Fröndenberg: Aus einer Namenstagfeier wird die Fliegenkirmes
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Fröndenberg. Am dritten Wochenende im September findet in Fröndenberg wieder die Fliegenkirmes statt. Es wird „Gemütlich, familiär und schön“.
Wenn von Freitag bis Montag, 13. bis 16. September, wieder die Fröndenberger Fliegenkirmes mit ihren modernen Fahrgeschäften die Menschen in den Himmelmannpark lockt, stehen der Spaß und die gute Laune im Vordergrund. Die Entstehung dieses Vergnügens geht allerdings weit zurück bis in die Zeit des ehemalige Zisterzienserinnenkloster und das daraus ab Ende des 15. Jahrhunderts entstehende adlige Damenstift. Da keine Gründungsurkunde überliefert und auch kein Weihedatum der um 1290 fertig gestellten Klosterkirche bekannt war, wurde sich vor Ort mit einer Feier am Namenstag des Kirchenpatrons beholfen.
Bereits im 17. Jahrhundert ist davon die Rede, dass am Tag des Heiligen Mauritius, dem erwähnten Schutzpatron, am 22. September die Äbtissin durch ihre beiden Pförtner das Standgeld von den Markthändlern einziehen ließ. An diesem Tag und am Vorabend wurden Stiftskapitel, Stiftsbeamte und Bedienstete von der Äbtissin frei bewirtet.
Später verlagerte sich das Geschehen in den Ortskern, nach und nach verlor das Fest seinen religiösen Charakter und aus dem Fest zu Ehren des Patrons wurde eine reine Volksbelustigung und nebenbei entwickelte sich ein Viehmarkt.
Ein kleiner Fleck, ganz wüst und gar nicht eingefriedet
Einer Akte der Dortmunder Domänendirektion von 1815 ist zu entnehmen, dass auf einem nicht näher bezeichneten Stück Land, einem „kleinen Fleck, ganz wüst und gar nicht eingefriedigt an der Landstraße“ seit „undenklicher Zeit“ die Fröndenberger Kirchmesse stattfände. Anzunehmen ist ein Grundstück an der Ardeyer Straße oder am späteren Marktplatz südlich der ehemaligen Stiftseinfriedung.
Traditionell fand die Kirmes vor dem 1. Weltkrieg am Dienstag und Mittwoch der Septemberwoche statt, in die der 22. fiel. An diesen beiden Tagen ruhte der Fabrikbetrieb und für das Personal in Geschäften und Haushaltungen waren diese Feiertage sogar in den Arbeits- und Dienstverträgen gesondert aufgeführt.
Ungeklärt ist bis heute der Ursprung des Namens „Fliegenkirmes“. Stadtarchivar Jochen von Nathusius erscheint die Erklärung, dass die Kirmes im Spätsommer bis Frühherbst stattfindet, wenn die Fliegen letztmalig unterwegs sind und noch mal ausgelassen umhersummen, am wahrscheinlichsten. Auch am Niederrhein, an der Weser und anderen Gegenden Deutschlands gibt es die Fliegenkirmes. In Bochum-Stiepel etwa ist die Tradition älter als 1.000 Jahre.
Tag 3: Die besten Bilder der Pfingstkirmes - Montag
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1906 endete abrupt die lange Tradition des Fröndenberger Volksvergnügens, da der Gemeinderat am 1. Oktober die Aufhebung beschloss, über die Gründe kann nur gerätselt werden. Waren es moralische oder eher wirtschaftliche Überlegungen der Ratsvertreter? Alle Versuche, in den Folgejahren die Kirmes wieder jedes Jahr stattfinden zu lassen, scheiterte am Veto des Gemeinderates.
Erst im Dezember 1933 wurde beschlossen, die Kirmes wieder alljährlich ab 1934 am Sonntag und Montag stattfinden zu lassen. Der Westfälische Anzeiger berichtete ausführlich in seiner Ausgabe vom 21. September 1934 über den Erfolg der Kirmes, die auf dem alten Sportplatz, heute Alleestraße, stattfand. Alle angebotenen 25 Stück Großvieh wurden verkauft, ebenso 90 Schweine, Ziegen und Schafe. In bester Qualität wurden 30 bis 34 Pfennige pro Pfund Lebendgewicht als Verkaufserlös erzielt. Hochtragende Rinder brachten 270 bis 300 Mark. Die Kirmes 1939 fiel dann bereits dem Weltkrieg zum Opfer.
Kuriositäten wie eine Boxbude oder die „Reise zum Mond“
Zaghaft waren die Versuche, nach dem 2.Weltkrieg wieder eine Kirmes in Gang zu bringen. 1949 beschränkte sich der Betrieb auf eine Bude und ein Karussell auf dem Garagenplatz des Hotels Wildschütz. In den 1950er-Jahren ging es dann parallel zum Wirtschaftswunder wieder steil aufwärts und Kuriositäten wie eine Boxbude im Garten des Markgrafen oder eine „Reise zum Mond“ vor dem Kriegerehrenmal auf dem Marktplatz bereicherten neben Irrgärten, Gruselkabinetten und bald den ersten Autoscootern das Geschehen.
Der ständig wachsende Individualverkehr und die damit einhergehende Schwierigkeit, den Verkehr während der Kirmestage umzuleiten, führte zu der Maßnahme, die Durchgangsstraßen offen zu halten, was dem Kirmesbetrieb sehr schadete, größeren Fahrbetrieben die Stellmöglichkeit nahm und Fröndenberg dadurch an Attraktivität für die Schausteller verlor.
Auch waren die Bürger nicht mehr alleine auf das Angebot innerhalb der Stadtgrenzen angewiesen, es gab starke und attraktivere Konkurrenz, etwa die Cranger Kirmes oder sogar mit der Mendener Pfingstkirmes in nächster Nähe. Trotzdem hat sich die Fliegenkirmes in Fröndenberg gehalten und mit ihrem Standort jetzt im Himmelmannpark ein attraktives Ambiente erhalten. Wenn das Wetter mitspielt, heißt es also demnächst wieder für vier Tage: „Gemütlich, familiär und schön.“ Mehr zum Ablauf in einer der nächsten WP-Ausgaben.
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