Schwelm/Gevelsberg/Ennepetal. Wenn die Corona-Variante Omikron Feuerwehr, Rettungsdienst und Gesundheitsamt im Ennepe-Ruhr-Kreis trifft, wird es gefährlich.

Wenn die Prognosen zu den unmittelbar bevorstehenden Corona-Infektionszahlen durch die Omikron-Variante nur ansatzweise eintreffen, werden zu erwartenden Quarantänen die Arbeitswelt gewaltig durcheinander wirbeln. Wie gut sind Feuerwehr-Leitstelle und der Rettungsdienst bei den ohnehin vorhandenen personellen Problemen für weitere Einschnitte gerüstet? Und wie will das Kreisgesundheitsamt im Ennepe-Ruhr-Kreis die massiv ansteigenden Anforderungen bei den Kontaktverfolgungen meistern?

Diese Fragen richtete die CDU an Landrat Olaf Schade, dessen Antworten deutlich machen: Weder das Gesundheitsamt noch die Kreisleitstelle der Feuerwehr haben personell eine Chance, die Lage zu stemmen. Sie können nur abarbeiten, was sie schaffen, und das ist vom Optimum weit entfernt. Zur Erinnerung: Schon im Jahr 2019 konnte die Kreisleitstelle der Feuerwehr 6254 Notrufe, die über die Notfallnummer 112 dort ankamen, nicht annehmen – 17 Notrufe pro Tag. Die Politik machte den Weg frei für mehr Personal, doch die Realität sieht bitter aus.

Zwölf freie Stellen

Aktuell sind zwölf Stellen frei. Ein Notfallsanitäter soll zum 1. Februar seinen Dienst antreten, zwei weitere eingestellt werden, ebenso ein Leitstellendisponent. Sind diese Posten einmal besetzt – aktuell ist die Bewerberzahl eher mau, weitere Vorstellungsgespräche jedoch bereits terminiert – blieben also noch acht offene Stellen. Dazu kommen drei Langzeiterkrankungen und zwei nicht geimpfte Feuerwehr-Beamte.

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Bereits ohne dass das Coronavirus in der Kreisleitstelle um sich greift, teilt Landrat Olaf Schade mit: „Daher können aktuell Personalausfälle nicht ausreichend kompensiert werden und gehen zu Lasten der noch einsetzbaren Mitarbeitenden.“ Heißt: Ruhezeiten werden unterschritten, die Bereitschaftszeit ebenso, außerplanmäßige Dienste müssen angeordnet werden. Regelmäßige Testungen, Impfangebote, ein Hygienekonzept, Separierung der Ungeimpften, Schulungen, Arbeitsquarantänen – die Liste der Maßnahmen, die im Kreishaus eingeführt werden, um das vorhandene Personal bestmöglich einzusetzen sowie Infektionsrisiken mit dem Coronavirus zu minimieren, sind zahlreich und werden längst angewendet.

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Und auch, was die Feuerwehren anbelangt, die vor Ort ausrücken, liegt ein Plan vor, sollten diese durch massive Corona-Ausfälle, weil zahlreiche Feuerwehr-Leute in Quarantäne müssen, personell eingeschränkt sein. Olaf Schade führt aus: „Für den Bereich der Feuerwehren des Ennepe-Ruhr-Kreise sind die nachbarschaftliche Hilfe und Unterstützung festgelegt. Nach einem vordefinierten Ablauf sind die Feuerwehren geplant, die in den Nachbarstädten aushelfen. Für die Kreiseinsatzleitung wurde ein Stab vorgeplant, der jederzeit einberufen werden kann. Im Rahmen des bestehenden Gesamteinsatzbefehls für die Feuerwehren kann die Kreiseinsatzleitung dann ad hoc Einsatzkräfte verschieben, um auf diese Weise den Brandschutz in den Städten bei Quarantäneausfällen sicherzustellen.“

Keine Ideen für Attraktivität

Wer jedoch Ideen oder ein Konzept sucht, auf einem Arbeitsmarkt, auf dem Feuerwehrleute, Notfallsanitäter und so weiter hart umkämpft sind, eben diese für den Ennepe-Ruhr-Kreis zu begeistern, der wird enttäuscht. Andere Kreise und Städte sind da bereits weiter, haben beispielsweise die Besoldung angehoben, um attraktiv für Bewerber zu werden.

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Klar ist, die Bundeswehr kann hier nicht helfen, wie sie es bereits bei der Kontakt-Ermittlung bei den Infektionen tut. Wobei dieses Wort auch gut dazu geeignet ist, in die Irre zu führen, denn Kontakte der Infizierten kann das Gesundheitsamt schon lange nicht mehr ermitteln. Es geht nur noch darum, überhaupt alle Infizierten einmal telefonisch zu erreichen und sie beispielsweise in Quarantäne zu schicken. Bei den Omikron-Fällen gilt dies allerdings auch für Kontaktpersonen, weshalb diese Fälle Vorrang genießen. Selbst das ist tagesaktuell bei den massiv gestiegenen Zahlen trotz der Bundeswehrhilfe unmöglich.

Personalverschiebungen

Mit Stand 7. Januar ist das Gesundheitsamt drei Tage in Verzug gewesen, hat nur wenige Fälle auch tagesaktuell bearbeiten können. „Deshalb hat die Krisenstabsleitung beschlossen, weitere Beschäftigte aus der Gesamtverwaltung in das Pandemie-Team zu berufen, die zunächst nur positive Befunde abtelefonieren“, teilt Landrat Olaf Schade mit. Bei allen Bemühungen werde eine tagesaktuelle Abarbeitung der Fälle bei den rasant steigenden Inzidenzen aber nicht möglich sein. Vor allem ein Satz des Landrats macht deutlich, wie hoch die Arbeitsbelastung ist: „Einzelne Gesundheitsämter haben es schon aufgegeben, allen positiven Befunden nachzugehen.“

Von dieser Situation ist der Ennepe-Ruhr-Kreis noch etwas entfernt, doch die Antworten aus dem Kreishaus lassen erahnen, dass solche Szenarien nicht mehr in einer unbestimmten Zukunft liegen. Denn klar ist auch: Jeder Mitarbeiter, der dem Pandemie-Team aus der Gesamtverwaltung hilft, kann seine Arbeit an anderer Stelle während dieser Zeit nicht erledigen.