Hagen. Eine Mitarbeiterin soll einer Kollegin in Hagen ein Hitler-Bärtchen und den Hitler-Gruß gezeigt haben. Das hat Konsequenzen

Die Diskussionen über das schlechte Abschneiden der Grünen und das gute Ergebnis der „Alternative für Deutschland“ (AfD) waren am Tag nach der Europawahl ein heißes Thema. Auch in einem Büro der AOK-Nordwest, die ihren Hauptsitz in Dortmund hat und in Hagen „Am Widey“ eine Niederlassung betreibt. Dort soll am 10. Juni eine Angestellte, die nur wenige Jahre vor ihrer Rente steht, mit einer Arbeitskollegin aneinander geraten sein. Der Ausgang der Wahl bot offenbar genügend Zündstoff, sich heftig zu streiten. Dabei soll es zu einer Eskalation gekommen sein, mit der sich inzwischen die Staatsschutzabteilung der Polizei, die Staatsanwaltschaft und das Arbeitsgericht beschäftigen müssen.

Im Streitgespräch mit ihrer Kollegin, die einen Migrationshintergrund hat, soll die Krankenkassen-Angestellte nicht nur ihre große Zufriedenheit über das Wahlergebnis zum Ausdruck gebracht haben. Das allein wäre ja noch nicht verboten. Sie habe aber auch zwei Finger zusammengedrückt und provozierend unter ihre Nase gehalten, also der Kollegin ein „Hitler-Bärtchen“ gezeigt. Dann soll sie, mangels weiterer Argumente, auch noch ihren rechten Arm zum verbotenen Hitler-Gruß ausgestreckt haben. So wurde es nur wenig später an die Personalleitung herangetragen. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Beweislage jedoch äußerst schwierig: Es stand Aussage gegen Aussage. Doch das sollte sich ändern.

Angestellte bestreitet die Vorwürfe

Am 20. Juni fand in den Räumen der AOK-Nordwest ein Personalgespräch statt. Die Angeschuldigte, die seit mehreren Jahren bei der Krankenkasse angestellt ist, sollte zu dem Vorfall angehört werden. Auch ihr Teamleiter war dabei anwesend. Glaubt man den beiden Vorgesetzten, sei die Mitarbeiterin während der Befragung plötzlich ausgerastet und abrupt aufgesprungen. Dabei hätte sie ihren rechten Arm eindeutig zum Hitler-Gruß erhoben, berichten die überraschten Zeugen. Die Betroffene selbst ist angesichts dieser Vorwürfe, die sie hartnäckig bestreitet, völlig fassungslos: „Das ist gelogen“, beteuert sie mehrfach und bricht im Gütetermin vor Richter Fabian Wißner in Tränen aus.

Im Arbeitsgericht hat sie eine Klage eingereicht, um sich gegen die fristlose Kündigung der AOK-Nordwest zur Wehr zu setzen (Az. 2 Ca 1044/24). Aufgrund einer Anzeige sei sie mittlerweile sogar vom Staatsschutz im Polizeipräsidium vernommen worden. Noch ist völlig unklar, so Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli, was aus der Sache wird und ob es zu einer Anklage kommen wird: „Der Vorgang ist hier als ,Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen‘ eingetragen und wird bearbeitet.“

Für die Krankenkasse scheint der Fall hingegen eindeutig zu sein: „Die AOK ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die entlassene Angestellte vertritt rechtsextremes Gedankengut. Das passt nicht zueinander. Als Mitarbeiterin im öffentlichen Dienst muss sie bedingungslos auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen.“

„Die AOK ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die entlassene Angestellte vertritt rechtsextremes Gedankengut. Das passt nicht zueinander. “

AOK
zu dem Vorfall

Ob es das Arbeitsgericht genauso sieht, wird sich erst am 20. November zeigen: Dann soll es im Kündigungsschutzverfahren zu einem Kammertermin kommen. Bis dahin dürfte die Staatsanwaltschaft wohl auch schon darüber entschieden haben, ob Anklage erhoben wird - oder nicht.