Schwelm. Pandemie lässt immer mehr Frauen an Abtreibung denken. Pro Familia zieht Jahresbilanz: Kurse fallen aus, Einschränkungen bei Sexualpädagogik.
Im Ibach-Haus an der Wilhelmstraße ist die Liebe zu Hause. Hier gibt es in Komödien beim Leo-Theater oft in lustiger Weise vieles über die Liebe zu sehen und zu hören. Ebenfalls im Ibach-Haus ist in guter Nachbarschaft die Pro Familia-Beratungsstelle für den südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis tätig. Hier sind die Themen aus dem wirklichen Leben der Menschen: Sexualität und Partnerschaft, Schwangerschaft und Familienplanung, Sexualpädagogik und Aufklärung.
Kizz EN-Südkreis, die Kinder- und Jugendschutzambulanz gegen sexualisierte und häusliche Gewalt zählt ebenfalls zu Pro Familia. Alle dort beschäftigten Menschen stehen unter Schweigepflicht. Jetzt legte Pro Familia den Jahresbericht 2020 vor.
Kizz EN-Südkreis erstellte einen eigenen Bericht.„Die Corona-Pandemie – eine Herausforderung für uns und unsere Klient:innen!“ heißt es im Vorwort. Sofort wird klargestellt: „Uns war wichtig, dass keine Frau im Bereich des Schwangerschaftskonfliktes und in Krisensituationen von uns im Stich gelassen wurde und gleichzeitig ein guter Gesundheitsschutz für Klientinnen und Mitarbeitende gewährleistet wird.“ Festgestellt haben die Fachfrauen von Pro Familia: „Die Herausforderungen in dieser Zeit sind vielfältig, von ständigen Veränderungen und Anpassungen betroffen und gerade für Schwangere nicht immer leicht.“
Bündel an Problemlagen
Die Schwangerschaftskonfliktberatungen seien teilweise zeitintensiver gewesen, zum Beispiel bei mangelnder digitaler Ausstattung der Klientinnen. „Männer konnten Frauen bei Eingriffen nicht begleiten“, ist im Jahresbericht vermerkt, ebenso, dass eingescannte Beratungsbescheinigungen in Einzelfällen nicht von den abbrechenden Ärzten akzeptiert wurden. Der Schwangerschaftskonflikt sei oft ein Bündel an Problemlagen. Corona verstärke dies, die Erschöpfung werde größer. „Hinzu kommen finanzielle Sorgen durch Kurzarbeit oder Nichtverlängerung der Arbeitsverträge“, ist zu lesen.
Schwierig geworden durch Corona sei auch die Situation von Schwangeren. Kurse rund um die Schwangerschaft und für die Geburtsvorbereitung seien ausgefallen. Aufgeführt im Bericht wird auch, dass Partner, Partnerinnen oder andere Begleitpersonen bei Geburten nicht dabei sein durften. Das sei von vielen Frauen als sehr belastend empfunden worden. Hingewiesen wird auch auf den Kontaktverbot zu Großeltern. Dies führe zu eingeschränktem familiären Rückhalt und einer fehlenden „mütterlichen Matrix“ für die Schwangeren und jungen Mütter.
Seit April 2020 finde pandemiebedingt die Beratung durch die Fachärztin zu Fragen der Frauengesundheit, Kinderwunsch und Sexualität sowie bei seelisch belastenden Schwangerschaften im Rahmen einer datensicheren Videosprechstunde statt. Stark nachgefragt sei der Verhütungsmittelfond des Ennepe-Ruhr-Kreises. Im Jahr 2020 wurden für insgesamt 52 Frauen 8137,34 Euro bewilligt.
Durch die Pandemie sei es zu Einschränkungen im Bereich Sexualpädagogik/ Youthwork gekommen. Dennoch habe man auf das Jahr verteilt 41 Präsenzveranstaltungen mit den erforderlichen Hygienemaßnahmen durchführen können. Auch Telefonsprechstunden und Onlineangebote gab und gebe es. Auf Instagram heiße es: „Liebe, Lust, Sex“. Pro Familia hofft, 2021 wieder Informationsveranstaltungen für werdende Eltern zu sozialrechtlichen Themen anbieten zu können, ebenso für Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch und ein Gruppenangebot für Mütter mit Babys und Kleinkindern.