Ennepetal. Versuchter Betrug, Veruntreuung, Unterschlagung – ein Ex-Anwalt aus Ennepetal soll ins Gefängnis. Ein Gevelsberger Fall fließt ins Urteil ein.

Es ist dieser seltene Augenblick, den man nie vergisst: Wenn das Gericht das Urteil verkündet, das Strafmaß ganz anders als erwartet ausfällt und dem soeben Verurteilten vor Schreck die Gesichtszüge entgleiten.

Dem ehemaligen Rechtsanwalt aus Ennepetal (51), der unter anderem Mandantengelder veruntreut hat, ist genau das passiert. Denn das Schöffengericht Hagen will ihn für anderthalb Jahre ins Gefängnis stecken. Dabei hatte der „gelernte Jurist“, wie er sich inzwischen nennt, noch ganz fest auf eine Chance zur Bewährung gehofft.

Versuchter Betrug in zwei Fällen sowie Veruntreuung in zwei Fällen lauteten die gerichtlich festgestellten Straftatbestände. „Dass es allein schon äußerst beachtenswert ist, weil diese Taten durch einen Rechtsanwalt, also einem Organ der Rechtspflege, begangen wurden, brauche ich nicht weiter auszuführen“, kommentierte Richter Michael Brass.

Gevelsberger Geld unterschlagen

In das Urteil mit eingeflossen ist die Unterschlagung zum Nachteil des Rentners Walter Ballermann. Der 79-Jährige aus Gevelsberg-Silschede hatte 2019 einen beinah tödlichen Verkehrsunfall erlitten. Er war auf einer Kreuzung mit einem Lkw zusammengestoßen und in seinem Auto eingequetscht worden.

Die Feuerwehr musste Ballermann aus dem Wrack schneiden, ein Rettungshubschrauber flog den Schwerverletzten in eine Spezialklinik. Mit zwei Hirnblutungen lag der Rentner im Koma und kämpfte noch wochenlang um sein Leben (wir berichteten).

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Der Kampf, den er seitdem zu führen hat, ist der gegen seinen damaligen Rechtsanwalt. Der hatte bereits im Mai 2019 eine Zahlung der Versicherung zur Weiterleitung an den Mandanten überwiesen bekommen, diese 2600 Euro aber bis heute nicht an Walter Ballermann ausgezahlt. „Mittlerweile sind schon 4500 Euro aufgelaufen“, so der resolute Rentner im Zeugenstand.

Rentner aus Gevelsberg wartet auf sein Geld

Richter Brass ging im Urteil auch noch einmal speziell auf den Fall des Gevelsberger Rentners Walter Ballermann ein: „Das Dulden von Fremdgeldeingängen auf ein heilloses Minus-Konto erfüllt den Straftatbestand der Untreue.“ Dem geschädigten Rentner aus Gevelsberg konnte der Richter aber keine große Hoffnung machen: „Es ist äußerst fragwürdig, ob und wann Herr Ballermann jemals sein Geld bekommen wird“, sagte er.

Was der Senior aber nicht wissen konnte: Zu dem Zeitpunkt, als die Versicherung das Geld überwies, befand sich das Konto des Anwalts mit mehr als 56.000 Euro im Minus – und die Rückgabe seiner Zulassung stand kurz bevor.

Angeklagter täuscht Unfall vor

Inzwischen ist der Ex-Anwalt insolvent. „Ich habe in meinem Leben viele Fehler gemacht“, so der angeklagte Jurist in seinem letzten Wort ans Gericht, „aber den größten Vorwurf, den ich mir machen muss, ist der, dass ich meinem Mandaten Herrn Ballermann sein Geld nicht gegeben habe.“

Die beiden weiteren Verurteilungen wegen versuchten Betruges erfolgten wegen eines vorgetäuschten Auffahrunfalls, mit einem gefälschten Unfallbericht, erfundenen Unfallbeteiligten und inszenierten Sachverständigen-Gutachten. Der geleaste Audi R8 des seinerzeitigen Rechtsanwalts sei 2016 zunächst in einen Crash in Paris, einen Monat später dann in einen angeblichen Unfall in Belgien verwickelt gewesen. In beiden Fällen hatte der Jurist jeweils knapp 40.000 Euro Schaden gegenüber zwei verschiedenen Versicherungen geltend gemacht – doch der Schwindel flog auf.

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Der Ex-Advokat mit Wohnsitz in Ennepetal, der seine Kanzlei bis Mitte 2019 im Hagener Stadtteil Vorhalle betrieb, musste in der Urteilsbegründung harte Worte des Vorsitzenden über sich ergehen lassen: „Sie sind mitnichten gutgläubig gewesen, sondern Sie haben mit einer Gruppe krimineller Herrschaften gemeinsame Sache gemacht“, fasste es Richter Michael Brass deutlich zusammen, „jetzt werden Sie von der Vergangenheit eingeholt.“ Nun hat der verurteilte Jurist noch die Möglichkeit, gegen dieses Urteil Berufung einzulegen. Aber: Wird ihm das letztlich helfen? Es gibt noch weitere Veruntreuungsvorwürfe gegen ihn und es gilt als wahrscheinlich, dass auch noch weitere Anklagen folgen werden.