Hohenlimburg.. Die Stadtredaktion hatte einen bitteren Bericht über die Wahrnehmung der Volme veröffentlicht. Jetzt blickt Redakteur Mike Fiebig auf die Lenne.
Vor einer Woche erschien in unserer Lokalausgabe der Artikel „Der verschmähte Fluss“ unseres Tauschreporters Kurt Heidingsfelder. Ein erschreckendes Fluss-Porträt zeichnete er. Das bittere Ergebnis: Hagen hat seine Volme in der Innenstadt vergessen. Verbaut, verdreckt, versteckt, verkannt und vergeben. Heute mache ich den Kurt. Und zwar in Hohenlimburg, wo die Lenne ebenfalls durch das Herz des Ortes fließt. Ein Vergleich durch meine Augen. Und eine Rückkehr in die Redaktion voller Erstaunen.
Eineinhalb Stunden. Norwich-Brücke bis zur Brücke, die Winkelmannweg und die Färberstraße hinter Bilstein verbindet. Ich gehe an beiden Seiten des Flusses. Und ich werde – obwohl ich Ur-Hagener bin – in mir unbekannten und wunderschönen Ecken gleich mehrfach hinten überkippen.
Alles fängt schon damit an, dass man dem Fluss in Hohenlimburg einst eine Promenade geschenkt hat. Ein aufgeschütteter und gepflasterter Hang mit Aussichtsplattformen aus Beton. Nicht der allertollste Schick, aber aufwertend und ein Flusserlebnis bietend. Ich flaniere von der Norwich- bis zur Stennertbrücke. Sonnenschein, funkelnde Wasseroberfläche, Raum für Fußgänger. Ja, an der Iserlohner Straße dröhnt der Lasterverkehr. Das ist von meinem Standpunkt aus aber baulich super getrennt. Nicht auf Kosten des Flusses, so wie in der Hagener City. Gefühlt hat die Lenne hier Vorfahrt.
Der vermutlich schönste Weg, den ich je und zum ersten Mal in Hohenlimburg gegangen bin, ist der Pfad hinter dem Richard-Römer-Lennebad. Zu meiner Linken eine saftige, grüne Lenne-Aue, über mir ranken sich Rosen um geständerte Holzpfähle. Ein Hochbeet, zu dem man heute Urban-Gardening sagt, gepflanzte Eichen der Pfadfinderstämme, ein Ehepaar flaniert ohne Worte – purer Genuss. Keine Bebauung, keine Highlight-Treppen, auf denen Konzerte stattfinden könnten, nichts Außergewöhnliches, nicht Futuristisches. Nur die Natur, der Fluss, das Rauschen.
Die Haltung zum Wasser
Ja, er ist einerseits höllisch unfair, dieser Vergleich zwischen der Hagener City und der Hohenlimburger Innenstadt. Dennoch: An beiden Punkten kann man erkennen, welche langfristigen Folgen eine bauliche Haltung zu einem Fluss haben kann. In Hohenlimburg verstehen sie sich als Stadt an der Lenne. Niemand in Hagen fühlt und sagt, dass er ein Volmestädter sei.
Ja, in der Hagener City leben 80.000 Menschen. Mehr als dreimal so viele wie in Hohenlimburg. Das hat für mich aber nichts damit zu tun, dass ich bei meinem kompletten Lenne-Rundgang in Hohenlimburg keinen einzigen Fitzel Müll gefunden haben. Für mich ist hier gerade klar: Weil die Hohenlimburger ihren Fluss sehen, fühlen, erleben und wertschätzen, halten sie ihn auch gepflegt.
Hinter Bilstein auf dem Fußweg zurück Richtung Innenstadt habe ich sogar die Möglichkeit, den Fluss zu berühren. Hand ins kalte Lenne-Wasser. Herrlich belebend. Mittagspäusler schauen mir zu. Anzugträger und Blaumänner. Und immer wieder begegnen einem am Wegesrand Erklärtafeln und Symbole, die auf die Geschichte Hohenlimburgs hinweisen. Früher und heute – alles hier am Fluss.
Was muss geschehen, damit die Volme in Hagen eine ähnlich tolle Wirkung erzielen kann wie die Lenne in Hohenlimburg. Der erste Schritt ist: Man muss es baulich wollen. Sind wir wirklich die Stadt der vier Flüsse? Ist das ein für uns überragendes Merkmal? In Hohenlimburg spürt man, dass es so ist. In der City nullkommanull.
Zurück in die Redaktion. Sie hat Lenne-Blick. Die Nutrias werkeln an ihrem Bau, der Lasterverkehr donnert drei Meter höher über die Straße. Ein Fluss nah am Leben.