Breckerfeld.. Ghanim Askar ist mit seinen Geschwistern aus dem Irak geflohen. Weil er der Gesellschaft etwas zurückgeben möchte, ist er bei der Feuerwehr.


Er ist fast immer der Erste. Nicht, weil es so schnell ist. Obwohl Ghanim Askar die Strecke bis zur Feuerwache im Laufschritt zurücklegt. Er wohnt eben so nah dran an der Rettungswache wie kein anderes Mitglied des Löschzugs Breckerfeld der Freiwilligen Feuerwehr.

Die hat den jungen Familienvater, der mit seiner Frau, seiner Schwester und seinen Brüdern aus dem Irak geflüchtet ist, vor drei Monaten bei der Jahresdienstbesprechung offiziell als Anwärter zum Feuerwehrmann aufgenommen – ein ganz besonderer Tag im Leben des 30-Jährigen, der 2016 aus der Nähe von Mossul nach Deutschland gekommen ist. Erst nach Bergneustadt, jetzt nach Breckerfeld, wo die Familie eine Wohnung gefunden hat.

Jetzt will Ghanim Askar etwas zurückgeben. Er will dabei sein. Er will sich integrieren in jene Gesellschaft, in jenes Land, das ihm und seiner Familie, seinen Geschwistern Dakhil, Ismael, Khalid, Adnan und Sina, seiner Frau Hadia und seiner kleinen Tochter Nora vor einiger Zeit eine neue Perspektive gegeben hat.



Ghanim Askar (mit Löschzugführer Carsten Kolb)ist schon sehr vertraut mit der Ausrüstung
Ghanim Askar (mit Löschzugführer Carsten Kolb)ist schon sehr vertraut mit der Ausrüstung © Unbekannt | Jens Stubbe

Gemeinsam mit Renate Bergmann, die sich für das Forum Flüchtlinge in Breckerfeld engagiert, hat er überlegt, wie das gelingen kann. „Dann habe ich einen Termin bei der Freiwilligen Feuerwehr abgemacht, der Leiter, Andreas Bleck, hat mich zu einem Dienstabend abgeholt, und dann ich war dabei“, sagt Ghanim Askar und blickt zurück. „Beim ersten Mal haben wir geübt, wie wir möglichst schnell eine Leiter hochkommen. Ich hatte noch die normale Kleidung an, einen Helm auf und dann ging es los.“




Viele Abende sind seit jenem Tag im Spätsommer des letzten Jahres hinzugekommen. Ghanim Askar lernt Geräte kennen, eignet sich Techniken an und wird schließlich offiziell bei der Feuerwehr aufgenommen.

„Zum ersten Mal bin ich zu einem Kaminbrand mit rausgefahren“, erinnert sich Ghanim Askar noch, „meine Aufgabe war es, die Schläuche auszurollen. Ich habe eine Kette mit Wasser gekühlt, mit der ein Kamin gereinigt wurde. Und ich habe am Ende die Asche abgelöscht.“

Neue Kräfte braucht es dringend

Seither liegt der Piepser nachts neben dem Bett des Mannes, der seit einigen Monaten Vater der kleinen Nora ist, der bei der Firma Isserstedt in Hagen eine Ausbildung zum Lageristen macht und in Kursen an der Volkshochschule in Gevelsberg seine Deutschkenntnisse verbessert. „Dass meine Kameraden und ich uns verstehen, ist ja auch im Einsatz wichtig“, sagt Ghanim Askar.



Das weiß auch Zugführer Carsten Kolb, der den Neuen lobt: „Ghanim ist sehr engagiert. Er ist jemand, der sieht, wo man mit anpacken muss. Wir sind froh über neue Feuerwehrleute wie ihn. Und mit der Verständigung klappt es immer besser.“

Neue Feuerwehrleute wie Ghanim Askar braucht die Feuerwehr Breckerfeld dringend. „Allein bei uns im Löschzug sind drei Kameraden in die Ehrenabteilung gewechselt“, sagt Carsten Kolb, „fünf sind zuletzt aus Breckerfeld fortgezogen. Momentan haben wir noch 35 Aktive.“

Insbesondere die Tagesverfügbarkeit sorgt da immer wieder für Probleme. „Früher haben viel Kameraden bei den Handwerkern im Ort gearbeitet oder in Betrieben im Gewerbegebiet“, so Kolb weiter, „heute ist das anders. Viele pendeln zu ihren Arbeitsplätzen. Wenn dann ein Einsatz reinkommt, müssen wir gucken, wer überhaupt kommt. Das wird immer mehr zu einem Lotteriespiel.“

Und das Einsatzaufkommen steigt stetig. „Dabei reden wir ja nicht über aufsehenerregende Feuer“, sagt Carsten Kolb. „Die Tragehilfen, bei denen wir häufig ältere Personen aus verwinkelten Wohnungen bringen müssen, haben zugenommen. Hinzu kommen Einsätze an Unfallstellen – und wenn es auch nur eine Ölspur ist, die abgestreut werden muss.“

Bei all dem ist Ghanim Askar fortan dabei.