Hagen.. Die Hagenerin Katrin Helling-Plahr versucht sich an dem schwierigen Spagat, zugleich eine gute Mutter und eine gute Abgeordnete zu sein.
Der kleine Moritz ist inzwischen 19 Monate alt. Wir zeigen ihn nicht im Bild, weil seine Eltern das nicht wollen. „Er soll später selbst entscheiden, wo Bilder von ihm auftauchen“, sagt Katrin Helling-Plahr (32). Sie ist seine Mutter, und sie will Moritz nicht nutzen, um sich selbst zu vermarkten.: „Ich bin stolz auf ihn, aber ich glaube, für ihn ist es besser, Politisches und Privates strikt zu trennen.“
Ständiges Pendeln
Das geht natürlich nicht immer; schon gar nicht, wenn man eine gute Mutter und zugleich eine gute Abgeordnete sein will. Katrin Helling-Plahr, die im September für die FDP in den Bundestag eingezogen ist, versucht diesen Spagat.
Sie pendelt, vorzugsweise im Zug, zwischen ihrer Heimatstadt Hagen und der Hauptstadt Berlin, und ihr kleiner Moritz pendelt mit. „Ich möchte ihn bei mir haben, und mein Mann und ich sind uns einig, dass er frühestens einen Kindergarten besucht, wenn er zu sprechen gelernt hat. Das ist immer noch früh genug.“
Frauen als Volksvertreterinnen haben es, wenn sie Mütter sind, nicht leicht. Zwar gibt es im Reichstag einen Kindergarten, doch der nimmt bevorzugt Kinder von Mitarbeitern der Bundestagsverwaltung auf. Mandatsträgerinnen wie Katrin Helling-Plahr kommen nur zum Zuge, wenn Restplätze verfügbar sind. Außerdem existiert ein Spielezimmer, allerdings ohne Aufsicht, so dass man kleine Kinder auch hier nicht unterbringen kann. „Das System sieht offenbar nicht vor, dass eine Abgeordnete Mutter ist“, stellt Helling-Plahr fest.
Maximal 60 Sekunden
So oft es möglich ist, nimmt sie ihren Sohn mit ins Büro. Moritz hat sich mit den Mitarbeiterinnen von Mama angefreundet und durfte sogar an Sitzungen der Arbeitsgruppen Recht und Gesundheit, den Spezialgebieten von Helling-Plahr, sowie an einer Fraktionssitzung teilnehmen. „Meine Kollegen in der FDP kennen ihn alle“, berichtet sie und freut sich, dass der Kleine „noch nie geknatscht“ habe.
Zwar dürfen Parlamentarier ihre Kinder, solange diese das erste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ins Plenum mitnehmen. Aber wehe, die Kleinen sind älter. Dann dürfen sie Mama oder Papa nur noch bei namentlichen Abstimmungen mit Stimmkarte für maximal 60 Sekunden begleiten.
Bittere Erfahrung
Und so musste Katrin Helling-Plahr die bittere Erfahrung machen, von einem übereifrigen Saaldiener angeraunzt und zur Ordnung gerufen zu werden, weil sie den Plenarsaal – mit ihrem Sohn im Arm – drei Minuten zu früh betreten hatte.
Trotz solcher Widrigkeiten gelingt es der Politikerin aus Hagen, den Alltag mit Klein-Moritz zu bewältigen. Dabei hilft ihr Ehemann Alexander Plahr, der so oft es geht mit nach Berlin fährt und sich um den Jungen kümmert.
Wenn sie abends noch an Sitzungen teilnehmen muss, kehrt Katrin Helling-Plahr spätestens um 21 Uhr in die kleine Wohnung der Familie nahe des Regierungsviertels zurück, um Moritz ins Bett zu bringen. Und weil er noch nicht durchschläft, steht sie nachts auf, um ihn zu trösten und ein Schlaflied zu singen.
Überraschender Mandatsgewinn
Dass ihr Listenplatz bei der Wahl im September für den Einzug ins Parlament reichen würde, damit hatte die junge Mutter ja selbst nicht gerechnet: „Und wenn ich es gewusst hätte: Ich weiß nicht, ob ich mit Moritz kandidiert hätte.“
Aber im Nachhinein ist Katrin Helling-Plahr froh, dass alles so gekommen ist: „So habe ich mir vorher nicht zu viele Gedanken gemacht. Klar kann man alles immer noch perfekter machen, aber ich glaube, wir werden unserem Sohn auch so gerecht.“
Wenn die anderen Abgeordneten nachts an der Bar versacken, ist Katrin Helling-Plahr zu Hause bei ihrem Kind. Manchmal denkt sie darüber nach, ob das Pendlerleben auf ihn abgefärbt hat. Sein Lieblingsspielzeug ist ein Rollkoffer.