Hagen.

Was kostet mich der Zündfunke für meine Gastherme? Eine gute Frage, die sich offensichtlich nur schwierig beantworten lässt. Es ist vor allem eine Frage, die Menschen umtreibt, denen nicht viel Geld zum Leben zur Verfügung steht, die unter die Sozialgesetzgebung – Hartz IV – fallen.

Bei denen versucht die Stadt zu sparen. In Hagen geht die Verwaltung – einschließlich Oberbürgermeister und Sozialdezernent – bis heute davon aus, dass die Stromkosten für die Inbetriebnahme der Heizung unter die sogenannten Regelleistungen fallen. Von dem Geld müssen Betroffene unter anderem Lebensmittel, Kleidung, Körperpflege, Hausrat sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens bezahlen. Wie sie die Beträge splitten, können sie ein Stück weit selbst entscheiden. Anders ist es bei den Kosten der Unterkunft, darunter fallen Miete, Heizung und andere Nebenkosten.

11.000 Haushalte haben Anspruch

An die rund 11.000 Haushalte in Hagen haben Anspruch auf diese Zahlungen aus dem SGB II. Sie gehen zu Lasten der Stadt und belaufen sich auf 45 Millionen Euro im Jahr. Beim Jobcenter, das nach Weisungen der Verwaltung arbeitet, sitzt man nun zusammen, um bereits bundesweit angewandtes Recht eventuell auch in Hagen umzusetzen. Spät, finden auch Juristen.

„Nach gefestigter obergerichtlicher und höchstrichterlicher Rechtsprechung sind die Stromkosten für den Betrieb einer Heizungsanlage Bestandteil der in der konkret anfallenden Höhe zu erstattenden Kosten der Unterkunft“, meint Rechtsanwalt Matthias Pütz.

Stadt ignoriert Rechtsprechung

Die Stadt Hagen sieht das anders und ignoriert die höchstrichterliche Rechtsprechung. Welche Kosten auf die Stadt zukommen könnten ist ebenso problematisch abzuschätzen wie die Kosten, die die Betroffenen haben. Pütz schätzt den Mehraufwand für jeden Einzelnen „als finanziell erheblich ein“.

„Wenn wir die Notwendigkeit sehen, dann überarbeiten wir die Richtlinien“, begründet Peter Fiedler vom zuständigen Fachbereich Jugend und Soziales die bisher zögerliche Haltung der Stadt. „Höchstrichterliche Entscheidungen sind immer Einzelfallentscheidungen. Da fragen wir uns, sind sie überzeugend oder nicht?“ Einer dieser bundesweiten, zitierten Einzelfälle kommt aus Hagen. Dieser Leistungsberechtigte bekommt bereits die Kosten für die Inbetriebnahme seiner Gastherme erstattet. Andere noch nicht. Doch es gibt Hoffnung für alle: „Anfang 2012 wollen wir die Richtlinien angepasst haben.“

Stromkosten nicht seperat ausgewiesen

Knackpunkt bleibt weiterhin, die Höhe der Stromkosten zu ermitteln. In den Abrechnungen der Stromversorger sind sie nicht separat ausgewiesen. Mark-E kann nicht mit seriösen Zahlen dienen. „In Hagen gibt es insgesamt 34.000 Anlagen mit temperaturabhängigem Verbrauch“, sagt Karen Herrmann von Mark-E. Wie viele davon Verbraucher sind, die unters SGB-II fallen, ist nicht bekannt.

Ingrid Klatte von der Verbraucherzentrale verweist auf die hauseigenen Energieberater und das Projekt der Caritas zum Thema Stromcheck. „Außerdem sollte man versuchen, sich an den Hersteller der Gastherme zu wenden.“

Ansprüche rückwirkend geltend machen

Strittig ist ebenfalls, inwieweit rückwirkende Ansprüche geltend gemacht werden können. „Sei dem 1. April 2011 hat sich die nachträgliche Überprüfungsmöglichkeit insofern geändert, dass eine Überprüfung eines Bescheides nur innerhalb der Jahresfrist erfolgen kann“, drückt es Matthias Pütz korrekt aus.

Sollte im Jahre 2011 noch ein Antrag auf Überprüfung gestellt werden, so könnten nur noch Sachverhalte ab dem 1. Januar 2010 berücksichtigt werden. Eins steht allerdings bereits fest: „Die Nachweispflicht über die Höhe der anfallenden Kosten liegt beim Antragsteller“, so der Amtmann Peter Fiedler.