Hagen. Angesichts der Sperrung der Hochbrücke „Ebene 2“ in Hagen befürchten Unternehmen und die Politik für die City einen Infrastrukturkollaps

Angesichts der im Raum stehenden Dauer-Vollsperrung der Altenhagener Hochbrücke (Ebene 2) warnt die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer (SIHK) vor einem drohenden Infrastrukturkollaps in Hagen. Zugleich mahnt sie dringend konzeptionelle Lösungen an, um Perspektiven für die Wirtschafts- und Pendlerverkehre zu entwickeln. Am Montag hatte die Stadt Hagen bekannt gegeben, dass das Stahlbetonbauwerk aus den 1960er-Jahren aufgrund von Konstruktionsmängeln, minderwertigem Beton und erheblicher Korrosion durch eindringendes Wasser mit Tausalz massiv geschädigt sei und vermutlich selbst für den Pkw-Verkehr nicht mehr genutzt werden könne.

Aus der Luft wird die relativ komplexe Verkehrsführung über die Gleise am Hauptbahnhof sichtbar. Die eigentliche Querung über den Bahnkörper, die sogenannte Eckeseyer Brücke, wird zwar auch exakt überwacht, soll aber angeblich noch haltbar sein. Das gilt für die Anschlüsse zur Hochbrücke nicht mehr.
Aus der Luft wird die relativ komplexe Verkehrsführung über die Gleise am Hauptbahnhof sichtbar. Die eigentliche Querung über den Bahnkörper, die sogenannte Eckeseyer Brücke, wird zwar auch exakt überwacht, soll aber angeblich noch haltbar sein. Das gilt für die Anschlüsse zur Hochbrücke nicht mehr. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

„Die Vollsperrung der Altenhagener Hochbrücke macht erneut deutlich, dass der Infrastrukturkollaps in unserer Region kurz bevorsteht. Die attraktive Erreichbarkeit der Hagener Innenstadt wird durch die zu befürchtenden Staus im Bereich Märkischer Ring/Emilienplatz sowie im Bereich Wehringhauser Straße/Bergischer Ring schwer beeinträchtigt – für Kunden genauso wie für den Lieferverkehr“, urteilt Christoph Brünger, SIHK-Geschäftsbereichsleiter ,Interessen bündeln‘. Er betont zugleich: „Die Logistikstandorte im Hagener Westen sind ebenfalls mit Blick auf ihre Anbindung an das Lennetal erheblich betroffen. Verursachte die Sperrung der Brücke für die Lkw bereits erhebliche Umwege, wird nun der Verkehr auf den Ausweichstrecken noch weiter zunehmen. Dringend erforderlich ist jetzt eine Perspektive, wie der Wirtschaftsverkehr in Hagen zukünftig gesichert werden soll. Das schließt die Pendlerverkehre mit ein“, erwartet die Lobbyvertretung der Wirtschaft und des Handels jetzt schnelles Agieren.

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Ähnliche Töne aus der CDU: „Wir müssen jetzt schnellstmöglich in alle Richtungen denken und pragmatisch sein, um den Verkehr rund um die Ebene 2 klug geregelt zu bekommen“, fordert Kreisvorsitzender Dennis Rehbein und zugleich CDU-Sprecher im Stadtentwicklungsausschuss. „Im ersten Schritt müssen wir schauen, wie wir den Verkehr möglichst schnell wieder ortsnah aufnehmen können. Dazu muss auch geprüft werden, ob es sinnvoll sein kann, die Radwege rund um den Bahnhof und auf der Körnerstraße temporär für den Autoverkehr freizugeben. Parallel sollten wir prüfen lassen, wie schnell die Ebene 2 abgerissen werden kann. Denn nur so schaffen wir den nötigen Platz für eine entlastende Übergangslösung. Da brauchen wir schnell Klarheit.“

FDP: Ende der Ausflüchte

In eine ähnliche Kerbe hauen die Hagener Liberalen: „Es ist schon seltsam, dass uns noch vor wenigen Monaten versichert wurde, die Brücke sei von einem möglichen Einsturz noch Jahre entfernt. Derart massive Schäden treten im Regelfall nicht plötzlich auf. Vor dem Hintergrund, dass die Verwaltung beim Thema Hochbrücke auf Nachfragen seit Jahren ausweichend und mit Durchhalteparolen reagiert, hinterlässt das für mich einen faden Beigeschmack“, ärgert sich Claus Thielmann, Sprecher der FDP-Ratsgruppe. Daher fordert seine Partei volle Transparenz ein: „Was wir jetzt brauchen, ist eine Bauverwaltung, die statt Ausflüchten und langen Prüfprozessen schnelle, kreative und machbare Lösungen präsentiert.“

Beim Blick auf die historischen Aufnahmen vom Bau der Altenhagener Hochbrücke aus den 1960er-Jahren wird für die Experten beim Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) offensichtlich, welche Fehler seinerzeit schon bei der Errichtung des Bauwerks sowie den Stahlverbindungen gemacht wurden.
Beim Blick auf die historischen Aufnahmen vom Bau der Altenhagener Hochbrücke aus den 1960er-Jahren wird für die Experten beim Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) offensichtlich, welche Fehler seinerzeit schon bei der Errichtung des Bauwerks sowie den Stahlverbindungen gemacht wurden. © Stadtarchiv | Stadtarchiv

Die FDP-Kreisvorsitzende und Oberbürgermeister-Kandidatin Katja Graf mahnt ebenfalls mehr Tempo an: „Es ist vollkommen klar, dass dieses Problem jetzt absolute Priorität haben muss. Dann müssen im Zweifelsfall auch mal andere Projekte zurückgestellt werden. Was nützen uns solitäre Fahrradstraßen und Mikromobilitätsangebote, wenn in der Innenstadt Verkehrschaos herrscht, weil wir die unverzichtbare Infrastruktur nicht im Griff haben?“ Eine Verschiebung der Lösung bis weit in das nächste Jahrzehnt sei nicht akzeptabel.

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Kommission soll politisch begleiten

Aktiv dazu beitragen könnte künftig eine neue Brückenkommission, für die sich in der letzten Sitzung vor der Sommerpause der Hagener Rat ausgesprochen hat. Das elfköpfige Gremium, zu dem Dennis Rehbein (CDU), Jörg Klepper (CDU), Jörg Meier (SPD), Martin Stange (SPD) Rüdiger Ludwig (Grüne), Rolf Römer (AfD), Josef Bücker (Hagen Aktiv), Laura Knüppel (BfHo/Die Partei), Michael Grzeschista (FDP), Ralf Sondermeyer (Linke) und Okan Özdil (HAK) zählen, wurde vom Fachausschuss für Stadt-, Beschäftigungs- und Wirtschaftsentwicklung initiiert. Die Idee: Dort soll das komplexe Thema der Brückenerneuerungen fachlich übergreifend und mit der gebotenen Tiefe politisch vorberaten werden.

In den 1960-er Jahren wurde in Altenhagen die Hochbrücke (Ebene 2) errichtet. Jetzt stellt sich heraus, dass bei der Konstruktion und Bauausführung erhebliche Fehler gemacht wurden.
In den 1960-er Jahren wurde in Altenhagen die Hochbrücke (Ebene 2) errichtet. Jetzt stellt sich heraus, dass bei der Konstruktion und Bauausführung erhebliche Fehler gemacht wurden. © Stadt Hagen | Stadtarchiv Hagen

Die Sitzungen sind öffentlich und sollen „bedarfsorientiert“ getaktet werden. Im Mittelpunkt stehen neben dem Zustand der Brückenbauwerke ebenso die Neuplanung von Alternativen, die dazugehörigen Verkehrsplanungen sowie Umleitungskonzepte während der Bauphasen. Die fundierten Beratungsergebnisse der Brückenkommission werden im Anschluss ebenfalls im Stadtentwicklungsausschuss sowie im Ausschuss für Umwelt, Klima und Mobilität noch einmal erörtert, bevor dann natürlich der Rat das letzte Wort hat.

An dieser Stelle noch das folgende Apropos: Die städtische Verwaltungs-Projektgruppe „Hagen-Valley“, die bereits seit 2023 agiert und sich vorzugsweise um die „Station-Area“ (gemeint ist das Bahnhofsumfeld einschließlich Westside, Werdetunnel und Volme/Ennepe-Zusammenfluss) kümmert, verfügt ebenfalls über ein politisches Begleitgremium: Es hat bis heute kein einziges Mal getagt.