Hagen. Der Hagener Kulturdezernent Thomas Huyeng gibt im Interview in unserer „Gläsernen Redaktion“ die Hoffnung auf den Erhalt des beliebten Bürgertheaters an der Volme trotz dramatischer Sparzwänge nicht auf.

Die Euro-Krise macht Schlagzeilen, die Finanzkrise der Kommunen nicht. Dabei drohen hier in den nächsten Jahren unumkehrbare strukturelle Veränderungen. Das betrifft zuerst die Kultur. So weiß die überschuldete Stadt Hagen nicht, wie sie ihr über 100 Jahre altes Bürgertheater angesichts immer neuer Etatlöcher finanzieren soll. Hagens Kulturdezernent Thomas Huyeng stellt sich in der „Gläsernen Redaktion“ unseren Fragen zur Zukunft der beliebten Bühne.

Hagen hat das Musiktheater mit dem geringsten öffentlichen Zuschussbedarf und einer der besten Platzauslastungen in NRW. Dennoch zittert das Haus seit Jahren angesichts quälender Spardiskussionen um seine Zukunft. Gibt es 2016 noch ein eigenbespieltes Theater in Hagen?

Thomas Huyeng: Wir werden in der kommenden Ratssitzung eine wesentliche Entscheidung zur Zukunft des Theaters treffen: Wenn wir zu der Entscheidung kommen, das Theater in eine gGmbH umzuwandeln, dann würde ich Ihnen sagen können, dass wir unser Theater 2016 weiterbespielen können. Wir brauchen diese Rechtsformänderung, damit wir den finanziellen Gegebenheiten entsprechen können. Treffen wir jetzt nicht diese Entscheidung, kann ich Ihnen die Zukunft des Theaters bis 2016 und darüber hinaus in seiner heutigen Form nicht garantieren, ganz im Gegenteil.

Aber trotz der neuen Rechtsform werden weitere Sparforderungen auf das Theater zukommen?

Thomas Huyeng: Die Umwandlung in eine gGmbH wird die Probleme alleine nicht lösen. Ja, wir werden in den nächsten Jahren noch erhebliche finanzielle Probleme bekommen in unserer Stadt, weil längst beschlossene Sparpakete nicht so umgesetzt werden können wie geplant. Und dann wird man immer wieder darum kämpfen müssen, wie man das immer wieder neu für Kultur und Theater umgesetzt kriegt. Wir werden mit Sicherheit zu weiteren Einsparungen kommen, da wird es vielleicht auch schmerzliche Eingriffe geben. Die Finanzsituation dieser Stadt ist katastrophal. Und dann muss man sehen, wie weit man das noch treiben kann.

Das Theater hat in den vergangenen zehn Jahren bereits über 2 Millionen eingespart. Mit den neuen Sparbeschlüssen sind es dann 3 Millionen Euro. Mehr geht nicht.

Thomas Huyeng: Es geht. Es wird gehen. Das ist meine Aufgabe als Kulturdezernent. Wir müssen für den Erhalt der Kultur auch streiten, wir müssen für die Frage kämpfen: Welche Bedeutung hat Kultur in unserer Stadt.

Ist es nicht ehrlicher zuzugeben, dass man sich von Sparten trennen muss. Muss das Ballett dran glauben oder das Jugendtheater?

Thomas Huyeng: Fangen wir mal mit dem Kinder- und Jugendtheater an. Das wäre das letzte, wo ich dran gehen würde, denn es hat einen erheblichen Mehrwert für unsere Stadtgesellschaft. Dann das Ballett: Das Ballett ist doch direkt notwendig, um das Musiktheater zu bespielen. Es gibt ein Gutachten, das sehr genau dargestellt hat, welche Folgen eine Ballett-Schließung hätte. Wenn es nach mir geht, würde ich das Ballett auf jeden Fall erhalten, weil es wirtschaftlich einen Sinn macht und künstlerisch ohnehin.

Also haben wir jetzt das Kinder- und Jugendtheater gerettet und das Ballett gerettet, und das Orchester brauchen wir ohnehin. Denn ohne geht das Musiktheater ja nicht: Der Zustand, den wir jetzt haben, der ist unverzichtbar, aber das Theater muss weiter sparen?

Thomas Huyeng: Das ist ja das Problem. Das Angebot, das wir heute im Theater vorhalten, kann nur mit diesen Sparten funktionieren. Es sei denn, wir kommen zu dem Ergebnis und sagen: Nein, wir können dieses Angebot nicht mehr leisten.

Mithin alles oder gar nichts?

Thomas Huyeng: Oder Sie fangen irgendwann einmal an zu reduzieren. Wir wissen sehr genau, wie die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ist. Rein wirtschaftlich betrachtet, ist das Ballett eine sehr sinnvolle Ausgabe. Wir müssen unterm Strich immer alle dafür kämpfen, welche Bedeutung Kultur, das Theater, in dieser Stadt hat. Und da stehen wir in Konkurrenz zur Wirtschaftsförderung, zum Straßenbau und zu vielen anderen Dingen. Da muss die Bürgergesellschaft aufstehen und für das Theater eintreten.

Wie schätzen Sie die Bedeutung des Theaters Hagen ein?

Thomas Huyeng: Das Theater ist ein wesentlicher Teil der Kultur. Und Kultur ist wiederum ein wesentlicher Faktor für die Identifikation mit einer Stadt. Und seien wir doch einmal ehrlich: Wir haben in dieser Stadt auch ein Identifikationsproblem. Aber es ist nicht nur ein Theater für Hagen. Dieser Punkt ist sehr wichtig. Wir bedienen die Region. Deshalb brauchen wir letztlich eine andere Finanzierung des Theaters insgesamt. Weil wir Zentrumsfunktionen im Kulturbereich für die Region wahrnehmen, brauchen wir neue Regelungen zur Finanzierung der Kultur auch seitens des Landes. Ich würde mich freuen, wenn wir zu einer besseren regionalen Zusammenarbeit der Kommunen im Kulturbereich kommen können.