiheit toleriert werden. Doch wenn ein Mandatsträger als Vertreter der Hagener Bürger Gedankengut positiv stützt, das innerhalb einer demokratischen Gesellschaft die Rückkehr eines Vernichtungslagers à la Treblinka als geeignetes Instrument des politischen Diskurses suggeriert, sind sämtliche Grenzen überschritten.

Da kann auch die Tumbheit oder angebliche Schusseligkeit des Einzelnen kaum als akzeptable Entschuldigung herhalten. Schon gar nicht, wenn diese Ausrede von einem Mann bemüht wird, der schon einmal im Fokus ähnlicher staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen stand.

Hier kann es daher nur eine saubere politische Entscheidung geben: Rücktritt!

Dieser Forderung sah sich zuletzt in Hagen auch AfD-Ratsherr Andreas Geitz ausgesetzt, nachdem er sich im August 2020 am Sturm auf den Berliner Reichstag beteiligt hatte. Erst behauptete er, gar nicht dabei gewesen zu sein, dann sprach er angesichts entlarvender Fotos davon, dass das Niederreißen von Absperrgittern und das Eindringen in eine Sicherheitszone lediglich ein „Schlendern“ und ein „Happening“ gewesen sei. Zuletzt nahm er für sich in Anspruch, als harmloser Dokumentarfilmer unterwegs gewesen zu sein.

Und Andreas Rode? Hat er den Kommentar wirklich nicht gelesen? War die Reaktion tatsächlich nur ein Versehen und eine Schusseligkeit? Das Maß des Erträglichen ist längst überschritten. Hagen muss sich nicht für dumm verkaufen lassen.