Hagen. Der Hof Hummelsiepen im Westen von Hagen steckt seit Jahren im tiefsten Dornröschenschlaf. Gesucht wird ein Prinz, der ihn erweckt.
Dornröschen lässt grüßen. Also nicht die Königstochter. Sondern eher das Schloss nach dem 100 Jahre währenden Schlaf. Gar so lange ruht er noch nicht, der Hof Hummelsiepen. Und trotzdem ist das Gelände völlig verwildert und zugewuchert, seit der vorletzte Eigentümer aus dem mit Schiefer verkleideten Fachwerkhaus ausgezogen ist. Weshalb das Haupthaus und das Nebengebäude auch von der Straße „An der Hütte“ ganz im Westen von Hagen kaum wahrnehmbar sind.
Der Wirtschaftsbetrieb Hagen ist Eigentümer dieses besonderen Schatzes. Ein Schatz, der entschlummert scheint und darauf wartet, von einem Prinzen erweckt zu werden. So wie das Haupthaus des Ensembles Haus Harkorten, das nur einige hundert Meter Luftlinie an der gegenüberliegenden Seite der Siedlung Quambusch in Haspe vor sich hin schlummert.
HEG hat baufällige Häuser gekauft
Der Schatz Hof Hummelsiepen hat mit Patrick Bänsch und dem Wirtschaftsbetrieb Hagen zwar keinen echten Prinzen gefunden, aber immerhin einen Eigentümer, dessen Tochter, die Hagener Erschließungs- und Entwicklungsgesellschaft, sich eigentlich auf den Umgang mit Schrottimmobilien spezialisiert hat. In Wehringhausen hat die HEG baufällige Immobilien in Massen aufgekauft und entweder kernsaniert oder - falls sie gar keine Perspektive mehr hatten - abgerissen.
„Das hier aber“, sagt Patrick Bänsch von der HEG und blickt auf den Hof Hummelsiepen, dessen Ursprünge wohl im 15. Jahrhundert liegen, „das hier ist noch einmal eine ganz andere Nummer.“
Sanierung nicht wirtschaftlich
Mit anderen Worten: Wirtschaftlich darstellen lässt sich die Sanierung eines solchen Schatzes - und für diese Einschätzung muss man kein Experte sein - nicht. „Es braucht viel Geld und viel Leidenschaft“, mutmaßt Bänsch und erzählt, dass der alte Hof (die aktuellen Gebäude dürften aus dem 19. Jahrhundert stammen) dem Wirtschaftsbetrieb eher zufällig in die Hände gefallen sei. Beifang - sozusagen. „Wir haben ein Stück weiter oben Grundstücke erworben, um dort Leitungen zu verlegen. Der alte Hof gehörte dazu.“
Ein Hof, dessen letzte Eigentümer ihn noch bewohnt haben und der seit Februar 2022 in der Denkmalliste der Stadt Hagen steht. Was ihn irgendwie schützt, zugleich aber auch den potenziellen Prinzen, der ihn erwecken könnte, einschränkt. Dafür wird im Eintrag deutlich, dass der Schatz erstmals im Jahr 1486 im Schatzbuch (heißt wirklich so) der Grafschaft Mark verzeichnet ist, dieser Schatz in „Dey Fryen Burschop“ (freien Bauernschaft) Westerbauer.
Eisenbahn rauscht vorbei
Einst soll er von zwei Seiten erschlossen worden sein, der Schatz. In etwa von dort, wo auch heute die Zufahrt verläuft. Und aus Richtung der Felder, die oberhalb liegen. Dorthin aber kommt keiner mehr durch, seit die Eisenbahnstrecke zwischen Gevelsberg und Hagen gebaut wurde. Die S 8 rauscht quasi im Zehn-Minuten-Rhythmus vorbei. Die Ennepe, ein Stück weiter unten, plätschert dauerhaft.
Einen Schmiedehammer gab es wohl einst auf dem Hof Hummelsiepen, der als „Längsdielenhaus mit Satteldach“ beschrieben wird. Von einer Schatzung ist die Rede in den Denkmalunterlagen. Was wenig mit dem Schatz an sich zu tun hat, sondern mit der Erhebung von Steuern, deren Höhe sich nach der Größe von Grund und Boden richtete.
WBH sichert die Gebäude
Der Schatz aber ist durch den WBH-Kauf jetzt vorerst gesichert. Es ist ein Schatz, der - positiv formuliert - an vielen Stellen doch recht ursprünglich wirkt. Wände sind aus Lehm und Stroh aufgebaut, dann verkleidet. Leitungen laufen in Teilen darüber. Die Verschläge vor den Fenstern hängen schief im Wind. Auf einem Tisch liegt eine Tageszeitung - sie stammt aus dem Jahr 1938. Das Obergeschoss des Nebengebäudes wird vor allem über eine lange Holzleiter erschlossen.
Dornröschen lässt grüßen. Mit Blick auf das Außengelände, um das sich seit Jahren niemand mehr gekümmert hat. Aber auch mit Blick auf das Innere der beiden historischen Gebäude. Ein alter Schlüssel hängt an einem Balken. Es braucht nur noch einen Prinzen, der ihn ergreift. Einen Prinzen, der das Ensemble aus dem Schlaf erweckt, einen, der Leidenschaft mitbringt. Und am besten auch ein paar Säcke voller Geld.