Südwestfalen. Der Hagener Brauer Christian Vormann hält die Vorwürfe des Münchener Umweltinstituts für nicht stichhaltig. „Rückstände im Bier sind unvermeidlich“, sagt er. Alles sei reine Panikmache.

Immer wieder Bier. Schaumstabilisatoren, Nitrosamine und jetzt Glyphosat. Das Genuss- (und Rausch-) Mittel Bier, das dem deutschen Reinheitsgebot unterliegt, sorgt immer wieder für Aufmerksamkeit durch unerwünschte Inhaltsstoffe.

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„Ein Stoff der wahrscheinlich krebserregend ist, hat weder im Bier noch in unserem Körper etwas zu suchen“, schäumt das Umweltinstitut in München.

Alles Panikmache, soviel Bier trinken wie für eine Gesundheitsgefährdung durch das Herbizid notwendig sei, könne der Mensch gar nicht, sagen Brauwirtschaft und unabhängige Experten. Und schließlich sei Glyphosat auch im Brot enthalten. Was stimmt?

Krombacher, Veltins und Warsteiner auf Tauchstation

Die drei großen südwestfälischen Brauereien Krombacher, Veltins und Warsteiner sind auf Tauchstation gegangen, wollen sich nicht äußern und verweisen auf den Deutschen Brauerbund in Berlin. Dessen Sprecher Marc-Oliver Huhnholz sagt kurz und knapp: „Wir zweifeln das Prüfverfahren an.“

 Glyphosat werde als Unkrautvernichter seit Jahren in der Landwirtschaft eingesetzt und sei in vielen Lebensmitteln zu finden. Das Bundesamt für Risikobewertung sehe keinerlei Gesundheitsgefahren. Die Branche reagiert auch deshalb so empfindlich, weil der Bierdurst der Bundesbürger von Jahr zu Jahr zurückgeht - nicht zuletzt, weil die jüngere Generation andere Prioritäten setzt.

Dabei scheint die Ursache hoher Glyphosat-Anteile in Rohstoffen nicht in Deutschland zu liegen. Huhnholz zufolge darf das Herbizid hierzulande zur Vorernte-Behandlung von Braugerste nicht eingesetzt werden. Was den Schluss nahelegt, dass Biere mit viel Glyphosat einen hohen Anteil an Braugerste aus dem Ausland als Rohstoff zur Grundlage haben. Nach Angaben des Verbandes muss die Hälfte importiert werden.

So könnte es zu erklären sein, dass die vom Umweltinstitut gemessenen Glyphosat-Werte der drei südwestfälischen Brauereien durchaus unterschiedlich ausfallen. Krombacher weist 2,99 Mikrogramm pro Liter auf, Veltins 5,78 und Warsteiner 20,73 Mikrogramm.

Hasseröder mit Höchswert

„Selbst dann müssen Sie 1000 Liter am Tag trinken, um in gesundheitsgefährdende Bereiche zu kommen“, meint Huhnholz. Der Vorsorgewert von 0,1 Mikrogramm pro Liter, der für Trinkwasser gilt, dürfe nicht zum Vergleich herangezogen werden. Den niedrigsten Wert unter den getesteten Bieren weist Augustiner Hell mit 0,46 Mikrogramm auf, den höchsten Hasseröder mit 29,74.

Glyphosat-Anteil in der Braugerste von Region zu Region verschieden

Die unterschiedlichen Werte seien durchaus erklärbar, meint Christian Vormann, Inhaber der Hagener Vormann Brauerei. Der Glyphosat-Anteil in der Braugerste sei von Region zu Region verschieden - manches werde auch von benachbarten Feldern verweht.

Dem Brauexperten aus Hagen-Dahl, dessen Biere nicht in der Liste auftauchen, hält Glyphosat-Rückstände im Bier für unvermeidbar - es sei denn, weltweit würden keine Herbizide mehr auf die Felder aufgebracht. Auch er kennt wie die anderen Brauer die Glyphosatdiskussion schon lange und hielt die Menge im Bier eher für uninteressant, „weil man so viel Bier nicht auf einmal trinken kann, dass es gesundheitlich bedenklich wird.“

Vormann ärgert es gewaltig, dass von anderen Stoffen im Bier, die gefährlicher seien als Glyphosat, kaum die Rede ist: Alkohol zum Beispiel oder auch Glykol. Und ihn ärgert, dass da von einem Umweltverband eine Diskussion losgetreten werde zu einem Zeitpunkt, da innerhalb der EU über die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat gestritten wird. Das könne kein Zufall sein.

Das Umweltinstitut in München weist darauf hin, bei krebserregenden und hormonwirksamen Stoffen gebe es keine Untergrenze, unterhalb derer sie sicher seien. „Sie können selbst in kleinsten Mengen eine gesundheitsschädigende Wirkung entfalten“ heißt es in der Mitteilung. Es gebe keinen Grund, weshalb die Brauereien nicht alles unternehmen sollten, um ihren Kunden „diese zusätzliche Belastung zu ersparen.“ Gleichzeitig betont das Umweltinstitut, die Werte gäben nur die Belastung der jeweils untersuchten Charge wieder und erlaubten „keine generelle Aussage über die Belastung des Bieres einer bestimmten Marke.“

Keine Angst vor Konsum-Knick

Angst vor einem Konsum-Knick haben die Brau-Verantwortlichen dennoch nicht. „Wir gehen davon aus, dass die Verbraucher das als gesteuerte Kampagne durchschauen“, meint Huhnholz.