Gevelsberg. 19 Hauptschüler schließen mit 60 Gevelsberger Unternehmen einen Pakt und werden sich so einen Ausbildungsplatz sichern.
Für Hauptschüler beginnt nach deren Schulzeit oftmals eine „Odyssee“ an Nachqualifizierungs- und Überbrückungsmaßnahmen. Auch wenn viele von ihnen gute Abschlüsse erzielen, so sind ihre Chancen auf dem Ausbildungsmarkt, im Gegensatz zu den Absolventen anderer weiterführender Schulen, in vielen Fällen deutlich geringer. Hinzu kommt, so sagte der gerade erst frisch im Amt bestätigte Schulleiter Jens-Uwe Arnemann, dass es vielen, obwohl der Ausbildungsmarkt gut ist, „häufig an einem persönlichen Coaching fehlt, um für sich einen passgenauen Ausbildungsplatz zu finden“.
60 Unternehmen dabei
In Gevelsberg hat man es sich daher vor 14 Jahren zur Aufgabe gemacht, gemeinsam mit knapp 60 heimischen Wirtschaftsunternehmen und der Gemeinschaftshauptschule, allen ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Schülern eine Perspektive zu bieten. Und zwar mit dem Gevelsberger Ausbildungspakt. Mit ihm verpflichten sich die Neuntklässler bis zu ihrem Abschluss „pünktlich, ehrlich und fleißig“ zu sein, sie müssen in den wichtigen Schulfächern mindestens die Note befriedigend erreichen und zusätzlich auch Sozialstunden absolvieren.
Im Gegenzug dazu erklären sich die Kommune und die beteiligten Unternehmen bereit, den Unterzeichnern ein Ausbildungsangebot zu unterbreiten. Sollten die Vereinbarungen von Seiten eines Schülers oder einer Schülerin nicht eingehalten werden, so erlischt seine, beziehungsweise ihre Ausbildungsplatzgarantie. „Für uns ist der Ausbildungspakt von großer Bedeutung, da ein starker Partner, nämlich die Stadt Gevelsberg, vertreten durch Bürgermeister Claus Jacobi, hinter uns steht“, erklärte Arnemann. Das gäbe den Schülerinnen und Schülern nicht nur eine entsprechende Wertschätzung, es sei zugleich auch ein Ansporn. „Kurz gesagt: Leistung gegen Leistung.“ Des Weiteren, so fügte er hinzu, würden solche Verträge die Hauptschule gegenüber den potenziellen Arbeitgebern zweifelsohne auch in ein anderes Licht stellen.
Lesen Sie auch: 2,5 Millionen Euro in Gevelsberger Schulen investiert
Die alljährliche Übergabe der Verträge findet normalerweise im Ratssaal der Stadt Gevelsberg statt. In diesem Jahr wechselte man jedoch den Standort und richtete die Veranstaltung bei der AVU aus. Der heimische Energieversorger war 2020 dem Bündnis beigetreten und da bot es sich an, so berichtete Lena Dobrick vom städtischen Büro für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing, das Ganze einmal direkt vor Ort bei einem Unternehmen über die Bühne gehen zu lassen. Zurzeit, so sagte Personalleiter Frank Reiber, bildet die AVU-Gruppe 25 junge Menschen in den Berufen Elektroniker für Betriebstechnik, Anlagenmechaniker, Industriekaufleute, Kaufleute für Dialogmarketing und Fachinformatiker/in sowie in einem praxisintegriertem FACT-Studium (Finance, Accounting, Controlling, Taxes) aus.
Das suchen, was zu einem passt
Einer von ihnen ist der ehemalige Hauptschüler Florim Delija, der sich für den Beruf des Elektroniker für Betriebstechnik entschieden hat. Wer Lust auf Elektromobilität, IT-Herausforderungen und super Zukunftsperspektiven hätte, der sei hier genau richtig, rührte der junge Mann die Werbetrommel. „Ich lerne hier viel, bin Teil eines guten Teams und konnte von Anfang an sogar Verantwortung übernehmen.“ Die Schwerpunkte in seiner Berufssparte lägen in der Herstellung und Wartung von Freileitungen, Stationen und Hausanschlüssen sowie der Programmierung von Systemen und Sicherheitseinrichtungen. Er sagt: „Doch egal für welchen Beruf Ihr euch entscheidet, am Ende sollte wichtig sein, dass Ihr Freude daran habt.“ Einen Beruf auszuüben, bei dem Unlust den Alltag bestimme, das würde man nicht lange durchhalten, mahnte er in Richtung der jungen Leute.
Die Anzahl der Teilnehmer am Gevelsberger Ausbildungspakt hängt immer von der jeweiligen Klassenstärke und dem individuellen Plan der jungen Leute, wie es nach der Schule weitergehen soll, ab. „Diejenigen, die etwa zu einer weiterführenden Schule wollen, benötigen keine Ausbildungsgarantie und nehmen dementsprechend auch nicht am Ausbildungspakt teil“, erklärte Lena Dobrick und fügte hinzu, dass es in diesem Jahr insgesamt 19 junge Menschen gewesen wären, die ihre Unterschrift unter den Vertrag setzten.
Lesen Sie auch: 4,5 Millionen Euro für Gevelsberger Schulen
Jens-Uwe Arnemann appellierte noch einmal an seine Schützlinge, dass sie sich nicht nur auf die Unterschrift verlassen sollten, sie müssten dafür auch wirklich selbst etwas leisten. „Wie bei vielen Verträgen dürft Ihr auch hier das Kleingedruckte nicht überlesen.“
Ein Satz, mit dem der Schulleiter noch einmal explizit auf das geforderte gute bis sehr gute Verhalten bezüglich der Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit und Sorgfalt sowie des Sozialverhaltens aufmerksam machen wollte. Zum Abschluss der Veranstaltung gab es für jeden dann auch noch ein T-Shirt mit dem Logo des Gevelsberger Ausbildungspaktes. Und Bürgermeister Claus Jacobi riet, sich „den Beruf zu suchen, „der zu Euch passt und der Euch Spaß macht“. Denn als junger Mensch würde man darauf sein gesamtes Leben aufbauen.