Gevelsberg/Breckerfeld. Ruslan K. (20) war Praktikant in der Werkstatt des Gevelsbergers Bernd B. und soll diesen getötet haben. Die Polizei hofft auf Hinweise.
Mit Hochdruck jagen Polizei und Staatsanwaltschaft Ruslan K.. Der 20-jährige Deutsch-Kasache steht unter dem dringenden Tatverdacht, in der Nacht vom 6. auf den 7. Juli den Gevelsberger Bernd B. (57) an seiner Breckerfelder Werkstatt mit zahlreichen Messerstichen brutal getötet zu haben. Der ermittelnde Staatsanwalt Michael Borggräf und der Leiter der Mordkommission, Ralf Eickler, informierten nun im Rahmen einer Pressekonferenz über den Ermittlungsstand zu dem grausamen Tötungsdelikt und bitten die Öffentlichkeit um Hilfe bei der Suche nach dem mutmaßlichen Mörder, der bewaffnet und gewaltbereit auf der Flucht vor den Ermittlern ist.
Nach aktuellem Ermittlungsstand nahm die Geschichte folgenden Verlauf: Ruslan K. hat am Montag, 5. Juli, bei Bernd B. angefragt, ob er nicht zur Probe bei ihm in der Werkstatt arbeiten könne. Der 57-jährige Gevelsberger gab dem jungen Mann gleich am nächsten Tag die Chance, sich in seinem Breckerfelder Betrieb zu beweisen. Doch offenbar erbrachte K. nicht die Arbeitsleistung, die sich B. wünschte. Denn nach nur wenigen Stunden teilte er ihm mit, dass das Praktikum beendet sei, der 20-Jährige nicht noch einmal wiederkommen müsse. Ein verbaler Streit entbrannte, weil Ruslan K., der in Iserlohn gemeldet ist, sich ungerecht behandelt gefühlt haben soll. Er habe das Firmengelände dann aber verlassen.
Zwei Stiche waren tödlich
Mit größter Wahrscheinlichkeit hat er sich bei einem Bekannten oder Verwandten – so eindeutig ist das noch nicht geklärt – aufgehalten, der Kunde der Breckerfelder Werkstatt ist und in der Nähe wohnt. Zumindest haben am Samstag, 10. Juli, die Ermittler Mantrailing-Hunde eingesetzt. „Alle drei Hunde endeten trotz separater Spurenlage an derselben Örtlichkeit. Bei dieser Wohnadresse handelte es sich um die des Werkstattkunden“, teilt Michael Burggräf mit.
Wo sich Ruslan K. exakt aufgehalten hat, darüber macht der Staatsanwalt auf Nachfrage der Redaktion keine exakten Angaben. Fest steht, dass er am späten Abend zu der Werkstatt zurückkehrte, in der Bernd B. immer noch arbeitete. Auch zum genauen Verletzungsmuster halten sich die Ermittler noch bedeckt, verraten nur so viel: Ruslan K. fügte Bernd B. auf dem Werkstatt-Hof 23 Stich- und Schnittverletzungen zu, von denen zwei potenziell tödlich waren, bevor er flüchtete. Der Gevelsberger schleppte sich noch in seinen Betrieb, rief den Notruf der Feuerwehr an, bevor er zusammenbrach. Die Einsatzkräfte fanden ihn um 23.30 Uhr blutüberströmt in der Werkstatt an der Egenstraße, brachen eine Glastür auf, doch der Notarzt konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen. Die Tatwaffe, ein handelsübliches Küchenmesser, stellte die Spurensicherung am Tatort sicher.
Schnell führten bereits die ersten Befragungen auf die Fährte von Ruslan K.. Als die Mantrailing-Hunde die Polizisten am Samstag, 10. Juli, schließlich zur oben genannten Wohnung führten, veranlasste Staatsanwalt Michael Burggräf umgehend die Durchsuchung von fünf Wohnungen in Breckerfeld, Iserlohn und Hemer. „Dabei haben wir die Identität des mutmaßlichen Täters festgestellt“, sagt der Staatsanwalt. Und: Wenig später stand fest, dass Ruslan K. sich wegen einer Schnittverletzung an seiner rechten Hand in einem Iserlohner Krankenhaus hat behandeln lassen. Der Verdächtige war mittlerweile untergetaucht – jedoch nicht ohne Spuren zu hinterlassen. So brach er in die Wohnung eines Bekannten ein, zog sich dort um, klaute eine Schreckschusspistole und nahm seine alte, verdreckte Kleidung in einer Aldi-Tüte mit.
Gefährlich und bewaffnet
Kurz darauf – exakt am vergangenen Wochenende – soll er sich in Dortmund aufgehalten haben, hatte offenbar versucht, bei einem Bekannten unterzukommen. Der hat ihm allerdings gar nicht erst die Türe geöffnet und im Nachgang die Polizei informiert. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen davon aus, dass Ruslan K. sich mit hoher Wahrscheinlichkeit noch in der näheren Umgebung aufhält. „Außerdem haben wir ihn zur Festnahme ausgeschrieben, die europäische Fahndung ist ebenfalls auf den Weg gebracht. So hat er nur noch sehr eingeschränkte Möglichkeiten, sich ins Ausland abzusetzen“, sagt Michael Burggräf.
Der Staatsanwalt wie auch die Polizei setzen zudem große Hoffnung in die Öffentlichkeitsfahndung und fragen: Wer hat Ruslan K. gesehen oder kann Angaben zu seinem Aufenthaltsort machen? Wichtig: „Wer ihn sieht, sollte ihn auf keinen Fall direkt ansprechen. Er ist möglicherweise auch über die Schreckschusspistole hinaus bewaffnet und wie die Tat in Breckerfeld zeigt, gewaltbereit“, sagt Michael Burggräf im Gespräch mit der Redaktion. Er ermittelt aktuell wegen Totschlags, sagt aber ganz klar: „Ob eine Anklage möglicherweise auf Mord lautet, weil wir ein Mordmerkmal ausmachen können, das müssen natürlich zunächst die weiteren Ermittlungen zeigen.“ Vor allem richten Polizei und Staatsanwaltschaft ein Augenmerk auf die Bereiche Iserlohn, Letmathe, Breckerfeld und Umgebung.
In Gevelsberg herrscht derweil riesige Bestürzung über den Tod des Bernd B., der als ruhiger, netter Mensch beschrieben wird. Bürgermeister Claus Jacobi meldet sich sogar aus dem Urlaub: „Ich bin erschüttert über diese grausame Tat und meine Gedanken sind bei der Familie.“ Dies gilt auch für die anderen Gevelsberger. Bernd B. hinterlässt eine Frau und zwei Kinder.