Hagen. In seinem alljährlichen Mahnwort zum Jahresende prangert das Bündnis Sozial gerechte Stadt Hagen, zu dem sich die katholische und evangelische Kirche sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund vor sieben Jahren zusammengeschlossen haben, die soziale Ungerechtigkeit in der Stadt an.
In seinem alljährlichen Mahnwort zum Jahresende prangert das Bündnis Sozial gerechte Stadt Hagen, zu dem sich die katholische und evangelische Kirche sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund vor sieben Jahren zusammengeschlossen haben, die nach wie vor herrschende soziale Ungerechtigkeit in der Stadt an.
Tausende Hagener lebten unter Armutsbedingungen, heißt es in einer von Dechant Dieter Osthus, DGB-Chef Jochen Marquardt und der künftigen Superintendentin Verena Schmidt entworfenen Denkschrift. Fast 1500 Menschen müssten trotz Arbeit staatliche finanzielle Mittel in Anspruch nehmen, mehr als 20.000 Bürger lebten in so genannten Bedarfsgemeinschaften, viele Angebote der sozialen Sicherheit und der kulturellen Vielfalt seien nicht mehr gewährleistet.
Die Armut verfestige sich, Teile der Stadt verlören an Lebensqualität: „Die Gegensätze sind enorm“, so Verena Schmidt. „Es gibt Stadtteile in Hagen, die absolut verarmen und solche, die blühen.“ Als Kronzeugen für ein Umdenken in Staat und Gesellschaft berufen sich die drei großen Organisationen auf Papst Franziskus, der die Verwerfungen in einer Welt, in der die einen Nahrungsmittel vernichteten und andere unter Hunger litten, mit den Worten gebrandmarkt habe, dass es kein Aufsehen errege, wenn ein alter Mann, der gezwungen sei, auf der Straße zu leben, erfriere, während eine Baisse um zwei Punkte an der Börse Schlagzeilen mache. „Wirtschafts- und Finanzwelt müssen sich verändern, um das Leben für alle erträglicher zu machen“, so Osthus: „Es geht uns um Gerechtigkeit.“
Riesenbruch zwischen Arm und Reich
Auch der DGB-Chef bekannte sich ausdrücklich zu den Aussagen des Papstes. Geld sei heutzutage vielfach nicht mehr Mittel zum Zweck, so Jochen Marquardt, sondern besitze eine Art Heilands-Funktion: „Und es gibt einen Riesenbruch zwischen Arm und Reich.“ Als Beispiel für klaffende Not nannte er die Wohngegend entlang der B7, an der sich die Lage dramatisch zugespitzt habe: „Die Leute finden nicht mehr heraus aus der Armut.“
Trotz aller Hilfsangebote, die es zweifellos gebe, müsse man feststellen, dass sich Armut verfestige, je länger ein Arbeitnehmer auf staatliche Hilfe angewiesen sei. Zudem sei das angebliche Überangebot an Arbeitsplätzen in Deutschland eine Chimäre: „Die Wahrheit ist: Es gibt nicht genügend freie Stellen“, sagte Marquardt.
Sprachkurse als Chance
Auch Verena Schmidt kritisierte die klaffende Armut in einigen Hagener Vierteln. Es dürfe nicht so weit kommen wie in Paris, wo Jugendliche auf der Suche nach einem Arbeitsplatz ihren Stadtteil wegen seines üblen Rufs verleugneten, damit ihre Bewerbung nicht von vornherein ad acta gelegt werde.
Andererseits sollten Mitbürger, die des Deutschen nicht mächtig seien, zu Sprachkursen verpflichtet werden: „Meine Forderung mag sich drakonisch anhören, aber ich bin der Meinung, solche Kurse bieten eine Chance für die Betroffenen, vielleicht aus ihrer Situation herauszukommen.“