Südwestfalen.. Die Kommunen hoffen auf den Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt. Sie erwarten Entlastung bei Beschaffung von Wohnraum. Stimmungsbericht aus Südwestfalen.
Der Soester Bürgermeister Eckhard Ruthemeyer (CDU) ist ein besonnener Mensch. Es klingt Nachdenklichkeit aus seiner Stimme, als er von der Präsidiumssitzung des Städte- und Gemeindebundes NRW - dem kommunalen Spitzenverband steht der 54-Jährige als Präsident vor - berichtet.
Er hat erfahren, dass die für dieses Jahr prognostizierte Zahl der Asylbegehrenden in Deutschland wieder einmal deutlich nach oben korrigiert wird - auf 450.000, in NRW allein 80.000. „Angesichts des ungebremsten Zustroms ist die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern kein Wunschkonzert mehr“, sagt er, „es kann keine Barrieren mehr im Denken geben“.
Wo ist noch Platz für Flüchtlinge?
Die Unterbringungsproblematik in vielen Kommunen muss dringend entschärft werden. Aber wo findet man Wohnraum für Flüchtlinge? In Gewerbegebieten, wie es am Donnerstag NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) vorgeschlagen hat? Eckhard Ruthemeyer kann und will angesichts der weiter steigenden Flüchtlings- und Asylbewerberzahlen nichts mehr ausschließen.
Aber: „Gewerbegebiete und Turnhallen sollten die allerletzte Möglichkeit sein.“ Bevor es dazu komme, sollten anderen Optionen gezogen werden. Zum Beispiel? „Leer stehende Immobilien des Bundes und des Landes müssen Kommunen kostenlos zur Verfügung gestellt werden.“ Ralf Jäger hat im Innenausschuss des NRW-Landtages darauf hingewiesen, dass Städte und Gemeinden auf „ganz oder teilweise leerstehende“ Liegenschaften des Landes zurückgreifen könnten.
Am Freitag steigt der große Flüchtlingsgipfel im Bundeskanzleramt - ohne Vertreter von Kommunen. Dass sie nicht eingeladen wurden, stößt auch beim Soester Bürgermeister auf Unverständnis: „Diejenigen, die die Hauptlast tragen, haben keine Möglichkeit, ihre Situation zu erläutern.“
Soester Bürgermeister hofft auf mehr Geld vom Bund
Ruthemeyer hofft, dass nach dem Gipfel mehr Finanzmittel von Bund und Land in die Städte und Gemeinden fließen - am besten jeweils 500 Millionen Euro für 2015 und 2016. Und der Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW erwartet, dass beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mehr Personal zur Bearbeitung der Asylanträge eingestellt wird. „Es ist kein guter Zustand, wenn sich ein Berg von knapp 200 000 unerledigten Asylanträgen angehäuft hat.“
In Hagen hat sich Zahl der Flüchtlinge mehr als verdreifacht
Auch Hagens parteiloser Oberbürgermeister Erik O. Schulz erwartet vom Flüchtlingsgipfel bei Kanzlerin Merkel eine spürbare Entlastung der Kommunen. In Hagen sind derzeit 720 Flüchtlinge untergebracht - die Zahl hat sich in den vergangenen drei Jahren mehr als verdreifacht. In diesem Zeitraum stieg nach Stadtangaben der Zuschussbedarf für die Unterbringung um das Doppelte - auf 4,5 Millionen Euro. In dieser Summe sind die Personalkosten noch nicht enthalten. Vom Land werden 2015 Zuschüsse in Höhe von 2,7 Millionen Euro erwartet.
Hohe Erwartungen setzt auch Meschedes Bürgermeister Uli Hess (CDU) in den Flüchtlingsgipfel - und zwar: „klare Vorgaben zur monetären Ausstattung der Kommunen“. Von einer Unterbringung in Gewerbegebieten hält er wenig: „Ich bin für eine saubere Trennung von ausgewiesenen Gewerbe- und Wohngebieten.“ Man wolle Asylbegehrende „adäquat und menschenwürdig“ unterbringen, sagt Hess und nennt ein Beispiel für die Nachteile eines Gewerbegebietes: die fehlende Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr.
Um Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern geht es auch Mendens Bürgermeister Volker Fleige (SPD). „Unsere Philosophie ist, eine Ghettoisierung zu verhindern und eine Art Anschluss an die Gemeinde zu ermöglichen.“ Dafür sei eine Unterbringung in Gewerbegebieten am Ortsrand kontraproduktiv.
In Menden "ist alles gut organisiert"
In Menden habe man in Bezug auf die Flüchtlingsproblematik die Hausaufgaben gemacht, findet Fleige („es ist alles gut organisiert“). Das Problem: die Finanzierbarkeit. Also wünscht sich der Bürgermeister mehr Mittel von Bund und Land: „Es geht nicht an, dass wir Geld für diese Aufgaben woanders abzweigen müssen oder uns auf ehrenamtliche Hilfe konzentrieren.“