Schwelm/Gevelsberg/Ennepetal. Das berichten die Teilnehmer der Hilfskonvois aus Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal. Die meisten kamen ohne Flüchtlinge zurück.
Ein Konvoi nach dem anderen rollt von Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal nach Polen, um den Menschen, die aus der Ukraine dorthin flüchten, Nahrung, Medikamente, Verbandszeug und wenn möglich Sicherheitsausrüstung zu bringen. Helfer auf den unterschiedlichen Etappen berichten von ihren Eindrücken an der Grenze, von emotionalen Begegnungen und davon, dass die Frauen und Kinder aus der Ukraine nicht einfach in Autos steigen, um damit nach Deutschland zu fahren.
Omar Rahim, Geschäftsführer der EN-Baskets Schwelm, war mit dem ehemaligen ukrainischen Spieler Igor Pinschuk direkt an der Grenze. „Wir haben unsere Hilfsgüter abgeliefert und hatten im Vorfeld geklärt, dass wir noch Menschen mitnehmen konnten“, sagt Rahim. Auf dem Rückweg brachten sie Leute nach Hannover, Herford und Dortmund, die dort bei Familien und Freunden untergekommen sind.
Ohne Kriegsflüchtlinge sind die Gevelsberger um Harald Zimmermann vom gleichnamigen Fliesenhandel auf dem Rückweg. Ohne große Werbung hatten sie vier Fahrzeuge mit Medikamenten und Nahrung beladen, sich zur ukrainischen Grenze aufgemacht, haben dort die Wagen entladen und sind mit den Menschen vor Ort ins Gespräch gekommen. „Vor Ort wurden wir nach schusssicheren Westen gefragt, auch Medikamente und Verbandsmaterialien sind notwendig“, erzählt Peter Gromm, der einen der Wagen aus Gevelsberg nach Polen gesteuert hat.
Quartiere bleiben vorerst leer
Sie hatten sogar bereits Quartiere in Gevelsberg besorgt, um Menschen mit hierher zu nehmen und ihnen Obdach zu geben. „Doch die Frauen und Kinder dort wollen so nah wie möglich bei ihren Männern und Vätern bleiben“, sagt Peter Gromm. Zudem machen an der Grenze Gerüchte die Runde, es kämen Männer, die hübsche Frauen einladen wollen, um sie zur Prostitution zu zwingen, was die Skepsis, in fremde Wagen zu steigen noch erhöht.
Gar nicht bis zur Grenze gefahren ist eine Truppe vom TuS Ennepetal. Sie sind bereits wieder zurück und Jan Schulte berichtet: „Mit fünf Kleinbussen sind wir Richtung Elk gefahren. Das ist eine mittelgroße Stadt in Masuren. Da lebt unser ehemaliger TuS-Torjäger Radek Dorsch (früher: Dorszewski). Der hatte uns um Hilfe gebeten, weil in Elk täglich um die 100 Geflüchtete aus der Ukraine ankommen.“
Die Ennepetaler wurden mit einem Strahlen empfangen. Polnische und ukrainische Helfer haben die fünf Busse innerhalb einer halben Stunde komplett leergeräumt. „Das ging zack-zack, ohne langes Schnacken. Richtig gut! Die Dankbarkeit der Menschen war, trotz unterschiedlicher Sprachen und dementsprechender Barrieren, wirklich zu spüren“, sagt Jan Schulte und weiter: „Auf dem Weg nach Elk haben wir viele Militärkonvois gesehen. In der Nähe von Elk liegt eine NATO-Basis, da fuhren teilweise sicher kilometerlange Lkw-Schlangen an uns vorbei. Da hat man gemerkt: Es ist Krieg. Mitten in Europa. Und alle sind nervös, was vielleicht noch passiert. Unser Angebot, Geflüchtete mit in den EN-Kreis zu nehmen, war nicht sonderlich interessant für die Menschen in Elk. Sie wollen in der Nähe der Ukraine ausharren.“
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Für die TuS-Helfer steht fest: Jede Portion Nudeln macht satt. Und jede Flasche Deodorant hilft den Menschen dabei, sich auch auf der Flucht so zu fühlen, dass sie etwas wert sind. Alle sind müde, erschöpft, aber auch stolz, dass sie so schnell so viel tun konnten. Innerhalb von vier Tagen haben sie 170 Lkw-Paletten an Spenden sortiert, verpackt und disponiert. Es fahren mehrere 40-Tonner nach Polen und bringen den letzten Schwung dorthin.
Plötzlich wächst Aktion immer weiter
Und der nächste Konvoi – diesmal mehr als zehn Lieferwagen aus Schwelm sind schon auf dem Weg ebenfalls zu Radek Dorsch. „Ich wollte eigentlich nur zwei Kollegen helfen, ihre Privatwagen mit Hilfsgütern zu füllen“, erinnert sich Susanne Scheckermann an das, was vor wenigen Tagen seinen Anfang nahm. Über ihren Whatsapp-Status machte sie etwas Werbung, wenig später war bereits klar: So viele Hilfsgüter, so viel Geld – das wird eine große Sache. „Ich hatte schon mehrere Tage nach dem Hochwasser im Ahrtal geholfen, und wusste genau, dass vor allem eine gute Sortierung und Beschriftung der Hilfsgüter wichtig ist, um vor Ort Chaos zu vermeiden“, sagt die Schwelmerin am Telefon, während sie durch Polen fährt.
„Ich habe von dem Kontakt des TuS Ennepetal in der Zeitung gelesen, so habe ich mich auch darum gekümmert“, sagt sie, die riesige Hilfe von Freunden, Bekannten aber auch wildfremden Menschen erhielt, die ihr Geld und Hilfsgüter anvertrauten. Im Gepäck haben sie Lebensmittel, die schnell Energie geben wie Müsliriegel, Hygieneartikel, Medikamente. „Gern hätten wir auch ein Breitband-Antibiotikum mitgebracht, aber das war nicht möglich“, sagt sie.
Vielleicht ist dieses ja bei einem dem nächsten Konvois aus Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal an Bord.