Westfalen/Sauerland. Berlin und Hamburg sind gar nicht so weit weg – Pleiten, Pech und Pannen bei öffentlichen Bauvorhaben gibt es auch in (Süd)-Westfalen. Zwei Beispiele unter vielen: Das Emil-Schumacher-Museum in Hagen und das Dortmunder U. Darüberhinaus weitere Planungspleiten aus dem (Märkischen) Sauerland.

Die können’s einfach nicht die Berliner. Das Flughafendebakel ist schon ein außergewöhnliches Stück aus dem öffentlichen Planungs-Tollhaus. Da kommt höchstens noch der Stuttgarter Bahnhof und die Hamburger Elbphilharmonie mit. Oder? Gibt es etwa auch in unserer Region Planungspleiten, die zum Himmel schreien? Unsere Recherchen ergaben: Ja, die gibt es. Wir haben einige Beispiele zusammengestellt.

Bahnhofssanierung ein Werdohler Prestige-Objekt

Erheblich teurer als geplant wird ein Werdohler Prestige-Objekt: die Bahnhofssanierung. Dass diese mehr kostet als zunächst angenommen, liegt zum einen in bislang unentdeckten Schäden im Gemäuer, zum anderen aber eben auch daran, dass Handwerker im Jahr 2012 mehr Geld für ihre Arbeit verlangen als 2010. Damals wurden die Kostenvoranschläge eingeholt.

Bahnhof Werdohl
Bahnhof Werdohl © WR/Büdenbender | WR/Büdenbender

Ursprünglich lagen die Kosten bei 2,3 Millionen Euro. Am Ende sind es satte 600 000 Euro mehr. Nur mit Verschiebungen von Landesmitteln aus einem Stadtteil hin zum Bahnhof wird das Finanzloch zugeworfen.

Teure Tennisplatz-Bauruine in Meinerzhagen

Zu Tennis-Glanzzeiten wurde in Meinerzhagen auf Empfehlung unter anderem von Tennisverband-Experten eine große Tennisanlage in Meinerzhagen gebaut. Doch: Diese Anlage wurde schnell zur teuren Bauruine. Weil beim Bau der Anlage der Windeinfluss nicht richtig berechnet wurde, konnten angesetzte Turniere oft nicht stattfinden, weil zum Beispiel ein regulärer Aufschlag mit Windeinfluss nicht möglich war. Das Ende vom Lied: die Anlage verfiel, 2011 wurde die Bauruine rekultiviert. Vom teuren Tennisplatz zur Kuhwiese.

Hagener Schuhmacher-Museum im Schwarzbuch

Emil Schumacher Museum im Hagener Kunstquartier.
Emil Schumacher Museum im Hagener Kunstquartier. © WP Michael Kleinrensing | WP Michael Kleinrensing

Hagens Leuchturmprojekt, das Emil-Schumacher-Museum, strahlt weit nach außen – nicht nur wegen der ausgestellten informellen Malerei. Seit zwei Jahren widmet der Bund der Steuerzahler dem Museentempel ein Kapitel in seinem Schwarzbuch. Es sind die hohen Folgekosten, die das Museum aufgrund baulicher Mängel jährlich produziert.
Sie liegen mit mehr als einer Million Euro fast drei Mal so hoch wie geplant. Damals waren besonders geringe Energiekosten veranschlagt worden, außerdem hatte man schlicht vergessen, Positionen wie Personal, Gas, Wasser und Versicherungen zu berücksichtigen. Außerdem ist das Wasser verkeimt, was Investitionen für Filter und Spülungen verursacht.

Geld versickert bei Kanalbau in Lüdenscheid

Etwa eine halbe Million Euro teurer als veranschlagt sind sie bislang, die Kanal-Bauarbeiten in einer Straße in Lüdenscheid. Bei etwa 1,4 Millionen Euro liegen die Kosten. Und: Die Bauarbeiten für einen runderneuerten Hauptsammler, der die Abwässer aus der City zur Kläranlage befördert, werden auch 2014 noch laufen – also nicht wie geplant 2013 beendet.

Das Geld versickert bei Kanalbau in Lüdenscheid. Foto: Guido Raith
Das Geld versickert bei Kanalbau in Lüdenscheid. Foto: Guido Raith © WR | WR

Begründet wird die Bauverzögerung und Verteuerung mit unvorhergesehenen Kabelsträngen der Telekom im Boden und abgeklemmten oder außerplanmäßig verlegten Leitungen. Zum Teil sei der Boden unerwartet mit Schwermetallen belastet gewesen, der komplett entsorgt werden musste.

Burg-Aufzug in Altena schwer kalkulierbares Risiko

Arbeiten für den Aufzug zur Burg Altena haben begonnen
Arbeiten für den Aufzug zur Burg Altena haben begonnen © Mark Son neborn / WAZ Fotopool | Mark Son neborn / WAZ Fotopool

Wenn sich schon Flughafen-Planungen nicht kalkulieren lassen, wie soll das mit einem einzigartigen Burg-Erlebnis-Aufzug funktionieren? Die Stadt Altena hat sich trotzdem an das schwer kalkulierbare Risiko gewagt. Im Rahmen der Südwestfalen-Regionale 2013 wird ein alter Luftschutz-Stollen zum Event-Tunnel verlängert. Fast 90 Meter tief unter der Burg sollen künftig jährlich mindestens 100 000 Touristen in den Lift steigen und 80 Meter höher auf den Burghof treten.
Ziemlich gewieft haben die Burgaufzug-Planer der Stadt aber einen Schlag ins Kontor weggesteckt: Als die Planer konkret rechneten, standen im Mai vergangenen Jahres plötzlich Gesamtkosten von 6,8 Millionen im Raum – statt der geplanten 5,7 Millionen. „Trick 19“ zur Finanzierung: Die Stadt überlässt den Aufzug-Betrieb einem Regiebetrieb, der die Mehrwertsteuer berechnen darf. Das entspricht zufällig fast genau den Mehrkosten. Letztlich zahlen natürlich die Besucher diese Mehrkosten mit dem späteren Fahrpreis.

Beim Blauen Haus in Arnsberg explodieren die Kosten

Beim „Blauen Haus“, einem denkmalgeschützten alten Fachwerkhaus in unmittelbarer Umgebung des Sauerlandmuseums in Arnsberg explodierten die Kosten während der Ausführung. Beim Beschluss zum Umbau im Februar 2010 war man von einem Kostenvolumen von 1,2 Mio. Euro ausgegangen. Nach Baubeginn hatte der Architekt Ende 2011 ein Risikopotenzial und drohende Mehrkosten angemeldet, wodurch die Investitionssumme auf 1,45 Millionen wuchs.

Beim
Beim "Blauen Haus" in Arnsberg explodieren die Baukosten. Foto: Ted Jones © WP Ted Jones | WP Ted Jones

Im September 2012 belief sich die voraussichtliche Kostenrechnung des Architekten dann auf 1,77 Mio. Euro. Der Architekt, der laut Kreisverwaltung als Koryphäe auf dem Gebiet Denkmalsanierung galt, machte vor allem nicht absehbare, aber unverzichtbare Arbeiten beim Innenfachwerk für die Kostensteigerung verantwortlich. Der Kreistag beschloss die zusätzlichen Mittel mit „Wut im Bauch“ und kritisierte das Projekt-Controlling der Kreisverwaltung.

Skandalöse Millionenbrücke in Holzwickede

Brücke in Holzwickede
Brücke in Holzwickede © Henryk Brock | Henryk Brock

Mit einer unerwarteten Kostenexplosion sehen sich die Holzwickeder Bürger konfrontiert. Eine neue Fußgängerbrücke ist aus immer noch nicht ganz geklärten Gründen mehr als viermal so teuer wie geplant geworden. Als die Politik sich im Juni 2005 für den Bau dieser Brücke entschied, sollte sie 833000 Euro kosten.
Nachträgliche Änderungen der Planung, nicht vorhergesehene Probleme und Schlamperei bei der Bauausführung, mangelnde Bauaufsicht und Kommunikation haben dazu geführt, dass das mittlerweile fertig gestellte Bauwerk schließlich rund 3,4 Millionen Euro kosten wird. Politisch brisant war diese Kostensteigerung zudem, weil die Verwaltungsspitze mehr als ein Jahr lang die politischen Gremien der Gemeinde über die wahren Kosten der Baumaßnahme im Unklaren gelassen hatte.

Das Dortmunder U in bundesweiten Schlagzeilen

Das Dortmunder U.
Das Dortmunder U. © WR/Franz Luthe | WR/Franz Luthe

Das Dortmunder U ist ein imposanter Bau, mit einer imposanten Kostensteigerung. Das mit Blick auf das Kulturhauptstadtjahr 2010 geschaffene Zentrum für Kunst und Kreativität, das in einem denkmalgeschützten ehemaligen Kellereihochhaus seinen Platz gefunden hat, schaffte es deshalb mehrfach in die bundesweiten Schlagzeilen: Wegen seines Profils, aber vor allem wegen der Kosten.
Immer wieder mussten Millionen nachgeschossen werden. Letztlich stiegen die Kosten für Umbau und Sanierung des Turms von 54,8 Millionen auf 83,3 Millionen Euro. Der Zeitdruck, um mit Blick aufs Kulturhauptstadtjahr noch entsprechende Fördergelder zu bekommen, hatte eine valide Planung unmöglich gemacht und die Kostenexplosion begründet. Auch bei den jährlichen Kosten ging es ähnlich zu. Im Jahr 2006 nahm man noch 3,6 Mio. Euro im Jahr an, nun sind es über 10 Millionen Euro für Betrieb, Miete und Instandhaltung – pro Jahr versteht sich.