Hagen.. Welches Strafmaß wartet jetzt auf die Raser von der Feithstraße? Nach dem Mord-Urteil von Berlin wird der Hagener Prozess mit Spannung erwartet.

Nach dem Aufsehen erregenden Mord-Urteil gegen die Raser vom Ku’damm in Berlin richtet sich der Blick auf Hagen. Ab dem 29. Mai wird vor dem Landgericht der Prozess gegen die Raser von der Feithstraße beginnen. Haben die beiden Männer auch so harte Strafen wie im Berliner Fall zu befürchten? Und welchen Einfluss hat der große öffentliche Druck auf die 6. Große Strafkammer des Landgerichts?

Blick nach Berlin: Zwei Männer in PS-starken Sportwagen. Ein Rennen mit 170 Sachen über den Kurfürstendamm über elf rote Ampeln. Als ein Fahrer (69) mit seinem Jeep aus einer Nebenstraße bei Grün auf den Ku’damm einbiegt, trifft ihn einer der Sportwagen. Der Fahrer stirbt sofort.

Eines der Raser-Fahrzeuge: Ein dunkler Audi A6:
Eines der Raser-Fahrzeuge: Ein dunkler Audi A6: © Alex Talash | WP

Das Landgericht Berlin sprach beide Raser des Mordes für schuldig. Lebenslange Freiheitsstrafen. Erstmals in Deutschland wertete der Richter die Teilnahme an einem Rennen als mittäterisches Geschehen mit bedingtem Tötungsvorsatz. Als Mordmerkmal stützte sich das Gericht auf die Autos als Tatwaffen und somit als „gemeingefährliches Mittel“. Das Urteil liegt noch nicht schriftlich vor. Doch schon jetzt spaltet es die Nation. Die einen feiern das Gericht für seine Härte, die anderen, darunter viele Juristen, empfinden den Mordcharakter der Tat als wackelig konstruiert und durch öffentlichen Populismus herbeigeführt.

Berndt: Richter sind Menschen

„Richter sind Menschen“, sagt Jens Berndt, Richter und Sprecher des Hagener Landgerichtes. Und als solche berühre sie das Urteil von Berlin natürlich auch. „Alle hier im Haus sind sich darüber bewusst, dass vom Prozess in Hagen auch eine Signalwirkung ausgeht.“ Das werde man auch spüren, wenn der Presseandrang zum Prozess-Auftakt groß sein wird.

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Aber Berndt begegnet der Stimmungslage in der Bevölkerung auch mit juristischer Nüchternheit. Die Leitplanken des Prozesses in Hagen stehen. Die Anklagepunkte: Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässige Körperverletzung. Ein Tötungsvorsatz? Nein. Gutachter hatten die Fahrt der beiden Männer in ihrem Audi A6 und Skoda Fabia RS auf der Feithstraße nachgestellt. Allerdings mit 50 Stundenkilometern statt der geschätzten 100, die die Raser draufgehabt haben sollen, als der Skoda wegen eines am Straßenrand anfahrenden Smarts in den Gegenverkehr geriet, zwei Autos traf und vier Menschen verletzte. Darunter einen sechsjährigen Jungen schwer.

Berndt gibt mit Blick auf das Verfahren keine Auskünfte über die Inhalte des Gutachtens. Ohnehin behandelt das Gericht den Raser-Unfall in Hagen bislang mit juristischer Zurückhaltung. Käme das Gutachten zu dem Schluss, dass es sich um Vorsatz oder ein Rennen gehandelt hätte, so erklärt Berndt auf WP-Nachfrage, hätte die Kammer die Angeklagten darauf hingewiesen, dass die Anklagepunkte erweitert würden. „Das ist nicht geschehen“, sagt Berndt. Das bedeutet, dass es sich laut Gutachten weder um ein Rennen noch um Vorsatz gehandelt hat. Auch ein Dashcam-Video (Dashcams sind Kameras, die die laufende Fahrt filmen können) ist Teil der Beweismittel. Ein zufällig dahinter fahrender Mann hatte die beiden Raser damit gefilmt. Den Unfall zeigt das Video aber nicht.

Freiheitsstrafen zu erwarten

Welche Strafen warten auf die Raser? Das Gesetz sagt: „Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Und: „Wer im Straßenverkehr für eine Gefährdung sorgt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Die juristischen Vorgeschichten eines der beiden Raser, der mit seinem Audi von der Unfallstelle floh, sich aber später stellte, sind noch ausgenommen. Der 34-Jährige war zuletzt wegen Einbruchdiebstahls in der Kaisberg-Apotheke in Vorhalle zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden.