Hagen. Gegen die Fahrer des illegalen Rennens in Hagen mit fünf Schwerverletzten sind Haftbefehle erlassen worden. Behörden sehen “sehr dichte“ Beweislage.
Die Entwicklung kam auf den ersten Blick überraschend: Während am Freitag bei einer Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft noch vorsichtig die Rede davon war, dass nun sorgfältig der folgenschwere Unfall rekonstruiert werden müsse, wurden am Samstag Fakten geschaffen. Die Staatsanwaltschaft Hagen beantragte sowohl gegen einen 46-jährigen Hagener, der einen roten Skoda gefahren hatte, als auch gegen einen 33-jährigen Hagener, der einen schwarzen Audi gesteuert hatte, Haftbefehle. Und die Anklagebehörde hatte damit Erfolg: Der diensthabende Haftrichter am Amtsgericht Hagen erließ die Haftbefehle. Indes kämpfte der schwerverletzte Sechsjährige, der gemeinsam mit seiner Mutter und seiner Schwester in den Unfall verwickelt wurde, weiter um sein Leben: "Die Lage ist unverändert", sagte die Polizei am Sonntagmorgen im Gespräch mit unserer Redaktion.
Der Audi-Fahrer (33) wurde noch am Samstag festgenommen und kam sofort in Untersuchungshaft. Er war nach dem Unfall am späten Donnerstagabend auf der Freithstraße in Hagen zunächst geflüchtet, hatte sich dann aber nachts per Anwalt bei der Polizei gemeldet. Dem Skoda-Fahrer (46) wurde der Haftbefehl gegen ihn im Krankenhaus verkündet, vollstreckt wurde er aber noch nicht. Der Mann hatte sich bei dem Unfall selbst schwer verletzt, unter anderem hat er nach Informationen der WESTFALENPOST einen Beinbruch erlitten. Zwar war wohl kurzzeitig die Verlegung in das Justizkrankenhaus Fröndenberg erwogen worden, weil der Mann aber wegen seiner Verletzungen kaum fluchtfähig ist, wurde davon Abstand genommen.
Bei Verurteilung würden Freiheitsstrafen drohen
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Welche Entwicklung gab es von Freitag auf Samstag, die die Haftbefehle möglich gemacht hat? Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli, Sprecher der Hagener Behörde, sagt dazu im Gespräch mit der WESTFALENPOST: "Im Grunde ist nichts Neues passiert. Wir haben die bisherige Beweislage bewertet, unter anderem auch die Einlassung einer der beiden Beschuldigten." Daraus habe sich ergeben, dass die Verhängung von Freiheitsstrafen bei einer Verurteilung in Betracht kämen.
Ermittelt wird gegen die beiden Männer wegen Gefährdung des Straßenverkehrs, fahrlässiger Körperverletzung und - im Fall des 33-Jährigen- wegen Unfallflucht. Allein für die Straßenverkehrsgefährdung sieht das Strafgesetzbuch im Paragraph 315 c Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren vor. Der Skoda-Fahrer hat nach Informationen der WESTFALENPOST bislang keine Aussage gemacht. Der zunächst flüchtige Audi-Fahrer hat sich dagegen wohl gegenüber den Ermittlern eingelassen.
Polizei und Staatsanwaltschaft haben indes keinen Zweifel daran, dass sich die beiden Männer auf der Feithstraße tatsächlich ein Rennen mit erheblich überhöhter Geschwindigkeit geliefert haben. Bislang gehen die Ermittler davon aus, dass es mindestens 100 Stundenkilometer waren - erlaubt sind dort nur 50 km/h. Es bleibt bei der Einschätzung von Freitag, dass die Beweislage auch durch viele belastbare Zeugenaussagen sehr dicht ist.
Rennen mindestens ab Hügelstraße in Boele
Das Rennen hatte nach Zeugenaussagen wohl mindestens ab der Hügelstraße in Boele stattgefunden. In Höhe der Einfahrt zur Fernuniversiät Hagen mussten beide Raser einer 76-Jährigen ausweichen, die dort mit ihrem Smart aus einer Parkbucht auf die Straße fahren wollte. Der rote Skoda prallte im Gegenverkehr mit einem Ford Focus zusammen, in dem eine 37-jährige Hagenerin mit ihrem Sohn (6) und ihrer Tochter (11) unterwegs war. Durch die Wucht des Aufpralls wurde der Focus gegen einen daneben fahrenden Renault geschleudert. Der kippte um und blieb auf der Seite liegen. Der Audi-Fahrer floh dagegen .
Fünf Schwerverletzte blieben am Unfallort zurück: die Familie aus dem Ford Focus, der Renault-Fahrer (30) und auch der Unfallverursacher (46) aus dem Skoda. Am schlimmsten getroffen hatte es aber den sechsjährigen Jungen, der mit einem Rettungshubschrauber in eine Spezialklinik nach Bochum geflogen werden musste. Der Unfall hatte in der Hagener Bevölkerung, aber auch in der gesamten Republik, für große Empörung gesorgt. In vielen Reaktionen, unter anderem auf der Facebookseite der WESTFALENPOST Hagen, war großes Unverständnis laut geworden, dass die beiden Männer zunächst auf freiem Fuß geblieben waren.