Hagen. Trotz weiter sinkender Einwohnerzahlen und akuter Leerstände fehlt der Stadt Hagen ein Projekt, die Wohnräume und Stadtteile attraktiv zu halten.

Der Hagener Wohnungsmarkt birgt kaum Geheimnisse: Exakt 105.960 Türen, hinter denen immer weniger Menschen leben, ermittelten die Statistiker für das Jahr 2014. Ein- und Zweipersonen-Haushalte dominieren mit mehr als 70 Prozent den Markt. Mieten stagnieren auf relativ niedrigem Niveau.

Sinkende Einwohnerzahlen und wachsende Leerstände sorgen dafür, dass nur für qualitätvolle Angebote noch spannende Preise zu erzielen sind. Aber wie sich die Situation künftig darstellt, wo in Hagen in 20 Jahren das Leben pulsiert, welche Angebote welche Quartiere lebenswert machen, welche Akzente die Stadtteile attraktiv halten sollen – zu all diesen Punkten fehlt eine Vision 2030 in einer alternden Stadt mit immer höherem Migrantenanteil, aber bald lediglich noch 160.000 Einwohnern.

Daten nicht aktualisiert

Fast zehn Jahre ist es her, dass in Hagen als grober Rahmen ein „Masterplan Wohnen“ aufgelegt wurde. „Damit sollten Grundlagen für Handlungskonzepte geschaffen werden“, erläutert Burkhard Schwemin, Leiter des Fachbereichs Bauverwaltung und Wohnen. Bislang konnte dieser ambitionierte Rahmen nicht mit Leben gefüllt werden. Es fehlt an aktualisierten Daten, Konkretisierungen und quartiersbezogenen Strategien. „Wir müssen angesichts des Konsolidierungsdrucks und der daraus resultierenden Personalsituation mehr reagieren als agieren“, betont Schwemin, dass der Austausch auf Arbeitsebene vor allem mit den örtlichen Wohnungsgesellschaften zwar funktioniert, für konzeptionelle Herangehensweisen jedoch Kapazitäten fehlen.

Dabei sind langfristige Handlungskonzepte als Leitplanken für ein koordiniertes Agieren der Kommune auf dem Wohnungsmarkt-Parkett unablässig. Zum einen müssten sie die Basis für den überfälligen Hagener Flächennutzungsplan bilden. Zum anderen öffnen solche festgezurrten Strategien die Projektfördertöpfe des Landes. Und damit sind nicht bloß Mittel für den geförderten Mietwohnungsbau gemeint. „Deren Zahl“, so weiß Regina Korn, Leiterin des Ressorts Wohnen, „ist von 6600 Sozialwohnungen im Jahr 2009 auf inzwischen 5900 gesunken.“ Ein Trend, der seit Jahren anhält. „Dabei braucht Hagen solche Angebote“, so Korn, „für große Familien ebenso wie für Menschen in besonderen Lebenslagen.“

Ebenso rückt das Thema Fördermittel für den Abriss von Leerständen in den Fokus. „Abrissprämien wären auf lange Sicht schon wünschenswert“, meint Schwemin mit Blick auf so manchen Bestand entlang der Hauptverkehrsstraßen, „so weit sind wir aber noch nicht.“ Projektbezogen ist dies heute schon möglich, wenn im Anschluss neuer Wohnraum geschaffen wird. „Das Instrumentarium ist da.“

Studentische Projekte

Weitere Herausforderung: Die älteren Generationen zieht es aus den Randlagen ins Zentrum. „Eine Entwicklung, die wir sensibel beobachten. Denn wir brauchen in der Innenstadt auch jene Menschen, die hier arbeiten und ihre Kaufkraft in Hagen investieren.“ Jüngere Leute zieht es längst nicht mehr in die Reihenhaussiedlungen der 70er-Jahre, deren Erbauer inzwischen mit ihren Immobilien gealtert sind. Käufer für diese Häuser finden sich kaum – die Investoren von heute setzen eher auf Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften oder hochwertige Eigentumswohnungen, Migranten favorisieren klassische Geschosswohnungen.

Ansatzpunkte genug, um mit einem gezielten Quartiersmanagement entscheidende Stellschrauben zu drehen. „Aber aus eigener Kraft ist das für uns schwierig“, setzt Regina Korn vorzugsweise auf studentische Projekte. Auf Emst ist es so gelungen, in Zusammenarbeit mit engagierten Bürgern deren Bedürfnisse zu ermitteln, Probleme aufzuzeigen und Zukunftsideen für den Stadtteil zu entwickeln.

Eine weitere Hochschularbeit soll Hagen-Defizite in punkto Wohnsituation offenlegen: 5000 Menschen wurden befragt, warum sie aus der Stadt weggezogen sind. „Von diesem studentischen Projekt versprechen wir uns neue Erkenntnisse“, hofft Korn. Natürlich genieße die Konsolidierung Priorität, zeigt Schwemin, der zuletzt in der Kämmerei arbeitete, für de strengen Sparkurs Verständnis: „Aber lange können wir mit einer Wohnvision 2030 nicht mehr warten . . .“