Elsey. Über ein Jahr hat ein Mann eine Verkäuferin des Lidl-Marktes in Elsey gestalkt. Der ungewöhnliche Fall kam nun vor Gericht:

In der Welt zwischen Dosenravioli, Knollensellerie und Frischkäse war nicht alles in Ordnung: Ein Jahr lang wurde eine Mitarbeiterin der Lidl-Filiale in Hagen-Elsey von einem aufdringlichen Kunden verfolgt. Ihre Kollegen mussten sie schützen, doch die Filialleitung ignorierte das offenkundige Problem. Das Amtsgericht Hagen verurteilte den penetranten Stalker jetzt zu einer Geldstrafe von 3.150 Euro.

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Verkäuferin gestalkt

Der Mann (50) arbeitet eigentlich bei einer anderen Supermarktkette, tauchte aber im vorletzten Jahr auffällig oft bei der Supermarkt-Konkurrenz Lidl am Gotenweg auf. Grund war nicht das Warensortiment, das ihn bis zu fünfmal am Tag dorthin lockte. Insgeheim hatte er es auf eine hübsche Lidl-Mitarbeiterin (38) abgesehen. Zwischen den Regalen beobachtete er die Frau, die glücklich verheiratet ist und kein Interesse an ihm hatte, oft minutenlang. Der Gaffer in den Gängen fiel dabei nicht nur den Arbeitskollegen, sondern auch mehreren Kunden auf.

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Im Laden belästigt

Am 14. Februar, dem Valentinstag, wagte sich der un-heimliche Verehrer aus der Deckung: Er übergab einer Nachbarin einen Zettel mit seiner Telefonnummer. Diesen sollte sie der begehrten Lidl-Mitarbeiterin beim Einkaufen zustecken, als freundlichen Hinweis auf den Tag der Liebenden. Die Anmache kam gar nicht gut an, die Frau reagierte nicht. Seine Zudringlichkeiten wurden trotzdem intensiver. An einem Tag schlich er sich von hinten ganz nah an sie heran: „Ich habe seinen Atem direkt im Nacken gespürt“, schilderte die belästigte Frau vor der Amtsrichterin, „da habe ich die Nerven verloren und aufgeschrien.“

„Ich habe seinen Atem direkt im Nacken gespürt, da habe ich die Nerven verloren und aufgeschrien.“

Lidl-Mitarbeiterin (38), die bei der Arbeit von einem Mann gestalkt wurde

Angestellte beschützen

Zwei weitere Angestellte bestätigten als Zeugen die ständigen Annährungsversuche. Über Kopfhörer mit Mikrofonen sind die Mitarbeiter des Geschäfts untereinander verbunden. Wenn der aufdringliche Kunde den Laden betrat, wurde die betroffene Kollegin über ihr Headset gewarnt: „Geh ins Lager!“ Er hätte dann jedes Mal regelrecht nach ihr gesucht. Fand er sie nicht in der Backwaren-Abteilung, ging er in den Non-Food-Bereich, berichtet eine Verkäuferin (25). „Oft stand er fünf bis zehn Minuten im Gang, aber er schaute nicht nach den Produkten. Die interessierten ihn nicht.“

Einstweilige Verfügung

Hatte die betroffene Lidl-Mitarbeiterin Spätschicht, musste sie von ihren Arbeitskollegen zum Auto begleitet werden. Der hartnäckige Stalker lauerte auch dort: Er habe mit seinem Auto auf dem Berlet-Parkplatz gestanden, schildert ein Verkäufer (30) als Zeuge. “Fuhr sie los, fuhr er ihr hinterher“. Auf dem Nachhauseweg machte die verfolgte Frau deshalb jedes Mal große Umwege, um ihn abzuhängen. Um ihn endlich dauerhaft los zu werden, beantragte sie vor dem Zivilgericht eine Einstweilige Verfügung. Nun war es dem Mann untersagt, sich ihr weiterhin zu nähern. Eigentlich hätte er Abstand halten müssen.

Stalker bestreitet Übergriff

Doch im Geschäft tarnte sich der Verfolger weiterhin als zahlender Kunde, sodass die Lidl-Filialleitung keinen Anlass gesehen habe, die Mitarbeiterin zu schützen und ihm ein Hausverbot zu erteilen, hieß es vor Gericht. „Das Verhalten dieses Mannes war grausam, schon für uns nicht mehr auszuhalten. Wie musste es erst der betroffenen Kollegin, die oft geweint hat, dabei ergehen?“, fragte eine Verkäuferin im Gerichtssaal. Der Angeklagte grinste. Ja, er würde sie schon mögen, räumte er ein, bestritt aber hartnäckig jegliche Übergriffe und Verfolgungen: „Ich weiß nicht, was sich diese Frau einbildet!“, verhöhnte er sie. 

Amtsgericht spricht Urteil

Seit 2007 gibt es den Paragrafen „Nachstellung“ im Strafgesetzbuch, doch ist es oft schwierig, die Täter vor Gericht zu überführen. Voraussetzung ist der Nachweis, dass sich der Stalker beharrlich und unbefugt dem Opfer nähert, so dass dessen Lebensbereich erheblich beeinträchtigt wird. Im vorliegenden Fall gelang dieser Nachweis. Die Amtsrichterin in ihrer Urteilsbegründung: „Der Angeklagte hat ganz gezielt nach der Geschädigten gesucht, bis zu fünfmal am Tag. Das Ganze hat sich über ein Jahr hingezogen und deutlich auf sie ausgewirkt: mit Angst, ja geradezu mit Panik.“

Vielleicht gibt der Verurteilte jetzt Ruhe: Er ist bei Lidl in Elsey schon länger nicht mehr aufgekreuzt.