Hagen-Mitte..


Eine ansprechende Mischung aus Gottesdienst, musikhistorischer Fortbildung - „Der Übergang von Barock zu Frühklassik“ – und hochvirtuoser Orgelkunst prägte das Konzert am Sonntagnachmittag in der Kirche Am Widey.

Johann Ludwig Krebs (2013-1780), Bachs Lieblingsschüler („der einzige Krebs in meinem Bache“), repräsentierte den Hochbarock; er vereinigte die Praktiken des Kontrapunkts (Gleichberechtigung aller Stimmen) mit ausdrucksvoller Thematik. Seine E-Dur-Toccata eröffnete das Programm mit einem Solo-Tanz der Füße und Doppeltritten auf der farbenreich disponierten Beckerath-Orgel.

Nicht minder virtuos war das Praeludium f-Moll, das eine Spiegelfuge umrahmte; hier wurde das Thema in der Umkehrung verarbeitet. Die Fuge G-Dur verband barocke Gelehrsamkeit mit tänzerischer Anmut. Zwei Vorspiele interpretierten Choraltexte: in langsamen chromatischen Abwärtsbewegungen einen Passionschoral, mit lebhafter Begleitung der linken Hand zu Solo-Registrierung der rechten ein Lied mit freudiger Aussage.

Barocke Motive

Carl Philipp Emanuel Bach (1714 – 1788) löste sich vom väterlichen Vorbild und beschritt mit seinen Sonaten neue Wege: der unaufhaltsame Strom der barocken Motive löste sich auf in kleine, leicht nachsingbare Melodien mit untergeordneter Begleitung. Der Organist hielt sich nicht an historische Aufführungspraxis, sondern katapultierte seine Interpretation mit einer Spur Hektik konsequent in die Postmoderne. Das Allegro moderato der Sonate g-Moll Wq 70, 6 geriet so zum Presto.

Über seine Zuordnung dieses Satzes in Barocknähe kann man streiten: den wuchtigen synkopischen Akkorden des Anfangsthemas lässt sich nach klassischer Manier ein schnell springendes 2. Thema zuordnen. Die Anordnung einer zu improvisierenden Solokadenz vor Schluss des Adagios weist eindeutig auf klassische Praxis hin. Hier wirkte die sehr kurze Phrasierung der Bögen etwas löcherig. Im Allegro molto der Sonate D-Dur Wq 70, 5 konnte sich der Virtuose noch einmal austoben: ein Thema zum Mitsingen stand im Kontrast zu schnell springengenden luftig-leichten Passagen.

Pedalgebrauch gab Bodenhaftung. Ständiger Manualwechsel unterstrich die Gegensätzlichkeit der Motive. Dem getragenen Adagio in Moll folgte ein Allegro im synkopischen Rhythmus wie in der Sonate g-Moll, hier in übermütigem Staccato und von quirligen Triolen abgelöst.

Souveräne Spielpraxis

Die Zuhörer bewunderten über die souveräne Spielpraxis hinaus die Selbstverständlichkeit, mit der Voit von der Rolle des Lehrers in die des Virtuosen wechselte, unterhaltsam hier wie dort.