Schwelm. Die Sanierung der Immobilie ruht seit über einem Jahr. Jetzt gibt es einen neuen Investor, der das Gebäude kaufen möchte.
Der Bahnhof in Schwelm ist weiterhin ein Sorgenkind für die Stadt und kein schöner Anblick für die Bürger. Zwar gab es bereits vor gut einem Jahr einen Wechsel in der Eigentümerstruktur, jedoch hat dies die Situation an der Dauerbaustelle keineswegs verbessert. Statt der „Aedificia Bahnhofempfangsgebäude Schwelm KG“ mit Sitz in Frankfurt hat zwar nun die „Bahnhof Schwelm KG“ aus Wuppertal dort das Sagen, die Sachlage ist jedoch die Gleiche wie im November 2019. Seitdem ruhen die Arbeiten, die Eigentümer sind auch für die Stadt Schwelm nicht zu sprechen.
Im Januar 2020 hatte der geschäftsführende Gesellschafter Gerhard Otto gegenüber unserer Zeitung versprochen, das Projekt zum 31. Dezember 2020 fertig zu stellen. „Wir sind als Wuppertaler Unternehmen nah an Schwelm dran und werden die Sanierungsarbeiten zu einem guten Abschluss führen“, so Gerhard Otto damals gegenüber dieser Zeitung. Weiterhin sollte die nach drei Jahren ausgelaufene Baugenehmigung wieder beantragt werden und die Bauarbeiten sollten zum 1. März 2020 erneut starten.
Nicht von alledem ist eingetreten. Die Baugenehmigung gibt es immer noch nicht, die Baustelle ruht weiterhin. Schwelm Beigeordneter Ralf Schweinsberg zeigte sich bereits damals wenig optimistisch über das Handeln auch der neuen Investoren. „Politik und Verwaltung haben jegliches Vertrauen in die dort gemachten Aussagen verloren.“ Heute zeigt sich, dass der Erste Beigeordnete der Stadt Schwelm mit seinen Befürchtungen Recht hatte. „Ein Antragen für eine neue Baugenehmigung gibt es nicht“, sagt aktuell Ralf Schweinsberg.
Ein Blick durch die Fenster der einstigen Gaststätte zeugen von einer verlassenen Baustelle. Dort sieht es aus, als ob die Bauarbeiter ihr Handwerkszeug von jetzt auf gleich haben fallen lassen und die Baustelle fluchtartig verlassen haben. Von einer Fertigstellung wie versprochen ist das Projekt Bahnhofempfangsgebäude mehr denn je entfernt.
Dieser Tage parkte der Wagen von Schwelms Beigeordneten erneut auf dem Bahnhofsvorplatz. Doch nicht ein erneuter Start der Bauarbeiten war der Grund des Besuchs von Ralf Schweinsberg. Vielmehr hat die Stadt gerichtlich einen Gutachter beauftragen lassen, der das Gebäude schätzen sollte. Es geht um nicht bezahlte Grundbesitzabgaben, die die neuen Gesellschafter der Stadt Schwelm schuldig geblieben sind und den Antrag auf Zwangsvollstreckung. Die Rede ist zwar nur von gut 1000 Euro, doch hofft man im Rathaus, durch diese Aktion wieder Bewegung in die Bahnhofsanierung zu bekommen.
Seit Wochen wird zwar rund um den Bahnhof in Schwelm wieder emsig gearbeitet. Doch nicht das eigentliche Empfangsgebäude ist das Ziel des fleißigen Treibens, sondern der Bahnsteig 3/4 und der Zugang zu ihm. Wie berichtet, gestaltet die Deutsche Bahn AG den Zugang zu den Gleisen nun barrierefrei. Mit Abschluss der Arbeiten voraussichtlich Mitte März können sich die gut 6500 Pendler, die laut einer Erhebung täglich den Bahnhof nutzen, dann auch über einen Aufzug zu den Gleisen freuen.
Neuer Investor will Bahnhof kaufen
Am Bahnhofempfangsgebäude selbst ist leider auch weiterhin kein Baufortschritt zu verzeichnen. Doch mittlerweile gibt es einen ernsten Investor, der sogar aus Schwelm kommt. Marcus Lusebrink mit seiner Tepass Autohaus Gruppe. Der Geschäftsführer nutzte die Gelegenheit jetzt, um die Immobilie einmal selbst in Augenschein zu nehmen. Das Konzept, entwickelt für die Bebauung des Parkplatzes gegenüber Rufes am Brunnen und übertragbar für den Bahnhof, hatte der Schwelmer Investor bereits im März 2019 im Liegenschaftsausschuss vorgestellt. Es geht um die Elektromobilität in Schwelm. Dem Bahnhof kommt eine Schlüsselrolle in dem Modell zu. Es geht um den Bau öffentlicher Ladestationen sowohl für Pedelecs als auch Autos und um einen Standort für die Volkswagen Mobilitätsmarke mit Shuttle-Dienst, Moia genannt. Wie es heißt, sei nicht der Kaufpreis für die Bahnhof-Immobilie das Problem, sondern eher, die Interessen aller Gesellschafter unter einem Hut zu bekommen.
Die Geschichte der Sanierung des Bahnhofempfangsgebäudes reicht bis in das Jahr 2005 zurück. Bereits damals war klar, dass die Deutsche Bahn & Service AG den Bahnhof verkaufen wollte. 2007 lief das Vorkaufsrecht der Stadt Schwelm aus. 2010/2011 wollte ein Wetteraner Projektentwickler drei Millionen Euro in den Bahnhof investieren – eine Luftnummer, wie sich viele Monate später herausstellte.
Im Oktober 2014 übernahm dann die Aedificia mit Sitz in Frankfurt die Immobilie. Wieder einmal wurde ein Fertigstellungstermin genannt. Ende 2017 sollten die Arbeiten abgeschlossen sein. Doch statt durch ein schmuckes „neues“ Einfallstor die Stadt zu betreten, gelangen die Besucher der Stadt seitdem durch eine halb fertige, häufig verdreckte Baustelle nach Schwelm. Keine gute Visitenkarte für eine Kommune.
Noch unter Schwelms Bürgermeister Jochen Stobbe ist der zentrale Omnibusbahnhof fertig gestellt worden. Schon damals war der Bahnhof eine Baustelle. Und eine Baustelle ist er ja auch heute noch. Der Bahnhof als Einfallstor für Schwelm wird von täglich rund 6500 Pendlern und anderen Bahn Reisenden genutzt. Das erste, was die Menschen von Schwelm sehen, ist in Wirklichkeit unansehnlich: ein Bahnhofempfangsgebäude, im halb fertigen Zustand und flankiert durch einen Bretterverschlag im Inneren.
Baurechtlich hat die Stadt keine Handhabe, gegen die Eigentümer vorzugehen. Solange keine Gefahr von der Baustelle ausgeht, sind der Behörde die Hände gebunden.
Politik und Verwaltung wollen Investor zur Ratssitzung einladen
Die Fraktion der BIZ im Rat der Stadt Schwelm möchte wieder Schwung in die Sanierung des Bahnhofempfangsgebäudes bringen. In einem Antrag an den Bürgermeister fordert die Wählergruppe u.a.: die Stadt soll über den Sachstand der Bauarbeiten informieren; auf den Investor einwirken, dass dieser die Bauarbeiten wieder aufnimmt und auch die rückseitige Fassade renoviert; und letztendlich soll auch ein Kauf der Immobilie durch die Stadt geprüft werden.
Mit ihren Forderungen steht die BIZ nicht alleine dar. Zwischen allen Fraktionen im Rat wird gerade über einen Ergänzungsantrag diskutiert. Darin wollen alle Fraktionen und die Verwaltung die Gesellschafter des Bahnhofs in die kommende Ratssitzung am 25. Februar einladen, damit sie dort über den Sachstand des Projekts berichten können.
Wir hätten auch gerne den Sprecher der Eigentümer der „Bahnhof Schwelm KG“, Gerhard Otto, zum Stand des Projekts befragt. Jedoch lies dieser auf eine telefonische Anfrage unsererseits ausrichten, dass es zum Thema Bahnhof nicht Neues zu berichten gebe.