Hagen-Mitte. 2014 ging die Rathaus-Galerie Hagen an den Start, viele Mietverträge laufen aus, ein weiterer Laden schließt. Und offene Handwerkerrechnungen?

Ein Blick in die Innenstadt: Fast jede Woche eine neue Hiobsbotschaft. Peu à peu schließen immer mehr Geschäfte in der Rathaus-Galerie Hagen. Im vergangenen Monat (am 6. Juli) der Bekleidungsanbieter S‘Oliver, in der letzten Woche (am 2. August) die Filiale der Stadt-Parfümerie Pieper, und am Samstag, 10. August, verabschiedet sich Only, die Boutique für Damenmode und Jeans, aus der Passage.

Boutique Tredy streicht die Segel

Und die nächste Negativ-Nachricht? Das Modegeschäft Tredy, das sich im Erdgeschoss in Nähe des Drogeriemarkts Rossmann befindet, streicht ebenfalls die Segel - Ende August ist für Tredy in der Einkaufspassage Schluss.

Das Modegeschäft Tredy hat vor Jahren im Erdgeschoss der Rathaus-Galerie Hagen eröffnet. Die Filiale schließt Ende August.
Das Modegeschäft Tredy hat vor Jahren im Erdgeschoss der Rathaus-Galerie Hagen eröffnet. Die Filiale schließt Ende August. © privat | Privat

Erklärung für etliche Schließungen

Eine Erklärung, warum einige Filialen und Shops binnen so kurzer Zeit schließen, gibt es durchaus: Die Rathaus-Galerie „feiert“ ihr zehnjähriges Bestehen; im Oktober 2014 war Teileröffnung, im November 2014 stand die Gesamteröffnung an.

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„Nach zehn Jahren laufen die Mietverträge der Mieter der ersten Stunde aus“, bestätigt Center-Manager Philip Stabenow auf Nachfrage der Stadtredaktion. Der Grund, warum die meisten Verträge nicht verlängert werden, liegt auf der Hand: In der Shopping-Mall ist einfach nichts los, die fast menschenleeren Gänge sind durch zahlreiche dunkle Ladenlokale geprägt, die Abwärtsspirale dreht sich weiter und weiter.

Ist gegen die zahlreichen Leerstände machtlos: Center-Manager Philip Stabenow. Das Foto ist im März 2023, kurz vor der Wiedereröffnung der Rathaus-Galerie Hagen, entstanden.
Ist gegen die zahlreichen Leerstände machtlos: Center-Manager Philip Stabenow. Das Foto ist im März 2023, kurz vor der Wiedereröffnung der Rathaus-Galerie Hagen, entstanden. © WP | Michael Kleinrensing

Noch immer Baustellen-Atmosphäre

Zur Erinnerung: Seit Frühjahr 2023 ist die Eigentümergesellschaft der Rathaus-Galerie, die GNO Grundstücksverwaltung, insolvent. Hinzu kommt, dass einige Schäden im Gebäude, die durch die Flutkatastrophe in Hagen vor drei Jahren entstanden sind, noch immer nicht gänzlich behoben wurden. Daher herrscht in der Einkaufspassage noch immer Baustellen-Atmosphäre. Da aufgrund der Insolvenz etliche Handwerksbetriebe, die in der Einkaufspassage tätig waren, auf offenen Rechnungen sitzen geblieben waren, hatten die meisten ihre Arbeit vor knapp eineinhalb Jahren eingestellt.

Massekredit im einstelligen Millionenbereich

Ein leichtes Aufatmen gab’s dann jedoch Anfang Juni 2023: Ein von einer Bank bewilligter Massekredit (ein Massedarlehen im einstelligen Millionenbereich) ermöglichte dem damals noch vorläufigen Insolvenzverwalter der Rathaus-Galerie, Miguel Grosser, Aufträge an Handwerker zu vergeben und die dann von ihnen geschriebenen Rechnungen zügig zu begleichen.

Einzelne Gläubiger dürfen nicht begünstigt werden

Insolvenzsprecher Sebastian Brunner unterstrich damals allerdings, dass nur neu beauftragte Arbeiten zügig bezahlt werden dürften, „vorher aufgelaufene Kosten, also alte Rechnungen, darf der Insolvenzverwalter nicht so einfach ausgleichen“. Die Begründung: Es sei gesetzlich untersagt, dass einzelne Gläubiger begünstigt würden, „der Insolvenzverwalter muss im Interesse aller Gläubiger handeln“, so Sebastian Brunner. Und weiter: „Erst mit der offiziellen Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Insolvenzverwalter befugt, auch vor längerer Zeit schon aufgelaufene Kosten auszugleichen.“

Elektro Böhme hat Teilsumme überwiesen bekommen

Anfang 2024 wurde das Insolvenzverfahren offiziell eröffnet. Und die älteren Rechnungen der Handwerksbetriebe? Die wurden zum Teil ausgeglichen. Wie jene von Elektro Böhme. Auf 290.000 Euro beliefen sich die Rechnungen, die Böhme für ausgeführte Arbeiten der Rathaus-Galerie geschrieben hatte. „Rund 140.000 Euro wurden uns mittlerweile überwiesen, 150.000 Euro sind noch immer offen“, bestätigt Oliver Böhme auf Nachfrage der Redaktion. Seine Mitarbeiter seien derzeit auch wieder in der Rathaus-Galerie tätig, „allerdings nur im Bereich Alarmierungsdurchsagen. Und nur gegen Vorkasse.“

Gebäudereinigung Brennecke hat bislang kein Geld gesehen

Bislang völlig in die Röhre guckt hingegen noch das Unternehmen Brennecke-Cleaning. Der Gebäudereinigungsfirma von Jörg Brennecke wurden Rechnungen in Höhe von 46.000 Euro von der Rathaus-Galerie noch immer nicht ausgeglichen, „ob wir das Geld jemals sehen - ich glaube es nicht“, sagt Astrid Brennecke, die im Betrieb für die Verwaltung und Finanzbuchhaltung verantwortlich ist, verärgert. Aber auch ihre Gebäudereinigung sei wieder in der Rathaus-Galerie tätig, „allerdings nehmen wir nur kleinere Aufträge wie Glasreinigungs- und Grünschnittarbeiten an. Und ich muss sagen: Die von uns ausgestellten Rechnungen werden vom Insolvenzverwalter Grosser innerhalb weniger Tage bezahlt“.

Neue Interims-Baugenehmigung liegt vor

Und auch städtischerseits wurde vor zwei Wochen zumindest halbwegs Positives verkündet: „Wir haben im Juli der Rathaus-Galerie eine Interims-Baugenehmigung bis Ende Mai 2025 neu erteilt“, erklärte Stadtsprecher Michael Kaub auf Anfrage.

Aber zurück zu Tredy: „Wir schließen am 31. August“, sagt Mitarbeiterin Nicole Hinzmann mit beinahe erleichterter Stimme. Sie seien ja von Beginn an in der Rathaus-Galerie gewesen, „jetzt haben wir den Mietvertrag nicht verlängert“. Ihre Kollegin in der Filiale in der Rathaus-Galerie gehe eh in Rente, und sie sei künftig im Tredy-Laden in der Fußgängerzone im Einsatz, „zum Glück, dort ist wenigstens mehr Leben“. Besagte Schwester-Filiale in der Mittelstraße 21 wurde vor etwa zwei Jahren eröffnet.

Das Modegeschäft Tredy in der Fußgängerzone (Mittelstraße 21)  in Hagen gibt es seit etwa zwei Jahren. Die Filiale bleibt bestehen.
Das Modegeschäft Tredy in der Fußgängerzone (Mittelstraße 21) in Hagen gibt es seit etwa zwei Jahren. Die Filiale bleibt bestehen. © WP | Yvonne Hinz

Und Center-Manager Philip Stabenow? Ihm sind aufgrund der Insolvenz zwar die Hände gebunden, da der Insolvenzverwalter derzeit das Sagen hat, doch er versichert dennoch, dass sich das Center-Management in puncto Vertragsabschlüssen „bewegen würde“.

Schwierige Marktsituation

Heißt: Anders als früher würde nun mit Mietinteressenten individuell verhandelt und es würden individuell zugeschnittene Mietverträge abgeschlossen, „die Zeiten von standardmäßigen Fünf- oder Zehn-Jahres-Verträgen sind vorbei, das gibt die Marktsituation heute einfach nicht mehr her“. Es müsse für beide Seiten – für das Center wie auch für den neuen Pächter – passen, „Kurzzeit-Mietverträge sind durchaus denkbar“.

In der ersten Etage der Rathaus-Galerie Hagen steht auch dieses Ladenlokal seit längerem leer. Früher war dort die Boutique Lieblingsstück beheimatet. Auf der Fläche könnte sich Center-Manager Philip Stabenow einen Pop-up-Store vorstellen.
In der ersten Etage der Rathaus-Galerie Hagen steht auch dieses Ladenlokal seit längerem leer. Früher war dort die Boutique Lieblingsstück beheimatet. Auf der Fläche könnte sich Center-Manager Philip Stabenow einen Pop-up-Store vorstellen. © privat | Privat

Auch gegenüber Pop-up-Stores, also kleineren Shops, in denen sich neue Mieter mit frischen Ideen ausprobieren können, wolle man sich nicht mehr sperren. Ein Beispiel? „In der oberen Etage in Nähe der Rolltreppe steht das frühere Ladenlokal der Boutique Lieblingsstück seit längerem leer. Derzeit werden die Schaufenster von Kult als Werbefläche genutzt. In besagten Räumlichkeiten könnte ich mir durchaus einen Pop-up-Store vorstellen.“