Schwelm. Husten, Würgen, Erbrechen: Der Keuchhusten breitet sich aktuell im Ennepe-Ruhr-Kreis aus – Amtsärztin Dr. Susanne Klinke Rehbein warnt im Interview.

Wochenlang starke Hustenanfälle, oftmals verbunden mit Keuchen, Würgen bis hin zum Erbrechen: Die Fälle von Keuchhusten häufen sich derzeit im Ennepe-Ruhr-Kreis. Amtsärztin Dr. Sabine Klinke-Rehbein erklärt im Interview, was bei Verdacht auf Keuchhusten zu tun ist und wie man sich und andere vor der Krankheit schützen kann.

Stecken sich derzeit außergewöhnlich viele Menschen mit Keuchhusten an?

Dr. Sabine Klinke-Rehbein: Im Vergleich zu den Jahren 2020 bis 2023 sind die Fallzahlen 2024 deutlich gestiegen. Bis Ende Juli gab es in NRW 1826 Fälle, im selben Zeitraum des Jahres 2023 nur 197. Im Ennepe-Ruhr-Kreis sind es 33 Fälle im Vergleich zu drei Fällen im Vorjahreszeitraum. Vor der Corona-Pandemie waren die Zahlen aber auf einem ähnlichen Niveau wie jetzt aktuell.





Dr. Sabine Klinke-Rehbein, Amtsärztin des Ennepe-Ruhr-Kreises.

Foto: Ennepe-Ruhr-Kreis
 

 
Dr. Sabine Klinke-Rehbein, Amtsärztin des Ennepe-Ruhr-Kreises. Foto: Ennepe-Ruhr-Kreis    

Warum steigen die Fallzahlen wieder an?

Während der Pandemie konnte sich der Erreger, das Bakterium Bordetella pertussis, wegen der Infektionsschutzmaßnahmen weniger gut ausbreiten. Dadurch ist allerdings auch die Immunität der Bevölkerung gesunken. Das ist auch bei anderen Infektionskrankheiten wie beispielsweise RSV zu beobachten. Neben den Pandemieeffekten führen fehlende Impfungen und Auffrischungsimpfungen bei den Leuten zu den aktuell steigenden Fallzahlen.

Ein Arzt impft ein Kind. Säuglinge sollten im Alter von 2, 4 und 11 Monaten geimpft werden.
Ein Arzt impft ein Kind. Säuglinge sollten im Alter von 2, 4 und 11 Monaten geimpft werden. © dpa | Julian Stratenschulte

Für wen sind Impfungen gegen Keuchhusten empfohlen?

Säuglinge sollten im Alter von zwei, vier und elf Monaten geimpft werden. Auffrischungen sind dann im Alter von fünf bis sechs Jahren sowie neun bis 16 Jahren fällig. Allen Erwachsenen wird mit der nächsten Auffrischung gegen Tetanus und Diphterie auch einmalig eine Auffrischungsimpfung gegen Keuchhusten empfohlen. Bestimmte Berufsgruppen wie medizinisches Personal oder Amngestellte in Gemeinschaftseinrichtungen sollten die Immunisierung alle zehn Jahre erneuern. Und Schwangere sollten sich impfen lassen, um ihr Baby zu schützen, bis es selbst geimpft werden kann. Allerdings gilt für die Keuchhusten-Impfungen wie für andere Impfungen auch: Ein 100-prozentiger Impfschutz ist nicht gegeben.

Ist eine Erkrankung gefährlich?

Typische Symptome sind Husten und Hustenanfälle über Wochen, hinzu kommt das Keuchen. Die Anfälle können so stark sein, dass sie zu Würgen und Erbrechen führen. Die Erkrankung verläuft dabei über drei Stadien: zunächst ein bis zwei Wochen lang erkältungsähnliche Symptome, dann vier bis sechs Wochen heftiger Husten und Hustenanfälle, schließlich allmähliches Abklingen über sechs bis zehn Wochen. Riskant ist die Erkrankung vor allem für Säuglinge. Sie haben häufig keinen Husten, sondern Atemaussetzer und müssen im Krankenhaus behandelt werden. Wer hustet, sollte deshalb den Kontakt mit Säuglingen vermeiden. Denn Keuchhusten ist hochansteckend und wird per Tröpfcheninfektion beim Husten, Niesen und Sprechen übertragen.

Was soll man tun, wenn man die typischen Symptome hat?

Wer anhaltenden Husten und Hustenattacken hat, sollte an Keuchhusten denken und dies mit der Hausarztpraxis besprechen, so dass eine gezielte Diagnostik möglich ist. Weil es sich um eine bakterielle Infektion handelt, kann antibiotisch behandelt werden. Geschieht dies früh – in den ersten ein bis zwei Wochen ab Beginn des Hustens – kann die Behandlung Dauer und Heftigkeit der Hustenattacken beeinflussen. Weil die Diagnose häufig erst spät gestellt wird, ändert die antibiotische Therapie häufig nicht mehr den Verlauf, kann aber die Ansteckung weiterer Personen verhindern.