Hagen. Von der Fabrikantenvilla zum Denkmal: Die Geschichte des Hauses in der Mühlenteichstraße ist besonders. Wir erzählen sie.

Mitten in einem Ensemble von Fabrikantenvillen an der Mühlenteichstraße in Hohenlimburg – hier gab es früher tatsächlich einen Mühlenteich - fällt die gut erhaltende zweigeschossige Villa mit einem noblen Gelbton, der Farbe der Schlösser und Herrenhäuser, sofort ins Auge.

Die Villa unterhalb des Schlosses Hohenlimburg ist Teil einer Wohnbebauung innerhalb des sonst von Industrie geprägten Nahmertals. Farblich abgesetzte Fachwerkimitationen im ersten Geschoss und aus grün glasiertem Klinker hergestellte Fensterbänke sowie Jugendstilfenster an der Vor- und Rückseite des Hauses lassen auf den ersten Blick eine historische Bedeutung vermuten. Und so ist es auch.

Der Eingang wird durch ein schmiedeeisernes Tor geschützt, man erkennt darin die Initialen E und B. Bauherr der Villa war 1904/1905 der Fabrikant Wilhelm Böcker. Möglicherweise handelt es sich um einen der ersten Inhaber der nachbarschaftlich gelegenen heutigen Kaltwalz- und Metallwarenfabrik Böcker GmbH.

Nicht viele Bewohner haben hier gelebt

Die Bauzeichnung vom Juli 1904 mit dem Stempel der Polizeibehörde Hohenlimburg ist im Original vorhanden und bekam einen Ehrenplatz im historischen Hausflur. Architektonisch begeistert die Villa durch ihren Baustil des Jugendstils mit Tendenz zum Hagener Impuls.

Die gelbe Villa in der Mühlenteichstraße sticht durch Farbe und Gestaltung vielen Spaziergängern sofort ins Auge.
Die gelbe Villa in der Mühlenteichstraße sticht durch Farbe und Gestaltung vielen Spaziergängern sofort ins Auge. © Hoppmann | Winfried Hoppmann

Als Bewohner der Villa ist Erich Böcker überliefert, der hier nur zu zweit mit seiner Frau residierte. Dass die Besitzer wohlhabend waren, erkennt man an den verschiedenen Raumfunktionen auf rund 200 Quadratmetern Wohnfläche, die voll unterkellert sind. So gab es den klassischen Rauchersalon, in dem sich die Herrschaften nach dem Essen zurückzogen -wahrscheinlich auch, um hier Geschäfte zu machen. Es gab „Mädchenzimmer“ für die „Bediensteten“, Gästezimmer und zwei Schlafzimmer, die durch eine „Liebestür“ verbunden waren.

Auch eine Messingarmatur für das ehemalige Gaslicht im Kellergeschoss kann man entdecken. Fabrikanten legten in der Zeit Wert darauf, mit Stadtgas und Strom versorgt zu werden, dies war noch ein Wunschtraum für die normale Bevölkerung.

Für einen Zeitraum von 120 Jahren hat das Haus nicht viele Besitzer kommen und gehen sehen. Das Fabrikantenehepaar Böcker blieb kinderlos und vererbte das gesamte Anwesen an ihre Haushälterin Theresa Müller, die über 100 Jahre alt wurde. Ein Neffe von Theresa Müller hat dann letztendlich das Haus an Heidi und Björn Brückmann verkauft

Björn Brückmann lebt seit 2004 mit seiner Familie in der alten Fabrikantenvilla. Er würde sich wünschen, dass das Haus unter Denkmalschutz gestellt wird.
Björn Brückmann lebt seit 2004 mit seiner Familie in der alten Fabrikantenvilla. Er würde sich wünschen, dass das Haus unter Denkmalschutz gestellt wird. © Hoppmann | Winfried Hoppmann
Restaurierter Flur mit Jugenstilfenster.
Restaurierter Flur mit Jugenstilfenster. © Hoppmann | Winfried Hoppmann

Zum hundertjährigen Jubiläum eingezogen

Genau zum hundertjährigen Jubiläum im Jahr 2004 ist das Ehepaar in die Fabrikantenvilla mit langer Geschichte eingezogen. „Das Haus ist von 1904 - wie Schalke“, scherzt Björn Brückmann. Hier sind auch seine zwei Kinder Ben und Marie aufgewachsen und auch die Schwiegereltern wohnen hier. Der entscheidende Impuls, genau dieses Haus zu kaufen, kam wie so oft im Leben durch einen Zufall. Brückmann und seine Frau Heidi sind dem Haus zweimal begegnet, bevor sie es vor 20 Jahren gekauft haben. Einmal durch eine Immobilienanzeige, die folgende Besichtigung von außen im düsteren Winter überzeugte beide jedoch nicht. Noch nicht.

„Die ganze Familie hat sich für die Renovierung reingeschmissen. Mir war schon sofort klar, das ist ein tolles Haus.“

Björn Brückmann
Bauingenieur und Bewohner der gelben Villa

Bei einer späteren langen Wanderung in Hohenlimburg, es wurde bereits dunkel, kamen sie auf dem Rückweg ganz zufällig wieder an der Villa in der Mühlenteichstraße vorbei. „Ich habe da gesagt, das ist ein Zeichen. Das Haus müssen wir uns noch mal angucken“, erinnert sich Brückmann. Ein altes Haus mit Geschichte zu beurteilen und dabei sowohl den Wert als auch den Renovierungsaufwand zu erkennen und richtig einzuschätzen, ist nicht einfach. Ein Glück für Björn Brückmann, der als diplomierter Bauingenieur fachlich bestens versiert ist. „Als wir das Haus dann besichtigt hatten, war uns schon bewusst, was man alles machen muss. Die ganze Familie hat sich für die Renovierung reingeschmissen. Mein Schwiegervater und ich haben hier viel selber gemacht. Mir war schon sofort klar, das ist ein tolles Haus“, so Brückmann.

Auch Jugendstilfenster finden sich bis heute an der besonderen Immobilie.
Auch Jugendstilfenster finden sich bis heute an der besonderen Immobilie. © Hoppmann | Winfried Hoppmann

Viel Herzblut in Renovierung gesteckt

Bei der Renovierung der Villa achtete Brückmann darauf, so viel wie möglich im Originalzustand zu belassen, obwohl das Gebäude kein Denkmal war. Die Eingangstür mit Jugendstilelementen, Türrahmen, Türklinken, Stuckelementen, Pitch Pine Dielen und Originalfenster - mit eingeschnitzten Rosen und Bleiverglasungen - sind erhalten und können noch heute bewundert werden. „Bei den Fenstern haben wir die Einfachverglasung rausgenommen und Isolierverglasung eingesetzt. Mir war es wichtig, das Haus wie ein Denkmal zu behandeln, obwohl es noch keins war“, sagt Brückmann mit viel Herzblut. 

Ein schmiedeeisernes Eingangstor mit Initialen umschließt die besondere Villa in Hohenlimburg.
Ein schmiedeeisernes Eingangstor mit Initialen umschließt die besondere Villa in Hohenlimburg. © Hoppmann | Winfried Hoppmann
Die Original-Bauzeichnung von 1904 hat einen Ehrenplatz im Flur des Hauses erhalten.
Die Original-Bauzeichnung von 1904 hat einen Ehrenplatz im Flur des Hauses erhalten. © Hoppmann | Winfried Hoppmann

Die besondere Verbundenheit mit der Fabrikantenvilla sieht man dem 55-jährigen Ingenieur sofort an, der nächste Schritt ist der dauerhafte Denkmalschutz. „Mir ist der dauerhafte Schutz des Gebäudes wichtig“, ergänzt Brückmann. Die untere Denkmalbehörde der Stadt Hagen hat die Villa bereits im Frühjahr unter vorläufigen Denkmalschutz gestellt. „Die Villa ist ein Dokument für die Lebensverhältnisse eines Fabrikanten am Anfang des 20. Jahrhunderts“, heißt es in der Denkmalliste der Stadt Hagen.

Der nächste Schritt ist dann die endgültige Eintragung. Wie finden die Kinder Ben und Marie von Brückmanns das Haus? „Die Kinder sind hier groß geworden. Die lieben das Haus und sind stolz darauf“, freut sich Björn Brückmann auf die nächste Generation, die hier vielleicht irgendwann mal wohnen wird.

Eine Stuckverzierung findet sich beispielsweise im Haus auch am Leuchtenauslass
Eine Stuckverzierung findet sich beispielsweise im Haus auch am Leuchtenauslass © Hoppmann | Winfried Hoppmann